Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 22. Februar 2013

Von der Verwahrung und der Ehre des Menschen

Titicut Follies
USA 1967
R.: Frederick Wiseman

Worum geht's?: Die späten 60er. Eine Haftanstalt für kriminelle Geisteskranke in Massachusetts.
Täglich gehen die Wärter ihrer Routine nach.
Wir sehen einen nackten Insassen, der durch die ständig wiederholten Fragen eines Wachmanns noch weiter in seine Krankheit getrieben wird.
Wir sehen einen Insassen, der vom Anstaltsarzt mit geradezu lässiger Routine über eine Nasensonde zwangsernährt wird.
Wir sehen die Wärter über "wieder mal" einen Selbstmord reden.
Wir sehen Insassen bei einer Bühnenshow, verunsichert und unwohl, lustige Lieder singen, während ein Wärter sich wie ein jovialer Löwenbändiger aufführt, der unlustige Witzchen in den Pausen erzählt.
Wir sehen einen erbärmlichen, geständigen Triebtäter, einen ignoranten, gelangweilten Arzt, der seinen Patienten nicht ernst nimmt, einen ständig vor sich hinbrabbelnden Kranken mit politischer Meinung und eine Beerdigung, die auch nur eingeübte, gefühllose Routine ist.

Wie fand ich's?: Wenn eine seriöse Dokumentation durch einen kurzfristigen Gerichtsbeschluss von der Aufführung abgehalten werden soll, kann man in der Regel davon ausgehen, dass hier etwas ganz brisantes auf Zelluloid gebannt wurde.
Kurz bevor Titicut Follies 1967 beim New York Film Festival gezeigt werden sollte, versuchte ein Gericht die Vorführung zu verhindern, indem man auf eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der gezeigten Insassen hinwies.
Zwei Jahre später bekam der Regisseur das Recht zugesprochen seinen Film einem ausgewählten Publikum aus Anwälten, Ärzten, Studenten und Sozialarbeitern zu zeigen.
1991, fast fünfundzwanzig Jahre nach der Fertigstellung des Films, wurde der Film doch noch für ein breites Publikum zugelassen, weil nach so langer Zeit die Redefreiheit einen höheren Stellenwert einnehmen würde, als die Rechte mitunter längst verstorbener Anstaltsinsassen.
Ein weiteres Jahr später, am 4. September 1992, wurde der Film dann tatsächlich erstmals im US-Fernsehen ausgestrahlt.
Dabei verzichtet Wiseman auf einen wertenden Kommentar, lässt seine Bilder gänzlich für sich selbst reden.
Auch der Schnitt versucht nicht allzu aufdringlich Assoziationsketten herbeizuführen, wie dies heute die Regel ist, man sehe sich zum Vergleich u. a. die Filme eines Michael Moore an.
Eine nachträglich eingefügte musikalische Untermalung findet man hier ebenfalls nicht, stattdessen filmte Wiseman seine Protagonisten beim Singen oder Musizieren, was zu einer ganzen Reihe von ungestellten, ergreifenden Szenen führte, wie der oben beschriebenen Bühneshow.
Bis heute ist Wiseman als umtriebiger Dokumentarfilmer tätig und hat dabei immer ein Auge für soziale Missstände und interessante Milieus bewiesen. Zweimal verlies Wiseman jedoch sein gewohntes Terrain und drehte experimentelle Einpersonendramen, Seraphita's Diary (USA 1980) und La dernière lettre (USA/F 2002), welche allerdings aufgrund ihres Verzichts auf Requisiten und ihres Fokus auf einer einzigen Darstellerin eine starke Nähe zu Wisemans sonstigen Arbeiten aufweisen.
Titicut Follies zählt zusammen mit dem Nachfolgefilm High School (USA 1968) zu seinen besten Werken und zu den sehenswertesten Dokumentationen ihrer Zeit.

Fazit: Schockierend, aufwühlend und wichtig. Ein Muss für jeden Freund provokanter Dokukost!

Punktewertung: 9,25 von 10 Punkten

Dienstag, 12. Februar 2013

Der große Knall

Die Nacht der Entscheidung (Miracle Mile)
USA 1988
R.: Steve De Jarnatt

Worum geht's?: Als der junge Musiker Harry (Anthony Edwards) endlich in einem Museum die Frau seiner Träume (Mare Winningham) trifft, glaubt er, den großartigsten Tag seines Lebens zu erleben.
Er verabredet sich mit seiner Julie, sie des Nachts von ihrem Job in einem Diner abzuholen, verschläft aber aufgrund eines selbstverursachten Stromausfalls das heiß ersehnte Date.
Bei seinem drei Stunden verspäteten Eintreffen, trifft er zwar seine Flamme nicht mehr an, beantwortet jedoch einen Anruf an der nahegelegenen Telefonzelle.
Ein junger Soldat, der scheinbar seinen Vater in einem anderen Bundesstaat sprechen möchte, teilt Harry in Panik mit, dass man bereits dabei ist, einen Nuklearkrieg zu beginnen und schon in etwa siebzig Minuten mit dem Gegenschlag rechnen könnte.
Verstört berichtet Harry den Nachtschwärmern und Frühaufstehern im Diner von dem Gespräch, und als eine Businesslady namens Landa (Denise Crosby) nach einigen schnellen Telefonaten Harrys Aussage unterstützt, ergreifen die meisten Kunden in einem Truck die Flucht.
Man verabredet sich zu einem Treffen am Heliport eines nahen Hochhauses und plant gar bereits die Flucht zum Südpol, doch Harry will nur eines: seine Julie vor dem Atomschlag retten.
Verzweifelt sucht er auf Los Angeles Miracle Mile nach der Frau, mit der er doch den Rest seiner Tage verbringen wollte...

Wie fand ich's?: Gekonnt mischt dieser Film mehrere Genres des Unterhaltungsfilms, bis er in einer anrührenden Schlussszene wortwörtlich explodiert.
Nach der romantischen, leichten Komödie, wie sie die 80er zahlreich produzierte (so z. B. auch in Pretty in Pink [USA 1986 R.: Howard Deutch]), bietet Miracle Mile Action, (Familien-)Drama und Katastrophenfilm, bis er auf ein Ende zusteuert, welches man nach dem arg süßlichen Anfang so wohl nicht vermutet hatte.
Wahrscheinlich war es gerade dieses böse Ende, welches dem Film die kläglichen Einspielergebnisse von einer Million Dollar bescherte - gekostet hatte er ca. das drei- bis vierfache.
Vom Studiosystem enttäuscht und mitunter gar als Kassengift gebrandmarkt, sollte sich Steve De Jarnatt bis heute nur noch als gelegentlicher Regisseur bei TV-Serien umtun.
Miracle Mile war sein zweiter und bislang letzter Kinofilm.
Trotzdem hat sich dieser ungewöhnliche Film eine gewisse Kultgemeinde erarbeitet, was durchaus für die Qualität des Streifens spricht.
Zehn Jahre lang lag das Drehbuch auf den Tischen der Filmkonzerne herum, bis Autor und Regisseur De Jarnatt sein Script von Warner Brothers zurückkaufte und den Film mit Geldern eines britischen Produzenten doch noch selbst realisieren konnte.
Für die Hauptrolle besetzte man Anthony Edwards, der zwei Jahre zuvor im Hit der Saison Top Gun (USA 1986 R.: Tony Scott) in der Nebenrolle des "Goose" zu sehen war.
An seine Seite stellte man die drei Jahre ältere Mare Winningham, die zuvor in dem ebenfalls sehr erfolgreichen Liebesdrama St. Elmo's Fire (USA 1985 R.: Joel Schumacher) als Co-Mitglied des sogenannten Brat Packs mitgewirkt hatte, und die 1990 für ihre Rolle der Julie in Miracle Mile von den Indiependent Spirit Awards als beste Nebendarstellerin nominiert war.
In einer kleineren Nebenrolle werden Fans der Serie Star Trek: The Next Generation (USA 1987-1994) Denise Crosby alias Lt. Tasha Yar als toughe Geschäftsfrau Landa entdecken.
Die sphärische Musik stammt (einmal mehr) von der deutschen Elektrolegende Tangerine Dream.

Fazit: Gelungener Genremix mit dem Gefühl der 80ies. Zuckersüß am Anfang, herb in der Mitte, bitter im Ende.

Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten

Montag, 11. Februar 2013

Unter dem Deckmantel des Glaubens

Die Teufel (The Devils)
GB 1971
R.: Ken Russell


Worum geht's?: Der machtgierige Kardinal Richelieu (Christopher Logue) greift nach Südfrankreich um mithilfe des dekadenten Königs Louis XIII (Graham Armitage) sein Einflussgebiet zu vergrößern.
In der strategisch wichtigen Stadt Loudun, welche ohnehin gerade mit der Bedrohung der Beulenpest kämpft, hat der charismatische Pater Grandier (Oliver Reed) sowohl Katholiken wie Protestanten hinter sich gescharrt.
Dem Kardinal ist bewusst, dass Grandier ihm im Weg steht und greift zu seinem mächtigsten Wergzeug: der heiligen Inquisition.
Da Grandier kein Kind von Traurigkeit ist und die Nonnen des Klosters von Loudon sich eh ständig am Rande der Hysterie befinden, finden sich schnell Ansatzpunkte für den diabolischen Inquisitor Barre (Michael Gothard), der sich zunächst der buckligen Oberin Schwester Jeanne (Vanessa Redgrave) annimmt, welche sich seit langer Zeit nach dem maskulinen Grandier verzehrt.
Mit der weiteren Hilfe des reichen Herrn Trincant (John Woodvine), dessen Tochter glaubt von Grandier geschwängert worden zu sein, spinnt man ein immer engeres Netz um die einzigen Personen in Loudon, welche kein bigotter Heuchler ist.
Wird es Grandier gelingen, aus den skrupellosen Fängen der kirchlichen Teufel zu entkommen?

Wie fand ich's?: Oliver Reed war nie besser als in The Devils. Punkt.
Ken Russel hat nie einen besseren Film gedreht als diesen und es ist eine Schande, was in seinen letzten Lebensjahren aus seiner Karriere geworden war. Punkt.
Michael Gothard, den einige Leser vermutlich als Killer Locque aus dem Bondfilm For Your Eyes Only (UK 1981 R.: John Glen dt.: James Bond 007 - In tödlicher Mission) kennen, spielt den Gift und Galle spuckenden Inquisitor mit solchem Verve, das dahinter erst mal alle anderen Darsteller verblassen. Punkt.
Warner Bros. hat sich lange bitten lassen, dieses Skandalwerk aus seinem Giftschrank zu befreien und es einer breiteren Öffentlichkeit zukommen zu lassen.
2010 warf man dann ausgerechnet in Spanien eine gekürzte DVD auf den Markt, welche neben der berüchtigten Rape-of-Christ-Szene noch einige weitere Schnitte aufzuweisen hatte und scheinbar sonderbar schnell out-of-print ging.
Im März 2012 wagte es sich dann endlich das British Film Institute die britische Kinofassung innerhalb einer tollen DVD-Edition zu veröffentlichen. Diese Fassung stellt die englische X-rated-Fassung des Films dar, welche eine längere Lauflänge als die spanische Fassung hat, aber die Rape-of-Christ-Szene fehlt noch immer, eben jene provokante Szene in der Nonnen eine Jesusstatue bei einer Orgie missbrauchen.
Der Film gewinnt weitere Wucht durch den Umstand, dass der Film auf historische Tatsachen basiert und die hier gezeigten Gräuel tatsächlich stattgefunden haben. Dabei bedient sich Russells Drehbuch des Romans The Devils of Loudoun von Aldous Huxley sowie dessen Bühnenadaption von John Whiting als Vorlagen.
Natürlich finden sich außerdem in The Devils alle Markenzeichen, die Ken Russell als Filmemacher ausmachten. Da ist die symbolhafte Bildsprache, die unkonventionelle Beleuchtung und die gekonnte Verquickung von Bild und Ton, wobei man gerade auch Peter Maxwell Davies großartigen Score beachten sollte, der Mann gilt nicht umsonst als einer der bedeutendsten, lebenden, britischen Komponisten.
Für das extravagante Setdesign war der Künstler und Filmregisseur Derek Jarman verantwortlich, der die futuristisch anmutenden Bauten entwarf und mit Russell ein Jahr später auch an dessen Biopic Savage Messiah (GB 1972) über den französischen Bildhauer Henri Gaudier-Brzeska mitarbeitete. Jarman setzte sich zeit seines Lebens aktiv für die Rechte Homosexueller ein und verstarb 1994 an AIDS.
Oliver Reed, der ewige Macho vom Dienst, hatte bereits 1969 mit Ken Russell Women in Love (GB 1969 dt.: Liebende Frauen) gedreht (in dem er mit Alan Bates nackt vor einem Kaminfeuer ringt) und sollte später von seiner Rolle als Urbain Grandier in The Devils sagen, dass dies die wohl beste "Performance" seiner Karriere gewesen sei.

Fazit: Eine inhaltlich ebenso wie visuell beeindruckende Abrechnung mit Aberglaube, Frömmelei und Bigotterie. Ein garstiges Monster von einem Film.

Punktewertung: 9,5 von 10 Punkten

Freitag, 8. Februar 2013

Idyll mit kleinen Unschuldsengeln

Innocence
B/F/UK/J 2004
R.: Lucile Hadzihalilovic


Worum geht's?: Ein Mädcheninternat umgeben von einer hohen Steinmauer, inmitten eines Waldes.
Neuankömmlinge werden in einem Sarg hereingebracht, Fluchtversuche werden grausam bestraft.
Die Älteren gehen des Nachts einer geheim gehaltenen Arbeit nach: sie tanzen ein unschuldiges Ballet vor einem unsichtbaren Publikum.
Die einzigen Erwachsenen innerhalb des Schulsystems sind zwei junge Lehrerinnen (Marion Cotillard und Hélène de Fougerolles), welche sich ständig am Rande einer schweren Depression befinden und zwei alte, gebrechliche Frauen, die für die Kinder kochen.
Einmal im Jahr erscheint die joviale Direktorin (Corinne Marchand) und wählt eines der Mädchen aus, das Internat vorzeitig zu verlassen. Alice (Lea Bridarolli) wünscht sich nichts lieber, als dieses Mädchen zu sein.
Bianca (Bérangère Haubruge) wird bald das Alter erreicht haben, an dem man die Schule verlassen muss.
Was erwartet die Mädchen jenseits des hohen Walls ?
Welche Geheimnise lauern in den feuchten Tunneln unter den Gebäuden?
Ist die Schule eine verwunschene Zuflucht jenseits der Zeit oder ein bedrohliches Gefängnis voller Unheil?

Wie fand ich's?: Regisseurin Lucile Hadzihalilovic widmet diesen Film im Abspann ihrem Kollegen Gaspar Noé, an dessen Filmen Carne (F 1991), Seul contre tous (F 1998 dt.: Menschenfeind) sowie Enter The Void (F/BRD/I/CAN 2009) die junge Frau zuvor mitgearbeitet hatte.
Anders als ihr Kollege Noé verzichtet Hadzihalilovic aber auf allzu provokante Szenen oder den Einsatz von quillenden Körperflüssigkeiten. Stattdessen setzt man bei Innocence auf visuelle Brillanz (die Kamera bediente Benoît Debie, der dies auch für Noé bei Irréversible [F 2002] tat) und eine verstörende Atmosphäre unterstützt durch einen eigentümlichen Score.
Der Film basiert auf einem Romanfragment des deutschen Dramatikers Frank Wedekinds (*1864, †1918) namens Mine-Haha oder über die körperliche Erziehung der jungen Mädchen, welches 1903 veröffentlicht wurde und in dem Wedekind einmal mehr seiner Wut über repressive Erziehung und unterdrückte Sexualität Luft machte, wie er es auch bereits 1891 in seinem bekannten Drama Frühlings Erwachen tat.
Wie Wedekinds Novelle lässt auch Innocence verschiedene Deutungsmodelle zu. So kann man in dem Film sowohl einen deprimierenden Horrorfilm sehen, wie auch eine subtile Satire oder eine surreale Farce.
Das Cover der britischen DVD von Artificial Eye vergleicht den Film mit einer Mischung aus Bunuel, Angela Carter und Enid Blyton, wobei mir persönlich gerade das Enid-Blyton-Element etwas zu kurz kommt.
Das Drehbuch wechselt zweimal im Laufe der Handlung seine zentrale Hauptfigur und macht es dem Zuschauer so etwas schwer, sich mit einem der jungen Mädchen zu identifizieren (erst recht, wenn noch der Geschlechtsunterschied zusätzlich im Wege steht), außerdem vermisste ich schlussendlich dann doch etwas den großen Aha-Effekt.
So bekommt man zwar einen wunderbar fotografierten Film voller erinnerungswürdiger Szenen, der aber leider am Ende doch etwas zu wenig aufregend daherkommt und sein Publikum beim zweiten Sehen auch nicht mehr über die etwas unnötig lange Laufzeit von fast zwei Stunden hinwegtäuschen kann.
Interessanterweise entstand bereits ein Jahr nach Innocence eine zweite Verfilmung des Wedekind Stoffs mit dem Titel The Fine Art of Love: Mine Ha-Ha (I/GB/CZ 2005). Dieses Werk des Briten John Irvin zeigt Jaquelline Bisset als Schulleiterin und harrt wie sein Vorgänger ebenfalls einer deutschen DVD-Veröffentlichung.

Fazit: Ebenso faszinierend wie diskussionswürdig. Trotzdem hätten ruhig gut zehn bis zwanzig Minuten der Schere zum Opfer fallen dürfen.

Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten

Dienstag, 5. Februar 2013

Diese steinerne Feste wurde geschliffen...

Die unheimliche Macht (The Keep)
GB 1983
R.: Michael Mann

Worum geht's?: 1941 in den Karpaten.
Ein Trupp deutscher Soldaten unter der Leitung des abgeklärten Hauptmanns Woermann (Jürgen Prochnow) besetzt eine steinerne Festung nahe eines Gebirgspasses.
Innerhalb des sonderbaren Baus befinden sich viele in die Wand eingelassene Metallkreuze, welche die Begierlichkeiten der Besatzer wecken.
Als zwei Wehrmachtssoldaten ein Kreuz mitsamt dem dahintersitzenden Steinblock aus der Wand ziehen, besiegeln beide nicht nur ihr vorzeitiges Ende, sondern entfesseln ein jahrelang in der Mitte der Festung gefangenes Böse.
Als immermehr Soldaten diesem Schrecken zum Opfer fallen, rückt eine SS-Einheit unter der Leitung des sadistischen Major Kaempffer (Gabriel Byrne) in das Bergdorf ein und fordert sofort zahlreiche Opfer unter der Bevölkerung, da Kaempffer Partisanen für die Tode verantwortlich macht.
Als jedoch ein kryptisches Menetekel an einer Wand auftaucht, beschließt man den schwer kranken, jüdischen Fachgelehrten Dr. Cuza (Ian McKellen) mitsamt seiner Tochter Eva (Alberta Watson) hinzuzuziehen, obwohl beide gerade deportiert werden sollen.
Doch nicht nur die Cuzas machen sich geschwind auf den Weg zur Feste, nein, auch ein geheimnisvoller Mann mit seltsamen Augen (Scott Glenn) macht sich von Griechenland gen Rumänien auf, seine uralte Aufgabe nun zu erfüllen.

Wie fand ich's?: The Keep ist keine Festung, es ist eine Ruine. Nachdem die Produktionsfirma ihre Scheren angesetzt hatte, blieb von einer ca. drei- bis vierstündigen Urfassung nur noch ein knapp 96 Minuten langer Torso über, welcher viele Handlungsteile nur noch rudimentär wiedergibt.
Dies hatte einen solchen Flop an den Kinokassen und bei der etablierten Kritik zur Folge, dass Regisseur Mann (spätestens seit seinem Erfolg Heat [USA 1995] mit Al Pacino und Robert De Niro jedem ein Begriff) dieses Werk offenbar erfolgreich bis heute verdrängt.
Weltweite Veröffentlichungen auf DVD oder gar Blu Ray lassen auf sich warten, und nur hin und wieder taucht The Keep irgendwo im Fernsehen auf, teilweise sogar mit einem anderen Ende gesegnet.
Deleted Scenes scheint es einige zugeben, und da sich mittlerweile eine kleine Kultgemeinde hinter diesem Film gesammelt hat, sind diese auch im Netz teilweise sehr gut dokumentiert.
Doch ein 210-minütiger Director's Cut wird wohl leider auf ewig ein unerfüllter Wunschtraum der Fans bleiben.
Was bleibt ist ein Fragment mit teilweise großartigem Setdesign, pompösen Lichteffekten, dem Einsatz von Tonnen an Trockeneis, einem etwas lächerlichen Monster und der wunderbaren, sphärischen Musik von Tangerine Dream, welche selbst so was wie eine Legende in sich bilden.
Tangerine Dream gelten neben Kraftwerk als absolut stilbildende, deutsche Pioniere der elektronischen Musik und es sorgte für absolutes Befremden bei ihren Anhängern, dass der sehr gesuchte Soundtrack zu The Keep erst 1997 veröffentlicht wurde und nur drei der sechzehn Titel im Film wiederzufinden sind.
Dies scheint die Theorie einer wesentlich längeren Urfassung zu bestätigen, zumal auch F. Paul Wilson, der Autor der gleichnamigen Romanvorlage, von einigen Szenen wissen will, welche sich so nicht mehr im Endprodukt befinden.
Was der interessierten Zuschauer heute noch zu sehen bekommt, ist ein etwas konfuser Film mit Schauspielern, welche sich teilweise ständig an der Grenze des Overacting befinden (besonders Ian McKellen scheint hier noch Meilen von seiner heutigen Kunstfertigkeit entfernt) und einem fahrigen Storyaufbau, der in seiner hastigen Geschwindigkeit eher an billige Comicverfilmungen erinnert.
Trotzdem ist Michael Manns Film ein gutes Beispiel für einen beinahe vollkommen mangelhaften Film, der trotzdem einen sonderbaren Charme ausstrahlt, den man nur schwer beschreiben kann.
Deshalb will ich hier dennoch eine klare Sehempfehlung für alle nun interessierten Leser geben - diese Festung birgt am Ende wohl doch mehr als nur Schall und Rauch...

Fazit: Ein von allen Beteiligten scheinbar nur noch zur völligen Zersetzung zurückgelassenes Projekt, das am Ende nur von einem zeugt: einer leider ungenutzte Chance, großes Unterhaltungskino mit tollen Bildern zu schaffen.

Punktewertung: 6,5 von 10 Punkten