Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Donnerstag, 31. Mai 2012

Flesh For Fantasy

Flesh Gordon
USA 1974
R.: Michael Benveniste/Howard Ziehm


Worum geht's?: Planet Porno greift an! Wang der Perverse beschiesst die Erde mit seinen bösartigen Sexstrahlen, die sogar einen katholischen Kirchentag zur zünftigen Orgie aufwerten würden.
Flesh Gordon (Jason Williams) trifft in einem Flugzeug auf die fesche Dale Ardor (Suzanne Fields) und macht sich zusammen mit ihr und dem erfinderischen Forscher Dr. Flexi Jerkoff (Joseph Hudgins) auf, Wang das Handwerk zu legen.
Auf Porno treffen sie auf Wangs Horden von Soldaten (vom Herrscher wenig liebevoll "Dildos" genannt), auf die seltene, aber gefährliche, Rasse der Penisaurier und auf den schwulen, gutherzigen Prince Precious (Lance Larsen).
Zusammen gelingt es unseren Helden sogar den mächtigen Gott von Porno aus luftigen Höhen zu stürzen um schließlich Wangs Palast dem Erdboden gleichzumachen.


Wie fand ich's?: Sogenannte Serials haben in den USA eine lange Tradition. In den 30er Jahren war Buster Crabbe der Held solcher Serien wie Flash Gordon (USA 1936), seinen Fortsetzungen Flash Gordon's Trip To Mars (USA 1938) sowie Flash Gordon Conquers The Universe (USA 1940) und dem ebenfalls im Sci-Fi-Genre beheimateten Buck Rogers (USA 1939).
Wie sein Kollege Buck Rogers entsprang auch Flash Gordon einem Comic und wurde in den Staaten schnell auch durch die extrem erfolgreichen Serien-Kinofilme zur allseits beliebten und bekannten Kultfigur, .
Bei einer solchen Popularität lassen Parodien meist nicht lange auf sich warten und obwohl es fast 30 Jahre lang still um Flash Gordon gewesen war, entschieden sich die beiden Pornoregisseure Howard Ziehm und Michael Benveniste Gordon mit leicht angepasstem Vornamen wieder in den Weltraum zu schicken.
Ziehm hatte bereits eine ganze Latte (man entschuldige das Wortspiel) an billigen Hardcore-Sexfilmen seit den späten 60ern heruntergekurbelt und versuchte nun durch die Verwendung des bekannten Hintergrundstoffes weitere Zuschauer in die US-Bahnhofkinos zu locken.
Geld kosten durfte eine solche Produktion freilich nicht und so begann das Team um Ziehm und seinem Co-Regisseur Benveniste (mit dem er bereits zuvor mehrere Filme realisiert hatte) damit, Modelle aus Alltagsgegenständen wie Trinkgläsern zu fertigen. Unter den Special-FX-Leuten befanden sich auch Rick Baker und Doug Beswick, die beide hier erste Erfahrungen sammeln sollten um später in so legendären Blockbustern wie Star Wars - The Empire Strikes Back (USA 1980), Terminator (USA 1984) oder Aliens (USA 1986) ihre Künste einem Millionenpublikum zeigen zu können.
Hier liegt auch sicherlich ein wesentlicher Qualitätspunkt des Films: sein zwar billiges, aber liebevoll gestaltetetes Produktionsdesign.
Da sich der ganze Streifen im Look eng an die 30er Jahre Vorlagen hält, bekommt der Film eine ebenso nostalgische, wie eine dem originalen Comic durchaus angemessene, bunte Atmosphäre, welche für einen Porno ja nicht alltäglich ist.
Flesh Gordon wurde als Hardcore-Produktion begonnen, da sich aber eine der Darstellerinnen als minderjährig erwies und die Polizei das Filmmaterial beschlagnahmte, beschlossen Ziehm und Beneviste den Film als zahmere Schnittfassung für ein Massenpublikum zu veröffentlichen
Was bleibt, ist ein lustiges Kuriosum mit 70ies Flair, welches keine Gelegenheit zum Blankziehen auslässt.
Sicher nicht der Film, den man Heiligabend mit Oma und dem Rest der buckligen Verwandtschaft schaut - aber für manche Zuschauer durchaus ein kultiges Vergnügen.


Fazit:  Ebenso ungewöhnlicher, wie unterhaltsamer US-Trash.

Punktewertung: 6,25 von 10 Punkten

Donnerstag, 24. Mai 2012

Stiller Wahn auf dem Lande

Das verfluchte Haus (Un tranquillo posto di campagna)
I 1968
R.: Elio Petri

Worum geht's?: Leonardo Ferri (Franco Nero) schafft Kunst, die ebenso wirr und abstrakt ist, wie seine (Tag-)Träume und Gedankenwelten.
Geplagt von sexueller Neurose und Minderwertigkeitskomplexen streift er oft umher und stößt so eines Tages auf eine alte, leerstehende Villa auf dem Land.
Leonardo bekniet seine Managerin und Geliebte Flavia (Vanessa Redgrave) mit ihm das Haus zu beziehen, um dort endlich zur inneren Ruhe gelangen und arbeiten zu können.
Nach dem Einzug in das etwas faulige Gemäuer geschehen jedoch (wie der deutsche Titel bereits erahnen lässt) unheimliche Dinge im neuen Domizil und Leonardo erfährt von einer tragischen Liebesgeschichte, welche mit dem Tod einer jungen Adelige zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs ein jähes Ende fand.
Immer weiter steigern sich die Ereignisse für den ohnehin äußerst labile Maler zum Extrem, und bald sind für ihn die Grenzen zwischen Wahn und Realität lange überwunden.

Wie fand ich's?: Wenn zu Beginn eines Films ein nackter Franco Nero gefesselt auf einem Stuhl sitzt und eine unbeeindruckte Vanessa Redgrave ihm ihre neusten Einkäufe an Elektrokleinartikeln anpreist, ist man als Zuschauer entweder schon für alles Kommende gewonnen oder bereits gänzlich verloren.
Tatsächlich macht es Elio Petri seinem Publikum mal wieder nicht einfach, lässt man doch einen geschlossenen Spannungsbogen ebenso außen vor, wie eine sofort durchschaubare Handlung.
Auch der Score von Maestro Ennio Morricone ist alles andere als einfach zu ertragen, besteht er doch fast vollkommen aus dissonanten Tonfolgen, was zwar die Story unterstreicht, aber den Zuschauer durchaus (gewollt) quält.
Nero wirkt in der Rolle teilweise etwas überfordert, ergänzt sich aber mit der Redgrave zu einem soliden Ganzen - die beiden heutigen Ehepartner waren bereits zur Zeit der Dreharbeiten ein Paar gewesen, was man aber nicht unbedingt der darstellerischen Leistung entnehmen kann.
Kameramann Luigi Kuveiller hingegen, der auch mit Italogrößen wie Argento, Fulci, Corbucci und Sollima arbeitete, liefert deutlich erkennbar erstklassiges Handwerk ab, seine Bilder sind mal wild, mal romantisch, mal grell und mal ruhig.
Wer jedoch glaubt, dass dieser Film lediglich auf einer visuellen Ebene funktioniert, der sieht sich spätestens bei der wunderbar zynischen Endsequenz getäuscht, welche das zuvor Gesehene in ein neues Licht und den Zuschauer aus der Spur wirft. Da macht es wenig, dass der deutsche Titel dumm gewählt wurde und eine wörtliche Übersetzung des italienischen Titels, wie z. B. "Ein ruhiger Platz auf dem Lande", deutlich besser gewesen wäre.

Fazit: Großes, psychodelisches 60er Jahre Italokino - weitab von jeglicher kommerzieller Anbiederung.


Punktewerung: geistig gesunde 8,25 von 10 Punkte

Mittwoch, 23. Mai 2012

Von Türmen, Damen und Killern

Der Turm der lebenden Leichen (Tower Of Evil)
GB/USA 1972
R.: Jim O' Connolly


Worum geht's?: Penelope (Candace Glendenning) ist die einzige Überlebende einer blutigen Mordnacht auf Snape Island, in welcher ihre drei Freunde und ein Fischer auf bestialische Weise dahingemetzelt wurden. Als der Polizei bevorzugte Verdächtige ist sie in psychiatrischer Behandlung, während an anderer Stelle sich ein Team von Archäologen zu eben genau dieser Insel mit dem einsamen Leuchtturm aufmacht, wo sich das Verbrechen ereignete.
Der Grund: ein venezianischer Speer, mit dem eines der Opfer (Robert Askwith) praktisch an die Wand genagelt wurde, und der Anlass zur Vermutung einer vor 3000 Jahren angelegten, unterirdischen Kultstätte dieser Götzenanbeter auf Snape Island liefert.
Zusammen mit einem von Penelopes Familie engagierten Ermittler (Bryant Haliday) trifft das Team auf der unheimlichen Insel ein und lässt sich im spinnwebverhangenen Leuchtturm nieder - doch die Morde beginnen schon bald von Neuem!


Wie fand ich's?: Dieser britische Beitrag hat es in das von mir wenig geliebte Buch "Die schlechtesten Filme aller Zeiten" von Giesen und Hahn geschafft. Meiner Erfahrung nach, spricht gerade das nicht selten für Qualität oder zumindest für einige unterhaltsame Minuten (und dies nicht nur für den eingefleischten Trashfan).
Auch hier waren schnell alle Zweifel beseitigt, beginnt der Film doch direkt ungemein atmosphärisch und blutig, mit einem Massaker in einem schön gestalteten Leuchtturm, der von creepy Nebelschwaden umwabert wird.

Das sieht in den besten Momenten aus, wie in einer Hammer-Produktion aus den 70ern; inklusive hohem Gore- und Sleazegehalt. Die Schauspieler sind nicht erste Garde, tun aber durchaus ihr Bestes; auch wenn die Damen mithin nur gut aussehen müssen und ab und an einen spitzen Schrei vorm Ableben von sich geben sollen.
Der deutsche Titel zielte auf eine Auswertung im Fahrwasser der Zombiestreifen-Welle zu Beginn der 80er ab; so wurde auch an der Synchronisation rumgefuscht, um aus den wahnsinnigen Killern mal eben Untote zu zaubern.
Dabei schmeißt das Drehbuch doch auch schon in der Originalfassung alles zusammen, was Spaß verspricht: die abenteuerliche Suche nach Jahrtausende alten Artefakten, eine Psychotherapie mit groovy Lichtorgeleinsatz und zwei "Monster", die den Kenner etwas an den ebenfalls tollen Death Line (GB 1973, dt.: Tunnel der lebenden Leichen) erinnern, der hierzulande die gleiche Titelproblematik hinnehmen musste.
Also vergesse man den obenerwähnten Bucheintrag geflissentlich und begebe sich auf die Reise nach Snape Island - man wird es nicht bereuen.


Fazit: Als hätte Pete Walker einen Abenteuerfilm drehen wollen! Doller, altmodischer Adventure-Slasher - oft unfreiwillig komisch; ebenso oft freiwillig unterhaltsam.

Punktewertung: 8 von 10 Punkten

Sonntag, 20. Mai 2012

Ich weiß nicht was soll es bedeuten

The Loreley's Grasp - Die Bestie im Mädchen-Pensionat (Las Garras De Lorelei)
SP 1976
R.: Amando de Ossorio


Worum geht's?:  In und um einem Mädchenpensionat am schönen Rhein geht eine mörderische Bestie um. Man ruft den stadtbekannten Jäger Sirgurd (Tony Kendall) zu Hilfe, das Untier zur Strecke zu bringen.
Sirgurd trifft auf die uralte Legende von der Loreley, welche die Herzen ihrer Opfer frißt, um am Leben zu bleiben. Gemeinsam mit ihrem Helfer Alberich (Luis Barboo) wacht sie in einer unterirdischen Höhle über den Schatz der Nibelungen.
Doch der schöne Jägersmann verliebt sich in die tagsüber attraktive Dame, welche bei Mondlicht eine furchtbare Verwandlung durchlebt.
Mit einem radioaktiven Dolch bewaffnet und mit einer Bombe im Gepäck macht man sich dennoch auf, dem Reich der Loreley einen Besuch abzustatten und dem Schrecken ein Ende zu setzen.


Wie fand ich's?:  Amando de Ossorio hat mit La Noche del terror ciego (SP 1971, dt.: Die Nacht der reitenden Leichen) einen großen Klassiker des europäischen Horrorfilms und ein eigenständiges Franchise geschaffen, das drei Fortsetzungen nachsichzog.
Mit Las Garras De Loreley wollte der Meister wohl gern an die alte Zeiten anknüpfen, was jedoch herauskam ist eine Trashgranate, die ihresgleichen sucht.
Tony Kendall, dem deutschen Publikum auch als Kommissar X bekannt, trägt in diesem Film enge Hosen mit Schlag und eben solchen Schlag hat er auch bei den Frauen. Gerade er, der gebräunte Lebemann und Herzensbrecher muss ein Monster jagen, welches aussieht wie eine Kreuzung aus menschengroßer Kröte, mit dem Gebiss eines weißen Hais und der schuppigen Haut einer Eidechse. 
Doch nicht nur das Monster ist lachhaft, auch schmeißt das Drehbuch so ziemlich alle deutschen Volkssagen, die es gibt in einen Topf. Da wird von Wallhalla gesprochen, die Nibelungen lassen grüßen und die Loreley ist praktisch das reptilienhafte Äquivalent zum guten alten Werwolf. 
Hinzu kommen Logiklöcher und einfach, nun, ich nenne es mal weitere, extreme Schübe von Kreativität und ein Rhein, der einem im wahrsten Sinne des Wortes unglaublich spanisch vorkommt.  Bis auf die deutschstämmige Loreley-Darstellerin Helga Liné und dem Italiener Kendall sind tatsächlich alle Darsteller Spanier.
Unterlegt ist das Ganze mit Heines Lied von der Loreley, was, gelinde gesagt, nach zehn Minuten bereits extrem nervt, aber zu den überall im Dorf vorhandenen Schildern mit Aufschriften wie "Wirtschaft" und "Lebensmittelgeschäft" passt.
Was spricht also für den Film? Nun ja, er ist relativ straff inszeniert, in einigen Szenen extrem blutig und nicht zu Letzt unglaublich kurzweilig. Das setzt natürlich einiges an Schmerzfreiheit voraus, doch ich glaube, dass sich das richtige Publikum bereits angesprochen gefühlt haben wird. Allein das selten dämlich glotzende Monster, die feschen, knapp bekleidete Damen und der mit einem Schaf das Zimmer teilende Mad-Scientist sind einen Blick wert - die weiblichen Zuschauer haben natürlich noch Tony Kendalls enge Beinkleider auf der Soll-Seite...


Fazit: Ein Highlight des Eurotrash! Aber sagt nicht, man habe Euch nicht gewarnt!


Punktewertung: 6,5 von 10 Punkten 

Samstag, 19. Mai 2012

Die Obsessionen des Jean Sorel

A Rather Complicated Girl (Una ragazza piuttosto complicata)
I 1969
R.: Damiano Damiani


Worum geht's?:  Alberto (Jean Sorel) ist von seinem Leben gelangweilt. Als er zufällig an einem Telefonapparat ein Gespräch zwischen zwei bisexuellen Frauen mithört, entspringt eine Obsession, die ihm die so sehr ersehnte Ablenkung vom zähen Dasein bescheren soll.
Als er auf die junge Claudia (Catherine Spaak) trifft, verfällt er praktisch sofort der frechen, kessen Dame, welche neben Alberto noch einen weiteren, hörigen Liebhaber namens Pietro (Gigi Proiretti) am Strick und eine Pistole in der Handtasche hat.
Immer weiter lässt sich Alberto auf Claudias Launen ein; an einem Sommermittag quälen sie zum Beispiel ein junges Mädchen nur so zum Spass, bis junge Männer eintreffen und dem Spuk ein Ende bereiten.
Claudia erzählt Alberto von einer weiteren Bindung in ihrem Leben: Greta (Florinda Bolkan), die andere Stimme des früher belauschten Gesprächs, die mit Erpressungen und Abhängigkeiten Claudia davon Abhalten will mit Alberto allein glücklich zu werden.
In Gretas Villa spinnen die beiden - scheinbar erneut nur zum Zeitvertreib - einen Plan zur Beseitigung aller Hindernisse und Alberto gerät dabei in eine teuflische Gedankenspirale...

Wie fand ich's?: Damiano Damiani hat in allen großen Genres des italienischen Kinos gearbeitet; mit diesem fast gänzlich in Vergessenheit geratenen, kleinen Film, der der Einfachheit halber dem Subgenre des Giallo zugeschrieben wird, gelang ihm ein weiterer sehr solider und ebenso niveauvoller Beitrag zur heimischen Filmwirtschaft.
Damiani gibt der Geschichte viel Zeit sich zu Entwickeln (vielleicht jedoch etwa 10 Minuten zu viel...) und schafft so ein Gefühl für seine Figuren, wie es in der heutigen fast obsolet erscheint. Alberto ist ein angeöderter Beau, der durch einen Sterbenden in seiner Verwandtschaft nur weiter heruntergezogen wird. Er ist jedoch ein leidenschaftlicher Voyeur, so leidenschaftlich, dass er sonst praktisch impotent ist.
Ähnlich wie in Antonionis Meisterwerk Blow-Up (I 1966) führt Langeweile zu gedanklichen Irrungen und Verwirrungen. Wie in Lucio Fulcis im gleichen Jahr entstandenen Una Sull'altra (I 1969 dt.: Nackt Über Leichen) ist Jean Sorel das Opfer und nicht der Täter; ein von seinen Trieben am Ende zerstörtes, armes Würstchen, dass sich vielleicht nur durch einen bloßen Zufall aus seinen Verstrickungen befreien kann.
Una ragazza piuttosto complicata ist somit vielleicht zunächst eher Drama als Thriller und besitzt neben dem Thema Perversion und der Verschwörung zum Mord kaum weitere Giallo-Topoi.
Trotzdem, oder gerade deswegen, ist dieser Film einer Neuentdeckung unbedingt wert!

Fazit: Zu Unrecht vergessene Perle des italienischen Psychothrillers, allerdings mit einigen kleineren Längen.

Punktwertung: 7,25 von 10 Punkten

Mittwoch, 16. Mai 2012

Italienisches Urgestein

The Girl Who Knew Too Much (La Ragazza Che Sapeva Troppo)
I 1963
R.: Mario Bava


Worum geht's?: Die junge Amerikanerin Nora (Letícia Román) trifft mit dem Flugzeug in Rom ein und wird bereits vor der Einreise Opfer eines Verbrechens: ihr werden Joints untergeschoben. Als sie bei ihrer Tante eintrifft, wo sie die nächste Zeit verbringen soll, stirbt diese wenig später an einem Herzproblem. Nora macht sich auf den Weg zum netten Dr. Bassi (John Saxon), welcher Tantchens Herz behandelte und wird prompt auf dem Weg Zeugin eines Frauenmordes.
In den nächsten Tagen befreundet Nora sich mit einer Nachbarin ihrer Tante namens Laura (Valentina Cortese), und erfährt von einer Reihe von Morden in der unmittelbaren Nähe - Morde, die nach der Reihenfolge der Buchstaben des Alphabets verübt werden.
Mit der Hilfe Dr. Bassis ermittelt Nora auf eigene Faust; schon allein weil sie von einer Stimme am Telefon bedroht wird, welche Nora davon in Kenntnis setzt, das ihr Nachname Davis lautet und das vierte Opfer schließlich ebenfalls mit dem Buchstaben "D" beginnen muss.
Immer tiefer gerät Nora in den Strudel aus Mord und Wahnsinn und stößt letztendlich auf den Mörder.


Wie fand ich's?: Den Anhängern des italienischen Genrekinos mag der Titel, des hier besprochenen Films, sofort bekannt sein; handelt es sich doch um den ersten Giallo
Dieser Mix aus (Psycho-)Thriller, deutschem Krimi und Horrorfilm kommt oft noch mit einer gehörigen Prise Sex daher und gehörte in den Jahren 1963 bis etwa Anfang der 90er Jahre zu einem der in Italien in rauher Menge produzierten Filmgenres.
Mario Bava machte in diesem Bereich gleich mit zwei seiner frühen Werke auf sich aufmerksam, zum einen mit eben La Ragazza Che Sapeva Troppo und zum anderen mit dem berühmteren Sei Donne Per L'assassino (1964, dt.: Blutige Seide), welcher für den Giallo noch wesentlich stilbildender als Ersterer wirkte. Zudem sollte La Ragazza Che Sapeva Troppo Bavas letzter Schwarz-Weiss-Film sein, spätere Werke des Meisters führten dann ein weiteres, oft kopiertes, Trademark mit sich: Farbeffekte, welche die Szenerie oftmals in grelle Primärfarben tauchen.
Hier hingegen regieren wunderbare Schattenspielereien (welche den Film in die Nähe von Bavas Gothic-Horror-Meisterwerks La maschera del demonio [1960, dt.: Die Stunde wenn Dracula kommt] rücken); wobei Bava es sich weder nehmen ließ die Kulissen persönlich auszuleuchten, noch sich auch im Vorspann bereits in dieser Funktion namentlich zu erwähnen.
Was die oben nur sehr oberflächlich umrissenen Story betrifft, kann man hier nur einmal mehr auf das meist im Giallo anzutreffende Prinzip "Style-Over-Substance" hinweisen. Die Geschichte um Nora wirkt schon beim ersten Sehen extrem konstruiert, doch gelingt es dem Drehbuch, einige Finten und Fallen einzubauen; so dass die Auflösung des Ganzen nicht wirklich direkt auf der Hand liegt.
Bava selbst sollte sich später unzufrieden über seinen Ur-Giallo äussern und kein gutes Haar an den eigentlich sehr gut agierenden Hauptdarstellern lassen.
Sieht man sich den Film heute an, trifft man auf einen sehr unterhaltsamen, spannenden Film, der (nicht nur im Titel) Hitchcock nacheifert - aber von späteren Werken des Genres durchaus übertroffen wird; allen voran vielleicht Dario Argentos L'uccello dalle piume di cristallo (1970, dt.: Das Geheimnis Der Schwarzen Handschuhe), dessen Plot sich von Bavas Film einige wichtige Elemente "entleiht".





Fazit: Ein Klassiker seines (Sub-)Genres- für Fans eh' unumgänglich... Leider nie in Deutschland veröffentlicht worden...

Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten 

Samstag, 12. Mai 2012

Skandal im Sperrbezirk

Totaler Sperrbezirk (Forbidden Zone)
USA 1982
R.: Richard Elfman


Worum geht's?: Freitag, der 14.April.
Um 16:00 versteckt der Zuhälter Huckleberry P. Jones im Keller eines leerstehenden Hauses eine Ladung Heroin, als er unvermutet durch eine sonderbare Tür stolpert und in die "verbotene Zone" gelangt, welche sich als eine bizarre Mischung aus Lewis Carrolls Wunderland, Disney Land, dem Playboy Mansion und einem Folterkeller entpuppt. Dem fast zu Tode erschrockenem Unhold gelingt die Flucht, doch er verkauft das Gebäude im folgenden an die ebenso bizarre Familie Hercules.
Deren Tochter Frenchy (Marie-Pascale Elfman) ist fasziniert von den Gerüchten um die sich angeblich in der sechsten Dimension befindlichen Zone. Als auch sie hinter der Tür im Keller verschwindet machen sich zunächst ihr sehr verlebt wirkender Bruder Flash (Phil Gordon) und ihr ebenso aggressiver wie stummer Großvater (Hyman Diamond) auf,sie zu suchen.
Sie stoßen dort auf den kleinwüchsigen König Fausto (Hervé Villechaize), dessen temperamentvoller Königin (Susan Tyrrell) und der ständig oben-ohne im Unterhöschen herumflitzender Tochter (Gisele Lindley), sowie einer weiteren wahren Unmenge von sonderbaren Kreaturen (darunter auch das Performance-Kunstduo The Kipper Kids).
Der auf Anhieb in die ständig ebenfalls mit französischem Akzent palierende Frenchy verliebte, kleine Potentat sieht sich schnell mit der rasenden Eifersucht seiner Frau konfrontiert, welche die Nebenbuhlerin in den Folterkeller werfen lässt und beauftragt ihre Tochter auch sogleich mit der Exekution Frenchys.
Als dann noch Frenchys Vater und ihr ständig vor Furcht mit den Armen den Ententanz vollziehender Klassenkamerad Squeezit (Matthew Bright) in das Paralleluniversum geraten; der Satan (Danny Elfman) persönlich ein Lied zu singen hat und die Dinge insgesamt komplett chaotisch werden, läuft alles auf ein im wahrsten Sinne des Wortes explosives Finale zu.


Wie fand ich's ?: Es gibt Filme die muss man gesehen haben um sie zu glauben.
Als die musikalische Theatergruppe The Mystic Knights Of Oingo Boingo zum Ende der 70er Jahre mit den drei Jahre dauernden Arbeiten an Forbidden Zone begannen, hatte die Welt bereits Kultfilme wie Richard O'Briens The Rocky Horror Picture Show erlebt und hätte so eigentlich auf den gebündelten Wahnsinn dieses Streifens vorbereitet sein können.
Richard und Danny Elfman, die Köpfe des 1972 gegründeten, oft um die zehn Personen umfassenden Künstlerkollektivs, interessierten sich seit einigen Jahren mehr und mehr für Film und Filmmusik und wollten nun die Essenz ihrer legendären Liveperformances auf Zelluloid bannen.
Zusammen mit Freunden (der aus aus dem Bond-Film The Man With The Golden Gun und Fantasy Island bekannte Hervé Villechaize war nach einigen Aussagen der einzige bezahlte Darsteller am Set), Bekannten und Verwandten (Marie-Pascale Elfman war die Ehefrau des Regisseurs), gossen sie ihre oft sehr nostalgischen Musiknummern in handgemalte, an den deutschen Expressionismus angelehnte, Szenarien. Hinzu kommen ebenso witzige, wie herrlich altmodische Animationen und Stop-Motion-Tricks; fertig war der kalkulierte Wahnsinn.
Gedreht wurde aus Kostengründen in schwarz-weiß; der Plan war jedoch jeden Frame in Übersee nach Drehende von Hand nachkolorieren zu lassen - ein Plan, der jedoch des lieben Geldes wegen irgendwann im Sande verlief, bis 2008 tatsächlich doch noch eine von der Firma Legend Films angefertigte Farbfassung auf DVD das Licht der Welt erblickte.
Die Kritik nahm den Film zur Zeit seiner Veröffentlichung jedoch eher negativ auf. Den Autoren wurde Rassismus und Antisemitismus vorgeworfen und das, obwohl es sich bei den Elfmans selbst um Anhänger des jüdischen Glaubens handelt und die Szenen in denen ein Schauspieler mit einem so genannten Blackface gezeigt wird (d. h. ein weisser Darsteller färbt sich des Gesicht bis auf die Augenhöhlen und den Mundbereich schwarz), ganz klar eine nostalgische, direkte Hommage an das US-Kino und die Vaudeville-Theaterszene der 20er und 30er Jahre darstellen.
Trotzdem trägt auch Forbidden Zone heute zu Recht das Siegel des Kultfilms, ohne jedoch in Deutschland (trotz eines nun sehr gesuchten VHS-Releases) je wirklich ein verdientes Publikum gefunden zu haben.
Ein Werk des heute vielbeschäftigten Danny Elfman sollte jedoch jedem Leser bekannt sein: das Titelthema der allseits beliebten Zeichentrickreihe The Simpsons!


Fazit: Ein hierzulande gänzlich übersehener Kultfilm mit wahnwitzigen Einfällen, der es mehr als verdient endlich wiederentdeckt werden!

Punktewertung: 8,75 von 10 Punkten.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Lost in France

Tödliche Ferien (And Soon The Darkness)
GB 1970
R.: Robert Fuest

Worum geht's?: Die britischen Freundinnen Jane (Pamela Franklin) und Cathy (Michele Dotrice) befinden sich auf einer Fahrradtour durch die beschauliche französische Provinz. In einem Café am Rande der Strasse fällt der blonden Cathy der stattliche, junge Paul (Sandor Elès) an einem der Nebentische auf.
Als Jane nach einem Streit mit Cathy, ihre Freundin wenig später nicht wieder antrifft - Cathy war gegen Janes Intentionen, mit der Absicht auf den Motorroller fahrenden Paul zu treffen, am Straßenrand zurückgeblieben - beginnt für sie ein regelrechter Alptraum.
Allein, in einem fremden Land und ohne reale Sprachkenntnisse muss Jane sich auf die verzweifelte Suche nach ihrer Begleiterin begeben.
Als sie durch eine Zufallsbekanntschaft mit einer Landsmännin (Clare Kelly) von einem Mord, der sich vor wenigen Jahren an einer blonden Frau in der selben Region ereignete, hört, scheinen sich ihre schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten.
Wem kann die junge Frau in der Fremde noch trauen?

Wie fand ich's?: Wenn ein Film von seinem Verleih mit der Tagline "Remember the way Hitchcock kept you on the edge of your seat..." beworben wird, handelt es sich entweder um absolutes Vertrauen ins fertige Produkt, oder bloße Anmassung.
Wenn die Drehbuchautor jedoch Brian Clemens und Terry Nation heißen, welche beide für die immens erfolgreiche Kult-TV-Serie Mit Schirm, Charme und Melone (The Avengers GB 1961 - 1969) verantwortlich zeichnen und dort auch der Regisseur seine Erfahrungen sammeln konnte; ja, dann kann man davon ausgehen, dass es sich nicht vollkommen um eine hohle Phrase handelt.
Als Fan der obengenannten Serie (und ihrer Spin-Offs), war ich gespannt auf diesen kleinen Thriller; zumal ich mir dann noch erneut ins Gedächtnis rufen sollte, dass Clemens vier Jahre später auch Drehbuch und Regie zu dem von mir extrem geschätztem Vampir-Freibeuter-Gothic-Horror-Abenteuer Captain Kronos - Vampire Hunter (GB 1974) beigesteuert hatte.
Und siehe da: ich sollte nicht enttäuscht werden.
And Soon The Darkness ist ein wunderbar unprätentiöser, simpler Psychothriller, welcher gerade durch seine einfache und stets nachvollziehbare Geschichte überzeugt. Die Story darf man getrost in die Kategorie Proto-Slasher einordnen, wobei bemerkt werden sollte, dass es der Bodycount nur knapp über die Null schafft und es auch nur in einer Szene ein wenig Blut zu begutachten gibt.
Gerade in diesen von Torture-Porn-Movies übersättigten Zeiten tut es gut einen Film zu sehen, der seinen Thrill mehr aus glaubhaften Darstellern zieht, als aus der übertriebenen Darstellung von Grausamkeiten.
Den Twist mag der genreerfahrene Zuschauer schon von Weitem sehen kommen, aber dies ist durchaus zu verschmerzen.

Fazit: Ein für lange Zeit vergessenes Brit-Juwel - bis die Remakewelle uns wie ein Tsunami überschwemmte...

Punktewertung: 8 von 10 Punkte

Dienstag, 8. Mai 2012

Neuseelands (un-)vergessene Nationalhelden

Kein Oscar für Mr. McKenzie (Forgotten Silver)
NZ 1995
R.: Peter Jackson / Costa Botes

Worum geht's?: Es sorgte für einigen Wirbel im sonst so beschaulichem Neuseeland; der allseitsbekannte Regisseur Peter Jackson grub aus einer alten Kiste aus dem Nachlass eines Bekannten, Zeugnisse für dessen frühes Filmgenie aus.
Der zuvor fast vollkommen übersehene Colin McKenzie hatte sich selbst aus einem alten Fahrrad und einem Holzkasten eine funktionierende, mobile Kamera gebastelt und bereits kurz nach 1900 damit begonnen die meisten Erfindungen der Filmwelt vorweg zu nehmen.
Das Leben des vergessenen Filmpionier endete tragisch - doch sein Erfindungsreichtum und seine Kreativität war einzigartig.
So erfand der geniale Herr nicht nur als Erster sowohl Ton- wie auch Farbfilm, die Nahaufnahme und den Dolly; nein, auch solche Erfindungen wie die "versteckten Kamera"-Sketche wurden zuerst am anderen Ende der Welt gemacht!
Oder etwa doch nicht?

Wie fand ich's?: Es gab eine Zeit, da war Peter Jackson (*1961) klein, dick, zottelig und nur einer bestimmten Schar von Splatter-Filmfreaks bekannt. Und vorallem: sein Kontostand hatte noch lange nicht so viele Stellen!
Das war natürlich, bevor der Sympath aus dem gern übersehenen Inselstaat auf der anderen Seite des Globus mit der "Lord Of The Rings"-Trilogie ganz nach oben auf die Liste der Schwerverdiener im Moviebusiness kletterte.
Begonnen hatte für Jackson praktisch alles mit der, in jeder möglichen Minute, mit jeder entbehrlichen Mark, an vielen Wochenenden heruntergekurbelten Low-Budget-Sci-Fi-Splatter-Komödie Bad Taste (1987).
Es folgten die zynische Muppets-Parodie Meet The Feebles (1989) und der allerorts als die beste Independent-Splatterkomödie seit Evil Dead  frenetisch gefeierte Braindead.
Mit dem sensiblen Coming-Off-Age-Drama Heavenly Creatures (1994) sollte sich dann auch noch der Erfolg bei der seriösen Filmkritik und dem Feulliton einfinden.
Nun war der Weg frei in Richtung Hollywood; doch bevor Jackson mit The Frighteners 1996 seinen ersten Film für die amerikanischen Universal Pictures realisieren sollte, wollte er mit seinem Freund und Weggefährten Costa Botes noch eine witzige Idee für's neuseeländische Fernsehen realisieren.
Der Begriff der Mockumentary war 1995 schon längst als festes Genre etabliert. Woody Allens Zelig oder die Musikfilmparodie This Is Spinal Tap von Rob Reiner und Christopher Guest waren große Erfolge sowohl bei Kritik wie Publikum und hatten dem Zuschauer bewiesen, dass fiktionale Biographien durchaus ihren Unterhaltungswert haben können.
Forgotten Silver hingegen sollte sein (Fernseh-)Publikum unvorbereitet treffen. Viele Zuschauer hielten das vergessene Genie Colin McKenzie für zu wichtig und auf globaler Ebene bemerkenswert, als das es hätte lediglich gut erfunden sein könnte.
Es hagelte Hassbriefe an die Medien und das Kreativduo Jakson/Botes fühlte sich wahrscheinlich gerade deswegen ziemlich gebauchpinselt...

Fazit: Erfindet das Genre nun wirklich nicht neu - macht aber Spass (besonders wenn man sich für die Anfänge der Filmgeschichte interessiert)!

Punktewertung: 7 von 10 Punkte

Spanische Verzückung

Arrebato
SP 1980
R.: Iván Zulueta

Worum geht's?: José (Eusebio Poncela) ist ein desillusionierter, spanischer Regisseur, der Entspannung und Zuflucht nur noch im Heroinrausch findet. Als er eines Abends, gelangweilt nach der Arbeit an seinem Zweitwerk, in sein Apartment zurückkehrt, bekommt er im Flur vom Portier ein Paket in die Hand gedrückt. In seiner Wohnung angekommen findet er sehr zu seinem Unmut seine auf dem Bett weggetretene Freundin Ana (Cecilia Roth) vor. Angeödet öffnet er das Paket und findet darin ohne Kommentar eine Filmspule, einen Schlüssel sowie eine Audiokassette.
Wie er durch eine krächzende Stimme vom Band erfährt ist der Absender des Bandes Pedro P. (Will More), ein sonderbarer, scheuer Super8-Filmfreak, den José einige Zeit zuvor in dessen Landhaus getroffen hatte. Pedro ist dem Filmen vollkommen verfallen und auch Drogen nicht abgeneigt - eine wunderbare Vorraussetzung für eine sonderbare Freundschaft zwischen den beiden sonst ungleichen Männern.
Als José immer weiter Pedros Stimme vom Band lauscht, erfährt er von einer neuen Obsession des infantilen Sonderlings: beim Filmen seiner eigenen, schlafenden Person taucht immer länger ein roter Fleck auf dem Filmstreifen auf; und Pedro scheint zugleich das Leben ausgesaugt zu werden...

Wie fand ich's?: Iván Zulueta hat in seinem Leben nur zwei Spielfilme gedreht; der zweite und leider auch letzte ist Arrebato, dessen Titel mit Anfall, Verzückung, Koller oder Schwärmerei übersetzt werden kann. Tatsächlich würde sich wohl kaum ein treffendender Titel für Zuluetas Kultfilm finden, sind doch dessen zentrale Themen Eskapismus, Sucht, Obsession und Entrücktheit.
Zulueta erzählt seine Geschichte in einem auf bizarre Weise sehr stimmigen Mix aus Arthouse-, Experimental- und Horrorfilm; eine Mixtur die tatsächlich nur sehr selten pretentiös daher kommt.
Dies mag auch an dem extrem autobiographischen Ansatz Zuluetas liegen, welcher selbst während der Dreharbeiten dem Heroin verfallen war - eine Sucht, die ihm in den nächsten Jahren praktisch seine Karriere als aufstrebender Regisseur, der bislang fast nur Kurzfilme gedreht hatte, kosten sollte. Es dauerte nach der Fertigstellung von Arrebato fast ganze 10 Jahre bis er nach einem langwierigen Entzug wieder Arbeit beim spanischen Fernsehen fand.
Nach dem Ansehen Zuluetas letzten Langfilms beschleicht den Zuschauer auch tatsächlich das Gefühl, dass der Regisseur hier sein gesamtes Herzblut einfliessen gelassen hat. Manche Kritiker warfen ihm gar die Verherrlichung des Drogenkonsums vor; ein Vorwurf, der sich eigentlich kaum halten lässt, sind die Protagonisten doch kaum lebensfähige, der Welt entrückte Menschen, die keine Zukunft in diesem Leben besitzen. So läuft der Film auch auf das einzig mögliche Ende hinaus, welches ich hier freilich nicht verraten möchte...
In seiner spanischen Heimat gelangte Arrebato, nicht zuletzt durch seinen Umgang mit dem Tabuthema Sucht und seiner Obskurität (der Film wurde nie auf Video veröffentlicht und kaum im Fernsehen gezeigt), zum Prädikat des Kultfilms. Auch große und bekannte spanische Regisseure wie Pedro Almodóvar (für den Zulueta Poster und Plakate entwarf) und Álex de la Iglesia würdigen bis heute immer wieder diesen Film und seinen Regisseur.  

Fazit: Ein großes Filmkunstwerk, weitab vom Mainstream und sicher nicht jedermanns Sache - aber auf jeden Fall einer Wiederentdeckung absolut wert!

Punktewertung: 9,5 von 10

Montag, 7. Mai 2012

Untote in der Manege

Circus der Vampire (Vampire Circus)
GB 1972
R.: Robert Young

Worum geht's?: Graf Mitterhaus (Robert Tayman), Vampir, Lebemann und Schloßbesitzer, ist die Geissel eines kleinen Dörfchens mitten in den Wäldern eines europäischen Staates. Da das so nicht weitergehen kann, wird er von einem Sturmkommando der Dörfler gepfählt und in eine unschöne Totenstarre geschickt. Bevor sich Graf jedoch praktisch in den Winterschlaf begibt, verflucht er das bald von einer Seuche heimgesuchte Dorf und lässt seine Gehilfin nach seinem Vetter (Anthony Higgins) Ausschau halten.
Dieser kommt fünfzehn Jahre später zunächst in der Gestalt eines Panters, als Teil des wunderlichen "Zirkus der Nacht", in das Dorf; um Rache zu nehmen und seinen Verwandten wiederzubeleben.

Wie fand ich's?: Die Produktionen des Hauses Hammer zeichnen sich ab den 70er Jahren durch ein gesteigertes Mass an Nacktheit und grafischer Gewalt aus. So setzte auch Vampire Circus, was den Gore- und Sleazegehalt angeht, die Stange hoch für zukünftige Veröffentlichungen. So gibt es einige schrecklich zugerichtete Leichen ebenso zu begutachten wie riesige Durchschusswunden und sogar eine Köpfung per Armbrustsehne. Die in einer Szene verwendete Panterpuppe wirkt allerdings äußerst lächerlich zusammengeklöppelt - ebenso die immer wieder einkopierten Fledermausschemen.
Die Sets sind hingegen, wie bei Hammer eigentlich üblich, recht chic; doch der Funken will trotzdem nicht so richtig überspringen. Die Geschichte wirkt etwas sehr dünn und vorhersehbar, eine Ausdruckstanzszene mit nackter Dame (immerhin mit Bodypainting) kommt recht billig daher und die Obervampire wirken im wahrsten Sinne des Wortes etwas blutleer. Die Idee eines Vampirzirkus ist an sich recht nett umgesetzt, doch hatte man sich vielleicht irgendwie mehr versprochen. Dave Prowse (ja, der Darth Vader aus Star Wars IV - VI!) muss, in seiner zweiten Rolle für Hammer, als Muskelmann für's Grobe gleich wiedermal ganz den Mund halten.

Fazit: Was Hammer betrifft: eine Goregranate mit erhöhtem Trashfaktor. Für Fans von klassischen Vampirstreifen oder Hammerkompletisten recht spaßig - nicht wesentlich mehr...

Punktewertung: 6 von 10 Punkte

Hippies, Häuser, Paranoia

Grauen um Jessica (Let's Scare Jessica To Death)
USA 1970
Regie: John D. Hancock

Worum geht's?:  Jessica (Zohra Lampert) zieht, frisch aus der Anstalt entlassen, mit Gatte Duncan und Hippie-Kumpel Woody in ein einsam gelegenes Landhaus. Dort nächtigt bereits die umgängliche Tramperin Emily (Mariclare Costello), auf die Kumpel Woody sofort mächtig scharf wird und welche schon bald von allen das absolute Bleiberecht eingeräumt bekommt.
Doch schon in den ersten Szenen des Filmes zeigt sich, dass der Geisteszustand Jessicas nur sehr untertrieben als "etwas labil" zu bezeichnen ist. Nicht nur führt die Gute ständig, von der Angst wieder eingewiesen zu werden bestimmte, innere Monologe; sie hört auch seltsame Stimmen und erhascht immer wieder Blicke auf ein in Weiss gekleidetes, sonderbares Mädchen.
Ein Antiquitätenhändler in der Stadt erzählt von einem tragischen Unfall im alten Landhaus, bei dem eine junge Frau am Hochzeitstag ums Leben kam; auf dem Dachboden findet sich eine alte, silbergerahmte Photographie, auf welcher eine abgebildete Person eine verblüffende Ähnlichkeiten mit Emily besitzt, welche sich nun auch Jessicas Ehemann Duncan körperlich zu nähern scheint.
Als der freundliche  Antiquitätenhändler von Jessica mausetot und mit blutender Kehle am Bach aufgefunden wird, die Leiche jedoch verschwindet und sich das seltsame, bleiche Mädchen als taubstumme Unheilsbotin erweist; verfällt Jessica mehr und mehr ihrem Wahn.
Sind die abweisenden, alten Männer im Dorf alle Vampire? Ist die reizende Emily eine Untote, gar ein Sukkubus, der allen das Leben aussaugt?
Oder findet das alles nur in Jessicas paranoidem Geist statt?

Wie fand ich's?: Dieser in Deutschland kaum verfügbare Psychothriller stellt einen absoluten Geheimtipp für alle Freunde des leisen und subtilen Horrorfilms der 60/70er Jahre dar.
Bis auf zwei Ausstrahlungen im Pay-TV finden sich keine Hinweise auf eine Auswertung in unseren Gefilden, was aufgrund der hohen Qualität des Streifens mehr als tragisch ist.
Zu vergleichen ist Let's Scare Jessica To Death (der Originaltitel ist ebenso griffig, wie am Ende irreführend...) am ehesten mit Titeln wie Ekel (bei mitunter gleichem Thema ebenso leise wie verstörend) oder der ebenfalls sehr unterschätzten 70er-Perle Landhaus der toten Seelen.
Ein weiterer Bezugspunkt ist sicher La Fanus klassische Vampir-Novelle Carmilla, welche ja zur gleichen Zeit (1970, -71, -72) auch für einige Hammer-Produktionen als Vorlage benutzt worden war.
Die Darsteller liefern alle eine bemerkenswerte Leistung ab, zuvorderst Zohra Lampert, die manche Genrekenner vielleicht noch aus einer Nebenrolle in  Exorcist III kennen.
Militante Anhänger eines logischen Plots seien allerdings an dieser Stelle gewarnt: hier regiert die Atmosphäre durchaus über eine klare Story.

Fazit: Ein wohl ewiger Geheimtipp, der es wert ist endlich eine dt. DVD-Veröffentlichung spendiert zu bekommen!

Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten