Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Donnerstag, 30. August 2012

Bei Kontostand Mord!

Per Saldo Mord (The Swiss Conspiracy)
USA/BRD 1976
R.: Jack Arnold


Worum geht's?: Das Schweizer Bankhaus Hurtil und dessen fragwürdige Kunden werden von rücksichtslosen Erpressern bedroht.
Diese drohen alle Einzelheiten zu vertraulichen oder geheimen Nummernkonti freizulegen, sollte man nicht ihren Forderungen nachgeben.
Besorgt um den guten Ruf seiner Bank und das Leben seiner Kundschaft ruft der alte Hurtil (Ray Milland) den Amerikaner David Christopher (David Janssen) zur Hilfe.
Christopher hat mal für die amerikanische Justizbehörde gearbeitet und trifft prompt bei seinem ersten Besuch in der Schweiz auf seinen suspekten Landsmann Hayes (John Saxon), der ebenfalls als Kunde Hurtils bedroht wird und mit Christopher noch eine alte Rechnung zu begleichen hat.
Doch nicht nur Hayes will seinen Kopf, auch zwei Killer (Arthur Brauss und David Hess) sind bereits auf ihn angesetzt worden und legen kurzerhand die Leiche Hayes in den Kofferraum eines angeblich von Christopher zuvor gemieteten Wagens.
Nur gut, das es auch so attraktive Erpressungsopfer wie Denise Abbott (Senta Berger) gibt, welche anscheinend leichter zu verführen als zu durchschauen sind.
Doch welches Spiel treibt Hurtils rechte Hand Franz Benninger (Anton Diffring) und dessen Bekanntschaft Rita Jensen (Elke Sommer)?
Als Christopher die wahnwitzige Verschwörung durchschaut, muss er erkennen, dass der Winter in der Schweiz mitunter eben so kalt ist, wie das Herz mancher Menschen...


Wie fand ich's?: Saxon, Berger, Diffring, Hess, Sommer, Brauss, Milland, Janssen. Allein die Besetzung dieses Films liest sich wie ein Who-is-Who des Genrefilms der 50er, 60er und 70er Jahre...
Hauptdarsteller David Janssen hatte Mitte der 60er immense Popularität durch seine Darstellung des gejagten Dr. Kimble in der auch in Deutschland sehr erfolgreichen US-Serie The Fugitive (USA 1963-1967 dt.: Auf der Flucht) erlangt.
Denkt man jedoch heute an Jack Arnold, den Regisseur des Films, so denkt man heute eher an Sci-Fi-Klassiker der 50er Jahre wie It Came from Outer Space (USA 1953 dt.: Gefahr aus dem Weltall), Tarantula (USA 1955) oder The Incredible Shrinking Man (USA 1957 dt.: Die unglaubliche Geschichte des Mr. C) und nur wenige kennen oder erinnern sich an Filme wie die sehr britische Kriegsfilm-Komödie The Mouse That Roared (UK 1959 dt.: Die Maus die brüllte), den harten Western Boss Nigger (USA 1975) mit Fred "Hammer" Williamson oder den hier besprochenen Actionthriller The Swiss Conspiracy.
Einige werden sich an schöne Filmabende in den 80ern erinnern können, an denen einer von Arnolds Streifen im dritten Programm des deutschen Fernsehens gezeigt wurde, gefolgt von einer Folge Jack Arnold erzählt (BRD 1983 R.: Roland Johannes/Jürgen Zimmermann). Ach, schön war das...
Nun, Senta Berger ist auch schön anzusehen in The Swiss Conspiracy; - ebenso schön ist die, zusätzlich mit einem sehr gelungenen "Roten Hering" versehene, Story um einen ebenso simplen wie genialen Erpressungsversuch und die handwerklich mehr als solide zu bezeichnende Inszenierung des Drehbuchs, bei der besonders die gelungen gefilmten Actionszenen und ein sehr rasantes Rennen auf verschneiten Passstraßen hervorzuheben sind.
Ein Wiedersehen mit dem leider vor Kurzem verstorbenen David Hess (*1936; †2011) tut besonders gut, auch wenn, der durch seine Rolle als Krug Stillo in Wes Cravens The Last House on the Left (USA 1972 dt.: Mondo Brutale) legendär gewordene, Hess hier leider keine Sprechrolle bekam, aber immerhin auf den Protagonisten ballern durfte.


Fazit: Per Saldo Mord hat einiges Gutes auf der hohen Kante und ist endlich eine vernünftige Veröffentlichung wert!

Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten

Stundenweiser Einsatz auf'm Kiez

Das Stundenhotel von St. Pauli
BRD 1970
R.: Rolf Olsen


Worum geht's?: Der Sohn von Kommissar Canisius (Curd Jürgens) liegt nach einer Demo im Operationssaal eines Hamburger Krankenhauses, als sein Vater zu einem Einsatz im Stundenhotel "Ostend" gerufen wird.
Hier wurde ein Homosexueller unter der Dusche erstochen und der Täter muss sich noch unter den illustren Gästen des Etablissements aufhalten.
Neben dem jovialen Portier Lucas Freund (Walter Buschhoff), der grantigen Putzfrau Rose (Brigitte Mira), dem netten Zimmermädchen Anna (Monika Hielscher) und deren Freund Karl (Michael Maien), treiben sich eine Menge leichter Mädchen (u. a. Andrea Rau und Corny Collins) sowie Freier und Gangster herum.
Dass der Portier einen flüchtigen Drogenkranken, der kurz zuvor bei einem gescheiterten Einbruch einen Polizisten niedergeschossen hat, in einem Raum des Hotels versteckt, ist nur ein Detail, das die Ermittlungen weiter kompliziert.
Während der außen harte, innen zarte Kommissar um seinen Sohn bangt, tun sich im Stundenhotel von St. Pauli wahre Abgründe auf...

Wie fand ich's?: Bei einem alten Schauspielhaudegen wie Curd Jürgens weiß man in der Regel, was man bekommt. So lieferte der "normannischen Kleiderschrank" auch hier ordentlich ab und veredelt diese Perlen der German-Exploitation durch seine Kunst.
Was den Film neben Jürgens sehenswert macht, ist die wahre Ansammlung von Dramen, Tragödien und Verbrechen. Neben Beischlafdiebstahl, krankhaftem Voyeurismus bei Frauen, dem Mord an einem Homosexuellen und dem Plan eines Familienvaters seine Frau, dessen Liebhaber und schließlich sich selbst zu erschießen, gibt es eine komische Einlage mit einem lüsternen "Ästheten" im Satanskostüm, der die wie immer schön anzusehende Andrea Rau mit Blumen schmückt, um ihr dann mit seinen Satanshörnern in die Brüste zu pieksen.
Brigitte Mira, Berliner Urgestein, gibt auch auf dem Kiez eine wundervolle, dauergefrustete Putzfrau, die dem gebeutelten Kommissar auch schon mal zwei doppelte Cognacs in Folge einschenken muss.
Sowieso hervorzuheben, ist die Geschichte um den bei einer Demo von einem Polizisten schwer verletzten Sohn des Kommissars, der nun emotional zwischen Pflicht, Sorge und Wut pendelt.
Die Idee, sich damit auch mitunter solidarisch auf die Seite der Studentenbewegung zu stellen und die Gewalt von Staatsorganen gegen Demonstrierende anzusprechen und damit auch Stellung zu beziehen, ist für einen bloßen Unterhaltungsfilm dieser Zeit außerordentlich bemerkenswert.
Rolf Olsen (*1919;  †1998), der umtriebige Allesfilmer aus Österreich, drehte in den 60ern und 70ern eine ganze Reihe von St. Pauli-Filmen, darunter auch Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn (BRD 1967) und Der Arzt von St. Pauli (BRD 1968) in dem ebenfalls Jürgens in der Titelrolle zu sehen war.
Bei Fans zünftiger Exploitation machte sich Olsen spätestens 1972 mit dem Kultstreifen Blutiger Freitag und später mit den beiden Mondos Schocking Asia I + II (BRD/HK 1976 bzw. 1985) einen Namen und auch ein Besuch im Stundenhotel von St. Pauli sei an dieser Stelle jedem Interessierten angeraten.

Fazit: Buntes Kiez-Panoptikum mit Lokalkolorit, Schießerei und Brigitte Mira im Putzkittel!

Punktewertung: 8 von 10 Punkten

Dienstag, 28. August 2012

Wenn die Muzak leise säuselt...

Decoder
BRD 1984
R.: Muscha (Jürgen Muschalek)



Worum geht's?: Der Tontüftler F. M. (FM Einheit) entdeckt, dass nicht nur er mit seinen elektronischen Musikspielereien das Handeln der Leute auf der Straße beeinflussen kann; vielmehr muss er zu seinem Schrecken erkennen, dass dieses Prinzip von der Fast-Food-Kette H-Burger anscheinend bereits in einem großen Rahmen an ihren Kunden praktiziert wird.
Durch verschlüsselte Signale innerhalb der in ihren Restaurants spielender Hintergrundmusik werden die Konsumenten zu weiterem, friedlichen Konsum genötigt.
Auf einem Streifzug durch die Großstadt trifft F. M. auf ein sektenartiges Musik-Kollektiv, dessen Hohepriester (Genesis P. Orridge) ihm weitere Informationen liefert, um das Prinzip als Waffe gegen die Manipulierer einsetzen zu können.
Nach einigem Experimentieren (auch mit dem Quaken eines erdrückten Frosches) gelingt es ein Signal aufzuzeichnen, welches von einigen Mitstreitern F. M.s zunächst in verschiedenen Filialen großer Fast-Food-Ketten abgespielt wird, woraufhin die Gäste fluchtartig die Lokalitäten verlassen.
Während der zwielichte Jäger (William Rice) von Vertretern der Wirtschaft auf F. M. angesetzt wird, kommt es in den Straßen ganz Deutschlands zu Massenunruhen und Aufständen junger Leute.
Alles scheint in Chaos, Gewalt und Anarchie zu versinken - nur der von Jägers allgegenwärtigem Überwachungsapparat längst aufgespürte F. M. möchte eigentlich nur noch zu seiner Freundin (Christiane Felscherinow)...

Wie fand ich's?: Die Besetzung ist grandios gewählt - FM Einheit Ex-Mitglied der auch im Ausland viel beachteten Band Einstürzende Neubauten, die ebenfalls allseits bekannte Christiane F. in der Rolle seiner Freundin, der Industrial-Gott Genesis P. Orridge in einem Cameo, ebenso wie Beatpoet und Ikone William S. Burroughs in einer kurzen Sprechrolle...
Die Story besitzt jegliches Potenzial - subversive Botschaft trifft auf surrealen Inhalt, Aufruf zum Straßenkampf auf Zeitkolorit der 80er, Paranoia auf Subkultur, Schamanismus auf Betonschlucht...
Der visuelle Stil - grell bis grau, alles mit ständig mit Farbfiltern in Primärfarben getaucht, die Kamera mal still, dann entfesselt, in seinen besten Momenten wird man an einen frühen Lynch erinnert...
Die Musik - Soft Cells sleazy Synthie-Pop-Hymne Seedy Films von 1981 unterstreicht fantastisch die schwülen Szenen, in denen William Rice die Peepshows und Eros-Centren Hamburgs heimsucht...
Warum also - warum ist dieser Film, der zum einen in seinen kafkaesken Teilen fast urdeutsch wirkt, zum anderen eine genaue Momentaufnahme der Befindlichkeiten des Undergrounds zur Mitte der 80er Jahre bietet, heute fast gänzlich in Vergessenheit geraten?
Mitinszeniert und -produziert wurde Decoder vom Exschlagzeuger und -manager der Toten Hosen Trini Trimpop, der mit dem Regisseur Muscha (bürgerlich: Jürgen Muschalek) befreundet war und zusammen mit ihm 1980 für den ebenfalls gänzlich von der Bildfläche verschwundenen Vorgänger-Film Humanes Töten sogar für den Max-Ophüls-Preis nominiert war.
Ein weiteres Rätsel ist mir, warum man nach Decoder nichts mehr von seinem Regisseur bis zu dessen erschreckenden Freitot durch Erhängen im Jahr 2003 hörte. Beim Rezensenten werden an dieser Stelle Erinnerungen an Iván Zulueta, den Regisseur des ebenfalls lange verschollenen 1980er Kultfilms Arrebato (s. h. http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/05/arrebato.html), wach, doch liegt es mir fern, hier weitere Vermutungen anzustellen...
Nun bleibt mir nur noch, uns allen eine anständige DVD-Veröffentlichung von einem Label, dass seine Filme ernstnimmt, zu wünschen... Bildstörung, das ging an Dich!

Fazit: Vergessenes Punk-Kunstkino aus Deutschland - hochaktuell und punkig im Kern, wunderbar gestriger 80ies Charme an den Außenseiten...

Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten

Samstag, 25. August 2012

Kriminelles Skelett auf der Jagd nach heißen Steinen

Kriminal
I 1966
R.: Umberto Lenzi


Worum geht's?: Obwohl der smarte Superganove Kriminal (Glenn Saxson) wegen des Raubs der britischen Krone aus dem Tower bereits den Strick um den Hals gelegt bekommt, gelingt ihm mithilfe des cleveren Inspektors Milton (Andrea Bosic) in letzter Sekunde doch noch die Flucht.
Dessen Plan, dass der Schurke, welcher bei seinen Coups stets einen hautengen, gelben Anzug im zeitlosen Skelett-Design trägt, ihn direkt zu der immer noch verschwundenen Krone führt, geht jedoch nicht auf - Kriminal verschwindet in der Masse und schenkt dem gedemütigten Milton einfach das Prachtstück, da er für eine solche Preziose leider keinen Käufer finden konnte...
Wieder auf freiem Fuß plant Kriminal nun einen Diamantenraub, bei dem seine, von der Besitzerin angestellte, Ex-Frau Margi (Maria Luisa Rispoli) wichtige Informationen über den Transportweg besorgen soll.
Ein aufwendiges Verwirrspiel wird vorbereitet, um etwaige Diebe durch den Einsatz der Zwillinge Trude und Inge (beide: Helga Liné) von den Diamanten abzulenken.
Was Kriminal und die hinzugezogene Versicherungsfirma nicht weiß: Lady Gold (Esmeralda Ruspoli), die Eigentümerin des Schmucks, will ohnehin einen Überfall von Kriminal vortäuschen, um so die Versicherungssumme für die Steine kassieren zu können.
Als Kriminal am Flughafen tatsächlich einen der Zwillinge überfällt und überraschenderweise für ihn dabei leer ausgeht, riecht er den Komplott und klappert nach und nach alle Verdächtigen ab.
Schließlich durchschaut er die Machenschaften der Lady Gold, seiner Ex-Frau und deren Liebhaber Alex (Ivano Staccioli) und fasst den Entschluss die Diamanten zurückzurauben.
Verfolgt von Inspektor Milton begibt sich der Lebemann, Schönling und Berufsverbrecher nach Istanbul.
Wer wird am Ende von wem übers Ohr gehauen und wer erbeutet die Diamanten? Kann Kriminal erneut dem Zugriff der Polizei entgehen? Und wer ist die schöne Blondine, die ihn aus London zu kennen glaubt?


Wie fand ich's?: Als fumetti neri bezeichnet der Italiener eine düstere Spielart des klassischen Superheldencomics.
Hier stehen meist äußerst raffinierte Verbrecher in einfallsreichen, figurbetonenden Outfits im Vordergrund der Geschichten, welche zudem ordentlich mit Erotik und Gewalt abgeschmeckt wurden.
Als bekannteste Verfilmung einer fumetti neri-Serie gilt Mario Bavas Meisterwerk Diabolik (I/F 1968 dt.: Gefahr: Diabolik) mit John Philip Law in der Titelrolle des gewitzten Gangsters.
In dem ebenfalls 1968 entstandenen Satanik (I/E R.: Piero Vivarelli), einer sleazigen Jekyll/Hyde-Variante, bezirzt Magda Konopka als Ärztin reiche Galane, um diese dann ihres Geldes zu entledigen.
Sowohl Satanik, wie auch der hier besprochene Kriminal stammen aus den Federn der Italiener Roberto Raviola (aka. Magnus) und Luciano Secchi (besser bekannt unter seinem Pseudonym Max Bunker) und waren zur Mitte der 60er Jahre so populär, dass sich eine Kinoadaption in beiden Fällen geradezu aufdrängte.
Den Anfang machte Umberto Lenzi 1966 mit Kriminal; in der Hauptrolle stand der Holländer Glenn Saxson vor der Kamera, welcher als Roel Bos 1942 in Den Haag das Licht der Welt erblickt hatte.
Neben Saxson kann man Italofilm-Veteranin Helga Liné in einer Doppelrolle als sinistere Zwillinge Trude und Inge bewundern.
Lenzis Arbeit ist mehr als solide, man sieht dem Film sein Budget jederzeit an und die Story ist, im Gegensatz zu dem z. B. etwas ziellos dahinplätschernden Satanik, gut und abwechslungsreich konstruiert.
Da ist es besonders schade, dass Lenzi heute zumeist mit seinem eher als mittelmäßig zu bezeichnenden, extrem trashigen Spätwerk wie Incubo sulla città contaminata (I/MEX/E 1980 dt.: Großangriff der Zombies) in Zusammenhang gebracht wird, sich aber leider eher Wenige an seinem sehr interessanten Frühwerk delektieren...


Fazit: Wer den Genrehöhepunkt Diabolik mag, kann hier nichts verkehrt machen. Spannende Unterhaltung jenseits von Spiderman und Konsorten.

Punktewertung: 7,75 Punkten von 10

Mittwoch, 22. August 2012

Ich bin Dein Vater, Murat!

The Man Who Saves the World (Dünyayi kurtaran adam)
TR 1982
R.: Çetin Inanç
 
Worum geht's?:
Murat (Cüneyt Arkin) und Ali (Aytekin Akkaya) stürzen auf einem unwirtlichen Wüstenplaneten ab.
Hier herrscht der "Zauberer" (Hikmet Taşdemir), ein unsterblicher, bärtiger Weltraumdespot mit Nagelkappe auf der Rübe, der die ohnehin seit einem Atomkrieg zersprengte Menschheit endgültig vernichten will.
Ganz der Hobby-Sadist veranstaltet der Zauberer blutige Gladiatorenkämpfe und befehligt ganze Armeen an seltsamen Viechern. Da gibt es neben Mumien, Zombies und Zylonen auch komische Stoffmonster, mal mit, mal ohne Buckel, aber immer mit riesigen Klauen an den Pfoten.
Unterwegs verliebt sich der knallharte Murat in eine ihm natürlich sofort vollkommen verfallene (d. h.: ihn ständig debil angrinsende) Einheimische (Füsün Uçar), deren Vater die beiden später über zwei unglaubliche Reliquien aufklärt: ein blitzförmiges Schwert und ein goldenes Gehirn, in dem das Wissen von 1000 Jahren gespeichert ist.
In einer Höhle kann Murat auch tatsächlich beide Schätze trotz des Angriffs zweier goldener Ninja-Wachen bergen, jedoch wird sein dem Feind in die Hände gefallener Freund gerade einer Gehirnwäsche unterzogen und muss, bevor es endlich zum großen Finale kommen kann, nun erst mal bezwungen und aus dem Griff des Bösewichts befreit werden.
Obwohl sich der "böse" Ali nach seiner Tötung als eine Sinnestäuschung herausstellt, bleibt der aus den Klauen des Zauberers befreite "echte" Ali aufgrund seiner Arroganz schließlich doch noch auf der Strecke.
Kurzerhand schmilzt sein gramgebeugter Kumpel Murat das goldene Wunderschwert ein und taucht seine Griffel einfach mal in die blubbernde Masse.
Simsalabim - nun mit goldenen Panzerhandschuhen bewaffnet, tritt der Weltraumosmane gegen die Armeen des Tyrannen an und schlägt wohlwörtlich alles in Stücke, was sich ihm in den Weg stellt.
Und während die Jagdflieger des Zauberers die Erde angreifen, kommt es zum blutigen, letzten Showdown unter gleißenden Sonnen... 


Wie fand ich's?: Den besten Film bis dato zu benennen, fällt ebenso schwer, wie den schlechtesten aufzuzeigen. Einige Titel fallen jedoch in Diskussionen um den bisher absoluten cineastischen Tiefpunkt praktisch immer; z. B. Ed Woods legendärer Plan 9 from Outer Space (USA 1959).Wenn Kenner am Werk sind, wird auch gern der unvergesslich groteske Manos: The Hand of Fate (USA 1966 R.: Harold P. Warren) genannt, oder der ebenso unglaubliche Troll 2 (I 1990) von Claudio Fragrasso.
Mit Dünyayi kurtaran adam hat aber auch die Türkei einen starken Anwärter auf den Thron im Rennen um, ähm, Ruhm und Ehre.
Nicht nur, dass der Film hemmungslos Originalfilmmaterial aus Star Wars (USA 1977 R.: George Lucas dt.: Krieg der Sterne) und The Magic Sword (USA 1962 R.: Bert I. Gordon dt.: Ascalon, das Zauberschwert) klaut und diese in der Form von Rückprojektionen oder kurzen hineingeschnittenen Szenen als eigene verkauft (bei den Star Wars-Szenen musste man hier etwas "zaubern" - da das Original in Widescreen war, sah man sich gezwungen die Ränder des Bildes so abzudunkeln, dass dies im Vollbild nicht auffällt), auch der Soundtrack ist wiedermal komplett zusammengeklaubt.
So wird jede Actionszene kurzerhand mit John Williams Indiana Jones-Thema unterlegt, was aufgrund der unglaublichen Popularität dieses Stückes nicht nur bei Fans für Stirnrunzeln sorgen sollte.
Ebenso für Stirnrunzeln sorgt die legendäre Trainingssequenz, in der unsere beiden Helden in höchster Anspannung auf wehrlose Felsen einprügeln und sich kopfgroße Steine an die Waden binden, um damit froh gelaunt über die Berge zu joggen.
Das die Macher Star Wars zumindest gesehen haben müssen, beweist die abgekupferte Cantina-Szene, in der man auch neben originalem Star Wars-Material, die Kunst der türkischen Effekt-Crew bewundern kann.
Diese setzt ihren "Aliens" einfach simple Pappmascheemasken aus dem letzten Karneval auf, was dann auch genauso billig aussieht, wie es sich anhört und auch budgetmäßig sicher war.
Auch sollte man unbedingt die roten Plüschmonster erwähnen, die wie eine wild gewordene Kreuzung zwischen Samson und Elmo aus der Sesamstraße aussehen und im finalen Kampf um die Erde schon mal mit Tritten und Handkantenschlägen in zwei Hälften geteilt werden.
Sehenswert ist auch das sagenhafte Blitzschwert, welches offenkundig aus ca. zwei Centimeter dickem Sperrholz gefertigt wurde, bevor man es mit goldenem Autolack besprüht hat.
Trotz des extremen Trashgehalts muss ich persönlich allerdings bekennen, dass mir doch etwas der naive Charme gefehlt hat, der z. B. bei den Werken eines Ed Wood durchaus vorhanden ist.
Trotzdem: für Trashfans ein veritabler Kultfilm!


Fazit: Legendäres Trash-Kleinod aus der Türkei. Mit einem Döner (extrascharf) und Dosenbier durchaus gut goutierbar!

Punktewertung: ein absolut verdienter Punkt von zehn möglichen! Trashfanatiker addieren bitte ruhig recht großzügig weitere Punkte, mithin je nach Laune, Gutdünken oder Alkoholspiegel... 

Freitag, 17. August 2012

Operation "Schnell Absahnen"

Operation "Kleiner Bruder" (OK Connery)
I 1967
R.: Alberto de Martino

Worum geht's?: Die internationale Verbrecherorganisation THANATOS unter der Leitung des teuflischen "Alpha" (Anthony Dawson) greift nach der Weltherrschaft.
Sie haben eine Maschine entwickelt, die durch einen elektromagnetischen Impuls alle Technik sofort lahmlegt.
Ein weiteres Detail dieser Operation bedarf der Herstellung von Teppichen aus radioaktiven Material, die der mondäne Bösewicht Mr. Thai (Adolfo Celi), oder einfach "Beta", von einer Horde Blinder in Marokko fertigen lässt.
Da der Top-Spion Ihrer Majestät mit der Doppelnull im Moment nicht zur Verfügung steht und soeben ein Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes bei einem von "Beta" herbeigeführten Flugzeugunglück ums Leben gekommen ist, ergreifen Commander Cunningham (Bernard Lee) und seine Assistentin Miss Maxwell (Lois Maxwell) eine ungewöhnliche Maßnahme: sie engagieren einfach den Zwillingsbruder ihres besten Mannes - Dr. Neil Connery (Neil Connery)!
Dieser ist Chirurg, Hypnotiseur, Karatekämpfer, geübter Lippenleser und Hobby-Bogenschütze und damit ja wohl mehr als offensichtlich geeignet für den Job.
Der Kampf gegen THANATOS führt den guten Doktor von Monaco nach Malaga, von dort nach Marokko und zum Finale direkt ins schöne Bayern.
Doch die Verbrecherorganisation hat noch ein As im Ärmel: die schöne Maya (Daniela Bianchi). Und ein Connery kann einfach einer schönen Frau nicht widerstehen...

Wie fand ich's?: Neil Connery spielt Neil Connery, den Bruder des besten Agenten seiner Zeit, dessen Name offensichtlich Sean Connery lautet und nicht, wie manche angenommen haben, James Bond...
Man umgeht die Nennung des urheberrechtlich geschützten Namens äußerst geflissentlich, was nicht heißt, dass man ansonsten nicht alle Möglichkeiten ausnutzt, um dem Zuschauer klar zu machen, worum es sich hier handelt.
Dazu verpflichtet man neben Connerys kleinem Bruder eben erst mal so viele Darsteller aus Bond-Filmen, wie man bekommen kann.
Man kann wohl mit Recht davon ausgehen, dass die Gagen von Bernard Lee (der in der offiziellen Reihe elfmal Bonds Chef "M" spielte) und Lois Maxwell (Miss Moneypenny in nicht weniger als vierzehn Bond-Filmen) genug der Verlockung waren, um beide für dieses Projekt zu gewinnen; zumal Sean Connery wenig angetan davon gewesen sein soll, die beiden beim "Mitausbeuten" seines Bruders zu sehen.
Weiterhin konnte man Daniela Bianchi (Tatiana Romanova aus From Russia with Love [UK 1963 R.: Terence Young dt.: Liebesgrüße aus Moskau]) und Adolfo Celi gewinnen, wobei Letzterer in Thunderball (UK 1965 dt.: Terence Young dt.: Feuerball) einen eher blassen Bond-Bösewicht gab und dem es in OK Connery tatsächlich gelingt, seine ursprüngliche Performance durch verstärktes Overacting noch zu verbessern und neben der Präsenz eines Anthony Dawson, der auch schon im Ur-Bond Dr. No (UK 1962 R.: Terence Young) und dessen Nachfolger From Russia with Love dabei war, behaupten kann.
Auch Lois Maxwell sieht man teilweise eine gewisse Spielfreude an, darf sie doch hier ordentlich Sperrfeuer aus einer Maschinenpistole geben, während Soldaten mit Flammenwerfern um sie herum fröhlich Palmen abfackeln.
Der Score an dem Ennio Morricone mit seinem Kollegen und Stammdirigigenten Bruno Nicolai zusammenarbeitete, erinnert zeitweise so stark an John Barrys Kompositionen, dass der Geruch des Plagiats auch auf musikalischer Ebene geradezu schwer durch den Film weht.
Auch Regisseur Alberto de Martino (s. a. http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/06/kein-schwein-ruft-mich.html) gelingt es überraschend gut den Stil eines Terence Young nachzuempfinden und das ihm anvertraute Budget sinnvoll einzusetzen. Die Sets wirken nur wenig preiswerter als bei einer regulären Bondproduktion dieser Zeit und die Locations in Monaco, Spanien und Nordafrika sind gut ausgewählt worden.
Was hingegen dem Film nicht nur bei der seriösen Filmkritik den Gnadenschuss gibt, ist das unglaublich dahingeschusterte Drehbuch, welches zwar fast alle Bond-Klischees schön abklappert, aber diese fast stetig zu toppen versucht, dabei selbst die ungezügelte Erfindungskunst der Autoren der Originalreihe in den Schatten stellt und damit in ihrer Wirkung schon eher mit der im gleichen Jahr entstandenen, ebenfalls inhaltlich viel zu überfrachteter Bond-Parodie Casino Royale (UK/USA 1967 R.: Val Guest u.a.) zu vergleichen ist.
Eine Idee wie die der radioaktiven Bettvorleger, würde halt in jedem Film etwas strange wirken...
Neil Connery hingegen macht seine Sache besser als erwartet - soll heißen: er stört nicht. Als direkt von der Straße weg unter Vertrag genommener Ex-Stuckateur ohne jegliche Schauspielerfahrung (vielleicht war er allerdings ja der zweite Baum von rechts in der Weihnachtsaufführung seines Kindergartens in Edinburgh...), konnte man auch nicht allzu viel von dem Guten verlangen; mit seinem Bart und seinen hypnotischen Kräften erinnerte er mich aber stark an einen jungen Vincent Price...

Fazit: Für echte Bond-Fans unentbehrlich - allen anderen Freunden italienischer (Trash-)Feinkost sei an dieser Stelle aber auch eine klare Sehempfehlung gegeben.

Punktewertung: 6,75 von 10 Punkten

Mittwoch, 15. August 2012

Motorwagen mit seltsamen Namen

Black Moon (Black Moon Rising)
USA 1986
R.: Harley Cokeliss

Worum geht's?: Quint (Tommy Lee Jones) ist ein freiberuflicher Dieb im Dienste der Regierung.
Nachdem er dem Mob eine Datenkassette mit belastendem Material geklaut hat, muss er, verfolgt von einem "Kollegen", das heiße Gut schnell loswerden und versteckt es ausgerechnet im experimentellen Raketenauto "Black Moon", welches gerade von seinen Entwicklern zu einer Verkaufsvorführung gebracht wird.
Unauffällig folgt Quint dem Flitzer zu einem Hotel, in dem er auch auf die fesche Nina (Linda Hamilton) trifft, welche in der Bar rumhängt und sich den Annäherungsversuchen eines anderen Gastes ausgesetzt sieht.
Was weder Quint, noch der extrem aufdringliche Typ ahnen: Nina ist ebenfalls eine professionelle Diebin.
Im Auftrag des schwerreichen Ed Ryland (Robert Vaughn) stielt die Dame mit ihrem Team mal ganz nebenbei alle Luxuskarossen vom Hof und nimmt bei dieser Gelegenheit auch Black Moon mit.
Da Quint eh schon unter Druck steht - ihm sitzt der bullige Beamte Johnson (Bubba Smith) im Auftrag der Bundesbehörde im Nacken, welcher ihm bereits ein 72-Stunden-Ultimatum gesetzt hat - muss nun um so schneller gehandelt werden.
Zusammen mit den verzweifelten Autobastlern entsteht der wahnwitzige Plan, in Rylands streng bewachten Hochhauskomplex einzudringen und Black Moon einfach zurück zu stehlen.
Unterstützung bekommen die Herren zusätzlich von Nina, welche sich zuvor mit dem rücksichtslosen Ryland überworfen hat und auf Rache sinnt...

Wie fand ich's?: Es gibt Schauspieler, die scheinen sich Zeit ihrer Karriere nie wesentlich verändert zu haben.
Mir fallen als Exempel direkt mal Charles Bronson, Lee Marvin und John Wayne und eben Tommy Lee Jones ein.
Und nebenbei bemerkt: auch Regielegende John Carpenter hat sich nie sonderlich verändert, sondern sah eigentlich immer wie ein Schwippschwager des Cryptkeepers aus...
Apropos Carpenter - der hat tatsächlich Story und Drehbuch zu Black Moon Rising beigetragen und man muss dann auch direkt sagen: neben Halloween II (USA 1981) von Rick Rosenthal ist Black Moon der beste Carpenter, bei dem der Meister nicht selbst Regie geführt hat.
Sicher, mit Meisterwerken wie  Assault on Precinct 13 (USA 1976 dt.: Das Ende), Halloween (USA 1978) oder Escape from New York (USA 19 dt.: Die Klapperschlange) kann der schwarze Mond sicherlich nicht mithalten, Spaß macht er aber trotzdem eine ganze Menge.
Das liegt sowohl an Carpenters Script wie auch an Harley Cokeliss solider Inszenierung, die zudem wie nix Gutes den Charme der 80er (mitsamt Frisuren, Klamotten und dem aufkommenden Technikwahn) verströmt.
Ich habe mich immer gefragt, ob es tatsächlich Männer (oder Frauen...) gibt, die Linda Hamilton als attraktiv bezeichnen würden - nachdem man sie mit einem regelrechten Wischmob an Haaren auf dem Haupt am Anfang dieses Filmes betrachtet hat, mag ich dies eben mehr in Abrede stellen...
Neben Frau Hamiltons Frisur fällt außerdem etwas negativ auf, dass ein nach einem Wunderwagen betitelter Film, eben jenes Gefährt relativ selten in Aktion zeigt, soll heißen: eine weitere Szene zusätzlich zu der Verfolgungsjagd zum Ende des Streifens hätte in meinen Augen den Film weiter aufgewertet, stattdessen gibt's eine Schlägerei mit Rasiermesser - was ja auch nicht per se schlecht ist...

Fazit: Sehr unterhaltsamer 80er Hochglanzactioner ohne Substanz, dafür mit Wasserstoffantrieb!

Punktewertung: 7,25 von 10 Punkten

Montag, 13. August 2012

Was sind denn das für Geschichten?

Die Handschrift von Saragossa (Rekopis znaleziony w Saragossie)
PL 1965
R.: Wojciech Has

Worum geht's?: Die Napoleonischen Kriege. Ein Soldat findet auf der Flucht vor gegnerischen Truppen in einem Haus ein seltsames, dickes Buch mit wunderschönen Zeichnungen, welche ihn so in Besitz nehmen, dass er auch nicht von ihnen ablassen will, als feindlichen Soldaten ihn gefangen nehmen wollen.
Der Anführer des gegnerischen Trupps beginnt ebenfalls in der Handschrift zu lesen und muss erkennen, dass der Foliant von seinem Großvater Alfonse van Worden (Zbigniew Cybulski) handelt, einem Kapitän der wallonischen Wache, welcher die spanische Sierra Morena auf dem Weg nach Madrid durchquert, allerdings in Venta Quemada, einem Gasthaus in Nähe einer Hinrichtungsstätte auf einem Berg, haltmacht.
Hier begegnet er zwei islamischen Prinzessinnen (Iga Cembrzynska und Joanna Jedryka), die seine Cousinen sein wollen, versuchen ihn zu verführen und im Zuge fordern, er solle seinem christlichen Glauben absprechen, um sich mit ihnen vermählen zu können.
Nach einem Schluck aus einem Kelch, der aus einem menschlichen Schädel gemacht wurde, erwacht Alfonse jedoch unvermittelt unter den Galgen, an denen zwei berüchtigte Banditen baumeln: die Zoto Brüder.
Auf seinem weiteren Weg begegnet Alfonse einem Eremiten (Kazimierz Opalinski), der zusammen mit einem besessenen Ziegenhirten namens Pacheco (Francisek Pieczka) in einer Hütte haust.
Pacheco erzählt seine Geschichte und man erfährt, dass auch er von den beiden Prinzessinnen bezirzt wurde und in der Folge sogar sein Auge verloren hat.
Wieder auf seinem Weg in die große Stadt wird Alfonse von der Inquisition verhaftet, aber gleich darauf von den Prinzessinnen und den zuvor tot am Galgen baumelnden Zoto Brüdern befreit.
Als Alfonse in der Behausung der Schönheiten wieder einen Schluck aus dem Schädelkelch nimmt, erwacht er erneut unter den Galgen, diesmal mit einem jüdischen Kabalisten (Adam Pawlikowski) an seiner Seite zu dessen Schloss man aufbricht.
Bald werden sie von einem skeptischen Mathematiker (Gustaw Holoubek) begleitet, der zuvor von der Inquisition fast ebenfalls verhaftet wurde, weil diese ihn für den flüchtigen Alfonse hielten.
Im Schloss des Kaballisten angelangt, findet man sich dort schnell auf einer Festivität wieder, an der auch eine Gruppe Zigeuner teilnimmt.
Der Anführer des fahrenden Volks beginnt seine Geschichte zu erzählen, aus der viele weitere Geschichten entspringen, sich miteinander verzahnen und immer wieder Bezüge zur Gegenwart aufzeigen.
Nachdem der Zigeuner seine Geschichten (und die Geschichten in den Geschichten, welche nicht unbedingt von ihm selbst erzählt werden...) beendet hat, wird Alfonse zum Gasthaus Venta Quemada gerufen.
Er trifft die Prinzessinnen und einen Scheich, der ihm erklärt, dass seine Töchter nun von Alfonse schwanger wären und alles, was er zuvor erlebt hätte, sei ein ausgeklügeltes "Spiel" gewesen um Alfonses Charakter zu testen.
Dann erwacht Alfonse wieder unter dem Galgen - und alles scheint vielleicht erneut zu beginnen...

Wie fand ich's?: Mit einer Laufzeit von fast drei Stunden ist Has Verfilmung des Romans von Jan Potocki ein Mammutwerk, welches vom Zuschauer auch durchgesessen werden muss.
Angelegt als Geschichte, welche unzählige weitere Geschichten auf mehrfachen Ebenen gebiert, kann man der Erzählung mitunter nur schwer folgen und die oben stehende Synopsis beschränkt sich ledig auf den oberflächlichen Rahmen.
Gerade im kunstvoll verschachtelten zweiten Teil, der, durch eine Texttafel eingeläutet, nach der Ankunft im Schloss des Kabalisten beginnt, ist es dem Erstseher kaum möglich alle handelnden Personen sofort zu überblicken, geschweige denn, alle Bezüge zu verstehen.
Was haben wir hier also?
Ein Labyrinth von Geschichten, in dem der Zuschauer sich schnell verlieren kann, doch wenn er am Ende einen Ausgang erreicht, steht er wieder da, wo er am Anfang hineingekommen ist.
Das Grundthema scheint das Leben selbst zu sein; die Wahrheiten, die man zu kennen glaubt, sind für den anderen nur Hirngespinste. Es gibt verschiedene Ansätze das Dasein zu verstehen, den des Okkultisten, den des Skeptikers, den des Verliebten, den des Träumers und den des Fatalisten.
Alle finden ihren Weg, doch jeder, so wird am Ende des Films klar, muss sein eigenes Buch des Lebens schreiben. Dabei kann jeder vom anderen Lernen, der Jude ebenso vom Moslem, wie der Moslem vom Christen - und umgekehrt, natürlich.
Has Film glänzt neben dem tiefgründigen Inhalt auch mit fantastischen, detailreichen Sets und großartiger Fotografie und Vergleiche mit den bunten, lebensfrohen Episodenfilmen eines Pier Paolo Pasolinis, wie z. B. Il Decameron (I 1971 dt.: Decameron), dem ersten Teil seiner Trilogie des Lebens, drängen sich besonders für die liebeskomödienhafte zweite Hälfte auf.
In der Hauptrolle kann man den James Dean Polens, Zbigniew Cybulski, begutachten. Dieser spielte in Andrzej Wajdas Popiól i diament (PL 1958 dt.: Asche und Diamant) den jungen Rebellen und verstarb im Alter von 39 Jahren bei dem Versuch auf einen fahrenden Zug aufzuspringen.

Fazit: Ein ausuferndes Labyrinth voller wunderschöner Winkel, dessen Durchqueren ebenso ermüdent, wie unterhaltsam und erbaulich sein kann.

Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten

Sonntag, 12. August 2012

Süpermänner am Bosporus

3 Mighty Men (3 dev adam)
T 1973
R.: T. Fikret Uçak



Worum geht's?: Der Superganove Spider (ein Typ mit buschigen Augenbrauen im grün/roten Spidermankostüm) bedroht Istanbul.
Sein Plan beinhaltet solche feinen Elemente wie: Falschgeld, illegalen Kunsthandel, das Betreiben von Stripbars und das Berauben der Reichen bei Nacht.
Wer sich der Spinne in den Weg stellt, bezahlt mit seinem Leben; in der ersten Szene des Films wird einer jungen Dame mit einem Außenbootmotor nicht nur der Damenbart äußerst unsanft abrasiert...
Somit ist eines klar: Hilfe tut not!
Und wer könnte besser helfen als Captain America (Aytekin Akkaya) und El Santo (Yavuz Selekman)?
Zusammen mit der schönen Julia schlagen die beiden mondänen Träger kugelsicherer Unterwäsche in der Metropole auf, um der Polizei bei der Jagd nach dem Sadisten im Spinnenoutfit zur Hand zu gehen.
Es gelingt ihnen letztendlich das Netz der Verbrecher zu sprengen und Spidey samt Doppelgänger in die ewigen Jagdgründe zu schicken.


Wie fand ich's?: Spiderman, Captain America und Mexikos Nationalheld El Santo in einem Film? Aber ja!
Der Score des Streifens kommt zum Großteil von einem Diamonds Are Forever (UK 1971 R.: Guy Hamilton dt.: Diamantenfieber) Soundtrack? Sicher!
Keiner der drei Supermänner hat irgendwelche nennenswerte Superkräfte? Jau!
Einem Typen werden die Augen von zwei Hamstern rausgebissen, die durch eine am Kopf angebrachte Röhre scheu auf ihn zu tapsen? Klar!
Bierbäuche über Gürteln waren '73 bei Superhelden und -bösewichten durchaus aktuell? Auch das!
In einer Zeit und Gegend, in der das Urheberrecht noch keine Bedeutung hatte und weder Stan Lee noch Jack Kirby, geschweige denn der echte Santo namens Rodolfo Guzmán Huerta auch nur eine türkische Lira gesehen haben, konnte ein Film wie 3 dev adam entstehen.
Die ganze Action des Films besteht aus wilden (Kneipen-)Schlägereien, Herumgerenne und gelegentlichem an Autotüren während der Fahrt Rumhängen - da bietet selbst Alarm für Cobra 11 mehr!
Nicht, dass das alles keinen höchst absurden Charme hätte, aber man fragt sich, ob auch nur einer der Macher je einen Spidermancomic auch nur in der Hand gehabt hat.
Und was ausgerechnet Superwrestler El Santo hier zu suchen hat, ist mir auch ein Rätsel... Mich würde wirklich interessieren, ob diese Kunstfigur aus einem vollkommen anderen Teil der Welt in den frühen 70ern
irgendwelche Bedeutung für ein türkisches Kinopublikum gehabt hat.
Egal, hier wird geklaut, bis die Polizei kommt - selbst die Idee mit den Doppelgängern Spidermans stammt, neben dem bereits genannten Score, ebenfalls aus Diamantenfieber und man wundert sich, warum die Produzenten nicht auch noch einen James Bond Charakter eingebaut haben...


Fazit: Für Liebhaber von ganz schrägem Nah-Ost-Trash! Sagt nicht, ihr seit nicht gewarnt worden...

Punktewertung: Objektiv: 2 von 10 Punkten / Subjektiv: 5 von 10 - das Ganze hat eben doch extrem kultigen Unterhaltungswert...

Mittwoch, 8. August 2012

Ich glaub', ich Spinne...

Spider Labyrinth - In den Fängen der Todestarantel (Il Nido del ragno)
I 1988
R.: Gianfranco Giagni


Worum geht's?: Der Altertumsforscher Alan Whitmore (Roland Wybenga) wird auf Veranlassung seiner Uni nach Budapest gesandt.
Dort in Ungarn soll er sich mit einem Kollegen namens Roth treffen, der, wie einige andere Forscher in aller Welt, einer uralten Religion auf der Spur ist und deren Texttafeln entziffert.
Nun ist allerdings seit Wochen kein Report mehr in den USA angekommen und Whitmore soll nach dem Rechten sehen.
Tatsächlich findet er besagten Professor in einem Zustand stiller Panik vor, als ein schwarzer Ball durch ein Fenster geworfen wird, verschwindet der alte Mann gar gänzlich von der Bildfläche und Whitmore steht lediglich mit zwei Polaroids in den Händen da, die eine kleine mit Keilschrift beschriebene Tontafel zeigen und auf die außerdem der Name einer unbekannten Person geschrieben wurde.
Unterstützt durch Genevive (Paola Rinaldi), die attraktive Assistentin des Professors, und einquartiert in einem düsteren Hotel, welches von der seltsamen Frau Kuhn (Stéphane Audran) geleitet wird, macht sich Whitmore auf die Suche nach dem Mann, dessen Namen auf dem Rand der Fotos geschrieben steht.
Doch alles, was er findet, sind weitere Leichen und einen komischen, abgerissenen Kauz (William Berger), der ihn vor einem gefährlichen Spinnennetz warnt, welches die ganze Welt umspannt und in die Dunkelheit reißen will.
Als Whitmore erkennt, wie wahr diese Warnungen vor uralten Götzen sind, ist er bereits zu tief in besagtes Netz geraten - und die Spinne nähert sich bedrohlich...


Wie fand ich's?: Wer auf der Suche nach einer gelungenen Mischung aus Dario Argentos Okkulthorrorstreifen á la Suspiria (I/BRD 1977), bedrohlichen, alten Götzen à la H. P. Lovecraft und einer Atmosphäre, welche fast genau so auch in Polanskis The Ninth Gate (F/E/USA 1999 dt.: Die Neun Pforten) vorzufinden ist...
Bingo!
Willkommen zur Rezension des sträflicherweise relativ unbemerkten Filmdebüts Gianfranco Giagnis, welches eigentlich in einem Atemzug mit Werken Fulcis, Soavis und Argentos genannt werden sollte, aber eben nicht wird.
Dabei stammen die Special-fx von keinem Geringeren als Sergio Stivaletti, der ja bereits auch für zwei von den drei oben genannten Italogrößen gearbeitet hat und mit M.D.C. - Maschera di cera (I 1997 dt.: Wax Mask) 1997 selbst einen sehr netten Beitrag zum Horrorgenre ablieferte.
Vermutlich liegt aber die geringe Popularität des Films schlicht an der Tatsache, dass Giagni bis auf diesen Film keinen weiteren Beitrag zum Horrorgenre geleistet hat.
Tatsächlich hat er außer einem Drama namens Nella terra di nessuno mit Ben Gazzara in der Hauptrolle im Jahre 2001, einigen Dokus und ein Paar Folgen zweier TV-Serien nichts weiter abgeliefert, sodass sein Name wohl nur wenigen Eingeweihten bekannt sein wird.
Das möchte ich nun ändern und sage hier an dieser Stelle: jeder, der glaubt er habe jeden guten, italienischen Horrorstreifen der 80er gesehen, nur diesen noch nicht, hat nun eine neue Lebensaufgabe!
Was beginnt wie ein solider, düsterer, kafkaesker Okkultschocker, wandelt sich ab der Mitte in einen Monsterstreifen mit einigen recht blutigen Einfällen und gipfelt schließlich in ein albtraumhaftes Finale, dass nachwirkt.
Natürlich wird hier das Rad nicht neu erfunden, doch kann ich mir in der Tat sehr gut vorstellen, dass sich ein Roman Polanski hier einige Inspirationen zu seiner Reise durch die Neun Pforten geholt hat.
Nicht, dass er das je zugeben würde, wohlgemerkt...


Fazit: Geheimtipp für Freunde des okkulten Monsterfilms!

Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten

Sonntag, 5. August 2012

Absurdes aus dem Geheimarchiv

Tragic Ceremony (Estratto dagli archivi segreti della polizia di una capitale europea)
I/E 1972
R.: Riccardo Freda


Worum geht's?: Eine Reisegruppe, bestehend aus vier jungen Leuten, befindet sich nach einem Segeltörn auf dem Heimweg, als ihnen unterwegs der Sprit ausgeht.
An einer nahe gelegenen Tankstelle werden sie zunächst von einem zwielichtigen Tankwart (José Calvo) abgewiesen, aber durch die Anwesenheit der schönen Jane (Camille Keaton) erhalten die Twens doch noch etwas Treibstoff für die Weiterfahrt.
Dieser reicht allerdings nur bis zur nächsten Ecke und da ein Unwetter aufzieht beschließt man kurzerhand Unterschlupf in der Villa Alexander zu suchen.
Was unsere Helden nicht wissen: Lord (Luigi Pistilli) und Lady Alexander (Luciana Paluzzi) haben eine Schar gleichgesinnter Satansanhänger im Keller des Herrenhauses versammelt, um dem Herrn der Hölle ein Opfer darzubringen!
Natürlich ist Jane schnell als solches auserkoren, zumal sie eine verfluchte Perlenkette um den Hals trägt, welche ihr zuvor der verliebte Bill (Tony Isbert) galant vermacht hatte.
In letzter Sekunde gelingt es ihm dann sogar Jane auch noch vor den Teufelsanbetern zu retten, die Lady des Hauses zu erdolchen und aus der Villa mit den zwei restlichen Freunden im Schlepptau zu fliehen, als der Wahnsinn im Gewölbe der Villa um sich greift und einer Person mit einem Schwert der Kopf gespalten wird, eine weitere in einem Feuer verbrennt und ein weiterer Satanist aus unbekannten Gründen aus dem Fenster fällt (befindet sich das Gewölbe hier etwa im 2. Stock?)
Bill glaubt von nun an ein gesuchter Mörder zu sein und man flüchtet zunächst zu seiner reichen Rabenmutter (Irina Demick), wo die Freunde allerdings kurzerhand abblitzen und die Nacht somit in einem Ferienhaus verbringen müssen.
Doch sie haben das lauernde Böse aus der Villa Alexander mit sich gebracht und Jemand oder Etwas meuchelt von nun an einen nach dem anderen...


Wie fand ich's?: Dies ist bereits der zweite Film von Riccardo Freda (s. h.  http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/07/blutsauger-unterm-eiffelturm.html), welchen ich in meinem Blog bespreche.
War der zuvor von mir rezensierte I Vampiri (bei dem Freda nach einigen Drehtagen die Flinte ins Korn schmiss und die Regie an seinen Kameramann Mario Bava abgetreten hatte) noch größtenteils Gothic-Horror im klassischen Sinn, so kam Freda bei Estratto dagli... (der unglaublich lange Titel lässt sich mit Auszug aus dem Geheimarchiv der Polizei einer europäischen Hauptstadt übersetzen) nicht umher, starke Zugeständnisse an den Zeitgeschmack zu machen und den Film mit einigen sehr blutigen Gore-Effekten zu würzen, welche teilweise fast an seinen Kollegen Lucio Fulci erinnern.
So muß die Szene mit dem durch einen Schwerthieb geteilten Kopf, den Machern so gefallen haben, dass man diese in einem Rückblick zum Ende des Films gleich vier- bis fünfmal wiederholt zeigt.
Das Drehbuch, an dem der Vielfilmer Mario Bianchi maßgeblich beteiligt war, wirft dann auch fast alles zusammen, was den italienischen Exploitationfilm mal ausgemacht hat.
Neben etwas Teenie-/Liebesdrama (o. k. die Darsteller sehen alle eher nach Ende zwanzig bis Anfang dreißig aus - aber wen stört's?), einer für Freda annehmbaren Prise Gothic-Horror mit flackernden Kerzen im düsteren Anwesen der Satanisten, einer Messerspitze Nacktheit und dem oben bereits beschriebenen Blutschwall, findet sich hier auch der verhängnisvolle Hang zu unfreiwilliger Komik und hanebüchener Übertreibung.
Das z. B. die Nachrichten live aus den eigentlich abgesperrten Räumender Villa berichten (inklusive eines reißerisch gesprochenen Kommentars, der sogar Katja Burkhardt nicht über die Lippen käme) und dabei kurzerhand auch alle Einzelheiten zur Ermittlung ausplaudern ist schon mehr als unglaubwürdig.
Dass man aber tatsächlich von einer in der Küche liegen gelassener Wandergitarre auf eine mörderische Gruppe Hippies schließt und die Bluttat dann noch wenig geschmackssicher mit dem Massaker an Sharon Tate und ihren Gästen durch die Anhänger des Charles Manson vergleicht, ist ebenso lachhaft, wie das blau/grüne Make-up des toten Bill und die visionären Fähigkeiten eines Krankenhauspsychiaters, der ohne wirkliche Anhaltspunkte aus dem Stehgreif auf die Täter verweist und die Handlung noch mal für die ganz Dummen abschließend zusammenfasst.
Trotzdem kann man Fredas Spätwerk noch einen gutherzig-trashigen Unterhaltungswert anrechnen, wenn man über die offenkundigen Mängel großzügig hinwegsehen kann.


Fazit: Ein weiterer Altmeister bleibt zum Ende seiner Karriere etwas auf der Strecke. Etwas über Mittelmaß rangierender, blutiger Okkult-Trash für Freunde des Absurden.

Punktewertung: 5,5 von 10 Punkten

Freitag, 3. August 2012

Leeres Hotel im Fieberwahn

The Lady of the Lake (La donna del lago)
I 1965
R.: Luigi Bazzoni/Franco Rossellini


Worum geht's?: Nach einer Trennung sucht der deprimierte Schriftsteller Bernard (Peter Baldwin) das alte Hotel am See auf, einen Ort, an dem er seit seiner Kindheit oft seine Ferien verbracht hat.
Dort hatte er sich vor einem Jahr in die hübsche Bedienung Tilde (Virna Lisi) verguckt, welche er nun wiedertreffen möchte.
Doch nach seiner Ankunft: kein Zeichen von Tilde. Stattdessen erfährt er vom Hotelbesitzer (Salvo Randone), dass Tilde sich vor Kurzem vergiftet haben soll.
Vom ortsansässigen Fotografen (Pier Giovanni Anchisi) gibt es eine ganze Verschwörungstheorie obendrauf: Tilde soll, wie auf einem kurz vor ihrem Tod entstandenen Dia gut erkennbar, schwanger gewesen sein, obwohl der Bericht des Gerichtsmediziners angibt, sie sei noch Jungfrau gewesen.
Dabei hatte Bernard sie doch bei seinem letzten Aufenthalt im Strandhotel beim Liebesspiel mit einer ihm unsichtbaren Person beobachtet - vielleicht beim Akt mit ihrem Mörder?
Zusammen mit dem Fotografen macht sich der immermehr von Grippesymptomen geschüttelte Schriftsteller auf die Suche nach der Wahrheit.


Wie fand ich's?: Luigi Bazzoni hat in seinem Leben nur wenige Filme realisiert, doch die, die uns der am 1. März diesen Jahres Verstorbene hinterlassen hat, haben teilweise bei Genrefans schon lange Kultstatus erreicht.
Neben einer kaum bekannten fünfteiligen Dokumentation über Rom und zwei Italo-Western (darunter die ungewöhnliche Carmen-Adaption L'uomo, l'orgoglio, la vendetta (I/BRD 1968 dt.: Mit Django kam der Tod), spreche ich vor allem über die drei mehr als gelungen zu bezeichnenden Gialli: den hier besprochenen  La donna del Lago, den stylishen Giornate nera per l'ariete (I 1971 dt.: Ein Schwarzer Tag für den Widder), sowie den bedrückenden Le Orme (I 1975 mit Mario Fanelli dt.: Spuren auf dem Mond).
Alle drei Beiträge zum italienischen Thrillergenre sind dabei als höchst eigenständig und visuell unterschiedlich zu bezeichnen.
So beginnt La donna del Lago eher wie ein Drama um einen jungen Intellektuellen, der versucht einer gescheiterten Beziehung zu entfliehen und Heil in Kindheitserinnerungen und einer möglichen neuen Liebschaft einer attraktiven Kellnerin sucht. Nur das unaufhörliche Winseln des Winds und das in Schwarz/weiß noch bedrückender wirkende, fast menschenleere Hotel erinnern den Zuschauer anfangs daran, dass er es hier mit einem Psychothriller zu tun hat.
Bazzoni unterstreicht den psychologischen Aspekt seiner Geschichte durch die Verwendung von Voice-over Monologen, welche der Figur Bernards weitere Tiefe verleihen und für den Giallo eher eine Ausnahme darstellt.
Die Story, an der neben Bazzoni, seinem Co-Regisseur Franco Rossellini (ein Cousin Isabella Rosselinis) u. a. auch Giulio Questi beteiligt war, der mit La morte ha fatto l'uovo (I 1968 dt.: Die Falle) ebenfalls einen ungewöhnliche, aufsehenerregengen Giallo gedreht hat, ist für das Genre relativ simpel gehalten, besonders, wenn man ihn mit verschachtelteren Werken Bavas, Argentos oder Martinos vergleicht.
Trotzdem finden sich in La donna del lago neben der starken Neigung zum Drama, genug klassische Motive des Giallo, um den Film im Genre zu verorten zu können.
Als da sind z. B.: der unaufgeklärte Frauenmord, eine zum Detektiv werdende, aussenstehende Person, ein in der Vergangenheit liegendes Geheimnis und nicht zuletzt das Element des Wahnsinns. 
Dass Bazzoni teilweise unvermittelt von einer Szene zur anderen springt, Träume und Gedanken in die Handlung einfügt und mit Überbelichtung und starken Kontrasten bei seiner schwarz/weiss-Fotografie arbeitet (was dem Film auch einen gehörigen Schub in die Gefilde des Film noir gibt), lässt den fiebrigen Zustand des Protagonisten zusätzlich greifbar werden und gibt eine Erklärung für die Tatsache, dass der Zuschauer höchst wahrscheinlich schneller dem oder den Tätern auf die Schliche kommt als Bernard.


Fazit: Erneut eine nie in Deutschland veröffentlichte Perle des Genres. Ein absoluter Geheimtipp für Connaisseure!

Punktewertung: 8 von 10 Punkten