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Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Mittwoch, 10. April 2013

Mit Schwert und Schaft

Hanzo the Razor: Sword of Justice (Goyôkiba)
J 1972
R.: Kenji Misumi



Worum geht's?: Japan zur Edo-Zeit.
Hanzo Itami (Shintarô Katsu) ist der wohl härteste Cop der Stadt. Nicht nur hält er alle seine Vorgesetzten für korruptes Pack und verweigert so seit Jahren den Dienstschwur, nein, Hanzo foltert sich auch mal gerne selbst mit allerlei Geräten, um so seine eigenen Grenzen zu erforschen.
Als er von einem Straßendieb erfährt, dass es eine Verbindung zwischen einem entflohenen, ehemals verbannten Killer, dessen Maitresse und Hanzos ungeliebtem Vorgesetzten "Schlange" Onishi (Kô Nishimura) geben soll, ist der bullige Gesetzeshüter nicht mehr zu halten.
Zusammen mit seinen beiden loyalen Gehilfen, die er aus geläuterten Exkriminellen rekrutiert hat, macht Hanzo sich daran die schöne Lustdame zu entführen und auf seine ganz eigene Art zu befragen.
Diese sieht vor, die weibliche Delinquentin so lange mit seinem in Edo legendären Gemächt, nun ja, zu beglücken, bis die Dame danach beim Sake schlürfen im Dampfbad alle Einzelheiten ganz von selbst ausplaudert.
Was der harte Bursche dann tatsächlich entdeckt, ist ein Komplott, dessen Aufklärung ihn in die höchsten Kreise der Regierung führt.

Wie fand ich's?: Hier ist er also, der Start einer, bei hartgesottenen Asien-Filmfans schon lange legendären, Filmtrilogie, welche so in ihrem Genre ihresgleichen sucht.
Um welches Genre es sich hier allerdings genau handelt, ist vermutlich strittig, setzt sich Goyôkiba aus Motiven des Chambara (klassischer Samuraifilm), Pinku eiga (Erotikfilm) und des amerikanischen Copthrillers a la Dirty Harry (USA 1971 R.: Don Siegel) zusammen. Durch den funkigen Soundtrack fühlt man sich zuweilen sogar an den zur gleichen Zeit in den USA sehr erfolgreichen Blaxploitationfilm erinnert.
Goyôkiba spart dabei nicht an blutiger Action und der Darstellung sonderbarer S/M-Praktiken. Besonders erwähnenswert ist zudem der Versuch den Protagonisten als hehren Gerechtigkeitsfanatiker mit Hang zum Flagellantentum darzustellen, ihn aber bei der Pflichtausübung auch zum Mittel der Vergewaltigung als Verhörmittel greifen zu lassen.
Diese Form der Misogynie schockt noch heute und gibt dem Film trotz des Verzichts auf allzu explizite Bilder mithin einen extrem herben Beigeschmack, was so in der Art im Unterhaltungsfilm des westlichen Kinos kaum denkbar gewesen wäre.
Ob man den Film nun aufgrund dessen schon a priori ablehnt, muss jeder Zuschauer am Ende mit sich selbst ausmachen, doch gibt es in diesem Film auch noch sehr schöne Kameraarbeit, großartige Darsteller und eine ergreifende Schlussepisode zu sehen, in der Hanzo zwei Kindern, deren Vater im Sterben liegt, aus einem moralischen Dilllemma hilft.
Wahrlich, dieser Streifen ist harter Tobak, in dem auch das Blut zeitweise meterweit spritzt und ist somit sicher nicht für jedermann geeignet, doch für Freunde des asiatischen Films ist er allein schon aufgrund seiner ungewöhnlichen Themenvielfalt interessant.
Unter der oberflächlichen Schicht aus Sexploitation und Gewalt lauert nämlich ein bittere, sozialkritischer Unterton, der Korruption, Amtsfilz und die Dekadenz der Reichen und Mächtigen anprangert.
Hauptdarsteller Shintarô Katsu (*1931; †1997) ist in Japan als blinder Masseur Zatoichi zum Star geworden, eine Rolle, die Katsu 26-mal im Kino verkörperte und die er ebenfalls in eine erfolgreiche Fernsehserie übertrug. Sein Privatleben hingegen war geprägt von schweren Alkohol- und Drogenproblemen, die ihn mehrfach hinter Gittern und sogar um die Rolle des Masahiro in Black Rain (USA 1989 R.: Ridley Scott) brachte.
Katsus älterer Bruder Tomisaburô Wakayama war Star der ebenfalls viel beachteten Kozure-Ōkami-Filmreihe (J 1972-1974 engl.: Lone Wolf & Cub) bei der ebenfalls Kenji Misumi die Regie übernahm und Bruderherz Shintarô an der Produktion beteiligt war.
Gleiches gilt für die beiden Sequels: Goyôkiba: Kamisori Hanzô jigoku zeme (J 1973 R.: Yasuzô Masumura int.: Hanzo the Razor: The Snare) sowie Goyôkiba: Oni no Hanzô yawahada koban (J 1974 R.: Yoshio Inoue int.: Hanzo the Razor: Who's Got the Gold?) bei denen Katsu unter der Leitung zweier anderer Regisseure sowohl seine Rolle als Hanzo Itami wie auch als Produzent wieder aufnahm.

Fazit: Hart, blutig und politisch besonders unkorrekt. Japanisches Machokino mit ungewöhnlichem Antihelden.

Punktewertung: 7,5 von 10 Punkten