Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Montag, 7. Mai 2012

Hippies, Häuser, Paranoia

Grauen um Jessica (Let's Scare Jessica To Death)
USA 1970
Regie: John D. Hancock

Worum geht's?:  Jessica (Zohra Lampert) zieht, frisch aus der Anstalt entlassen, mit Gatte Duncan und Hippie-Kumpel Woody in ein einsam gelegenes Landhaus. Dort nächtigt bereits die umgängliche Tramperin Emily (Mariclare Costello), auf die Kumpel Woody sofort mächtig scharf wird und welche schon bald von allen das absolute Bleiberecht eingeräumt bekommt.
Doch schon in den ersten Szenen des Filmes zeigt sich, dass der Geisteszustand Jessicas nur sehr untertrieben als "etwas labil" zu bezeichnen ist. Nicht nur führt die Gute ständig, von der Angst wieder eingewiesen zu werden bestimmte, innere Monologe; sie hört auch seltsame Stimmen und erhascht immer wieder Blicke auf ein in Weiss gekleidetes, sonderbares Mädchen.
Ein Antiquitätenhändler in der Stadt erzählt von einem tragischen Unfall im alten Landhaus, bei dem eine junge Frau am Hochzeitstag ums Leben kam; auf dem Dachboden findet sich eine alte, silbergerahmte Photographie, auf welcher eine abgebildete Person eine verblüffende Ähnlichkeiten mit Emily besitzt, welche sich nun auch Jessicas Ehemann Duncan körperlich zu nähern scheint.
Als der freundliche  Antiquitätenhändler von Jessica mausetot und mit blutender Kehle am Bach aufgefunden wird, die Leiche jedoch verschwindet und sich das seltsame, bleiche Mädchen als taubstumme Unheilsbotin erweist; verfällt Jessica mehr und mehr ihrem Wahn.
Sind die abweisenden, alten Männer im Dorf alle Vampire? Ist die reizende Emily eine Untote, gar ein Sukkubus, der allen das Leben aussaugt?
Oder findet das alles nur in Jessicas paranoidem Geist statt?

Wie fand ich's?: Dieser in Deutschland kaum verfügbare Psychothriller stellt einen absoluten Geheimtipp für alle Freunde des leisen und subtilen Horrorfilms der 60/70er Jahre dar.
Bis auf zwei Ausstrahlungen im Pay-TV finden sich keine Hinweise auf eine Auswertung in unseren Gefilden, was aufgrund der hohen Qualität des Streifens mehr als tragisch ist.
Zu vergleichen ist Let's Scare Jessica To Death (der Originaltitel ist ebenso griffig, wie am Ende irreführend...) am ehesten mit Titeln wie Ekel (bei mitunter gleichem Thema ebenso leise wie verstörend) oder der ebenfalls sehr unterschätzten 70er-Perle Landhaus der toten Seelen.
Ein weiterer Bezugspunkt ist sicher La Fanus klassische Vampir-Novelle Carmilla, welche ja zur gleichen Zeit (1970, -71, -72) auch für einige Hammer-Produktionen als Vorlage benutzt worden war.
Die Darsteller liefern alle eine bemerkenswerte Leistung ab, zuvorderst Zohra Lampert, die manche Genrekenner vielleicht noch aus einer Nebenrolle in  Exorcist III kennen.
Militante Anhänger eines logischen Plots seien allerdings an dieser Stelle gewarnt: hier regiert die Atmosphäre durchaus über eine klare Story.

Fazit: Ein wohl ewiger Geheimtipp, der es wert ist endlich eine dt. DVD-Veröffentlichung spendiert zu bekommen!

Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten