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Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Dienstag, 5. Februar 2013

Diese steinerne Feste wurde geschliffen...

Die unheimliche Macht (The Keep)
GB 1983
R.: Michael Mann

Worum geht's?: 1941 in den Karpaten.
Ein Trupp deutscher Soldaten unter der Leitung des abgeklärten Hauptmanns Woermann (Jürgen Prochnow) besetzt eine steinerne Festung nahe eines Gebirgspasses.
Innerhalb des sonderbaren Baus befinden sich viele in die Wand eingelassene Metallkreuze, welche die Begierlichkeiten der Besatzer wecken.
Als zwei Wehrmachtssoldaten ein Kreuz mitsamt dem dahintersitzenden Steinblock aus der Wand ziehen, besiegeln beide nicht nur ihr vorzeitiges Ende, sondern entfesseln ein jahrelang in der Mitte der Festung gefangenes Böse.
Als immermehr Soldaten diesem Schrecken zum Opfer fallen, rückt eine SS-Einheit unter der Leitung des sadistischen Major Kaempffer (Gabriel Byrne) in das Bergdorf ein und fordert sofort zahlreiche Opfer unter der Bevölkerung, da Kaempffer Partisanen für die Tode verantwortlich macht.
Als jedoch ein kryptisches Menetekel an einer Wand auftaucht, beschließt man den schwer kranken, jüdischen Fachgelehrten Dr. Cuza (Ian McKellen) mitsamt seiner Tochter Eva (Alberta Watson) hinzuzuziehen, obwohl beide gerade deportiert werden sollen.
Doch nicht nur die Cuzas machen sich geschwind auf den Weg zur Feste, nein, auch ein geheimnisvoller Mann mit seltsamen Augen (Scott Glenn) macht sich von Griechenland gen Rumänien auf, seine uralte Aufgabe nun zu erfüllen.

Wie fand ich's?: The Keep ist keine Festung, es ist eine Ruine. Nachdem die Produktionsfirma ihre Scheren angesetzt hatte, blieb von einer ca. drei- bis vierstündigen Urfassung nur noch ein knapp 96 Minuten langer Torso über, welcher viele Handlungsteile nur noch rudimentär wiedergibt.
Dies hatte einen solchen Flop an den Kinokassen und bei der etablierten Kritik zur Folge, dass Regisseur Mann (spätestens seit seinem Erfolg Heat [USA 1995] mit Al Pacino und Robert De Niro jedem ein Begriff) dieses Werk offenbar erfolgreich bis heute verdrängt.
Weltweite Veröffentlichungen auf DVD oder gar Blu Ray lassen auf sich warten, und nur hin und wieder taucht The Keep irgendwo im Fernsehen auf, teilweise sogar mit einem anderen Ende gesegnet.
Deleted Scenes scheint es einige zugeben, und da sich mittlerweile eine kleine Kultgemeinde hinter diesem Film gesammelt hat, sind diese auch im Netz teilweise sehr gut dokumentiert.
Doch ein 210-minütiger Director's Cut wird wohl leider auf ewig ein unerfüllter Wunschtraum der Fans bleiben.
Was bleibt ist ein Fragment mit teilweise großartigem Setdesign, pompösen Lichteffekten, dem Einsatz von Tonnen an Trockeneis, einem etwas lächerlichen Monster und der wunderbaren, sphärischen Musik von Tangerine Dream, welche selbst so was wie eine Legende in sich bilden.
Tangerine Dream gelten neben Kraftwerk als absolut stilbildende, deutsche Pioniere der elektronischen Musik und es sorgte für absolutes Befremden bei ihren Anhängern, dass der sehr gesuchte Soundtrack zu The Keep erst 1997 veröffentlicht wurde und nur drei der sechzehn Titel im Film wiederzufinden sind.
Dies scheint die Theorie einer wesentlich längeren Urfassung zu bestätigen, zumal auch F. Paul Wilson, der Autor der gleichnamigen Romanvorlage, von einigen Szenen wissen will, welche sich so nicht mehr im Endprodukt befinden.
Was der interessierten Zuschauer heute noch zu sehen bekommt, ist ein etwas konfuser Film mit Schauspielern, welche sich teilweise ständig an der Grenze des Overacting befinden (besonders Ian McKellen scheint hier noch Meilen von seiner heutigen Kunstfertigkeit entfernt) und einem fahrigen Storyaufbau, der in seiner hastigen Geschwindigkeit eher an billige Comicverfilmungen erinnert.
Trotzdem ist Michael Manns Film ein gutes Beispiel für einen beinahe vollkommen mangelhaften Film, der trotzdem einen sonderbaren Charme ausstrahlt, den man nur schwer beschreiben kann.
Deshalb will ich hier dennoch eine klare Sehempfehlung für alle nun interessierten Leser geben - diese Festung birgt am Ende wohl doch mehr als nur Schall und Rauch...

Fazit: Ein von allen Beteiligten scheinbar nur noch zur völligen Zersetzung zurückgelassenes Projekt, das am Ende nur von einem zeugt: einer leider ungenutzte Chance, großes Unterhaltungskino mit tollen Bildern zu schaffen.

Punktewertung: 6,5 von 10 Punkten