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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 17. Mai 2013

Geheimnisse, die leider keine sind...

Il dolce corpo di Deborah (Der schöne Körper der Deborah)
I/F 1968
R.: Roberto Guerrieri
 
Worum geht's?: Das frischverheiratete Paar Deborah (Carroll Baker) und Marcel (Jean Sorel) verbringen die Flitterwochen u. a. auch in Genf, der Stadt, in der Marcel eine lange Zeit seines Lebens verbracht hat.
Dort treffen die beiden in einem Klub scheinbar zufällig auf Philip (Luigi Pistilli), einen alten Bekannten Marcels, der diesem in aggressivem Ton vorwirft, seine Exfrau Suzanne in mörderischer Absicht zum Selbstmord getrieben zu haben.
Das Pärchen ist schockiert über diese Neuigkeiten und begibt sich zur verlassenen Villa Suzannes, nur um dort einem geisterhaften Stück klassischer Musik aus unerklärlicher Quelle zu lauschen und eine noch glimmende, lippenstiftverschmierte Zigarette im Aschenbecher vorzufinden.
Als Deborah einen Telefonanruf entgegen nimmt und vom Anrufer mit dem Leben bedroht wird, verlassen beide schnell das leere Landhaus und begeben sich bald darauf von Genf nach Nizza, wo man sich ein Häuschen nimmt und zunächst alles wieder beim Alten zu sein scheint.
Doch ein zwielichtiger Nachbar (George Hilton) und sonderbare Vorfälle, welche alle an die tote Suzanne erinnern, holen schnell das Grauen ins Leben des jungen Glücks zurück...

Wie fand ich's?: Es gibt Filme, die kann man sich einfach nicht schönsehen.
So muss ich, selbst als knallharter, langjähriger Fan des Genres, mir (und Ihnen) eingestehen, dass ich dem schönen Körper der Deborah, trotz aller guten Rezensionen anderer Orten, leider kaum etwas Positives abgewinnen kann.
Sicher, Carroll Baker hatte einen schönen Körper, was sie auch in zahlreichen Filmen durchaus immer wieder bewies, und klar, Jean Sorel, der auf mich immer etwas wie ein Alain Delon für Arme wirkt, hat in einigen bedeutenden Klassikern (nicht nur) des Giallo mitgespielt...
Doch was der eh nicht übermässig bekannte Romolo Guerrieri aus der Story Ernesto Gastaldis hier macht, ist einfach nur extrem langweilig und vorhersehbar.
Gastaldi war bis zum Ende der 90er Jahre einer der meistbeschäftigten Drehbuchautoren italienischer Genre(fein-)kost und hat solche Kaliber wie Lo strano vizio della Signora Wardh (I/E 1971 R.: Sergio Martino dt.: Der Killer von Wien) oder La corta notte delle bambole di vetro (I/BRD/YU 1971 R.: Aldo Lado dt.: Malastrana) herausgehauen, doch leider ist sein Il dolce corpo di Deborah nur eine lang gezogene Ansammlung von Motiven, welche man so bereits in Hitchcocks Rebecca (USA 1940) und einem anderen britischen Klassiker der 40er Jahre findet, wobei letzterer bereits vier Jahre nach seiner Veröffentlichung ein noch bekannteres und erfolgreicheres Remake in den USA nach sich zog (da ich Spoiler hasse, überlasse ich es dem Leser NACH der Ansicht des Filmes sich selbst Gedanken über die Titel zu machen).
Dann gibt es da noch einen oft gezeigten Hollywoodfilm aus dem Jahr 1960, der ebenfalls die gleiche Grundidee aufweist...
Nicht, dass man gute Ideen nicht auch mehrfach verwenden könnte, doch ist die Auflösung hier so offensichtlich, dass sich bei mir nur umsomehr Langeweile breit machte, je mehr ich meine Annahme bestätigt sah.
Denn leider bietet nicht nur das Drehbuch nichts Neues, nein, auch aufseiten der Regie kann man nur von einer soliden Leistung sprechen, die sich nur sehr selten mit guten Einfällen hervortut.
Wer im schönen Körper der Deborah also einen stylishen, frühen Giallo sehen möchte, wird mitunter schwer enttäuscht, zumal die ganz klassischen Genreelemente des Giallo (Frauenmörder in Hut und Mantel, tötet Damen mit Hieb- oder Stichwaffe und wird von der Polizei oder einem Außenstehenden zur Strecke gebracht) hier ebenfalls fehlen.
Der Film nimmt erst in seinen letzten dreißig Minuten an Fahrt auf, doch nur um sich dann noch einige Logiklücken zu erlauben (warum wartet man z. B. solange mit dem Mordversuch, wenn man das gleiche, halb gare Ergebnis bereits hätte viel früher haben können??) und um auf das hier wenig spektakuläre, bekannte Ende zu zulaufen.
Gut, das Genre war nie ein Ort für die alles hinterfragenden Freunde von Folgerichtigkeit, Logik und Vernunft, wenn man aber seinem Film fast siebzig Minuten Anlauf nur für ein solches Resultat einräumt, sollte man sich schon einwenig einfallen lassen...
Der bereits frühere Spaghettiwestern- und spätere Gialloveteran George Hilton wirkt in seiner kleinen Rolle etwas unterfordert, aber es macht ja immer Spaß dem Herrn bei der Arbeit zuzusehen und seine Anwesenheit ist einer der wenigen Einträge auf der Habenseite des Films.
Überhaupt ist der hochwertige Cast noch das Beste an Guerrieris Film, dessen allerletzte Schlusspointe viel zu aufgesetzt wirkt, um beim Zuschauer Eindruck zu hinterlassen.
Dann lieber das großartige Ende in Lo strano vizio della Signora Wardh, welches mir ebenso im Gedächtnis blieb wie das des bereits ebenfalls oben genannten La corta notte delle bambole di vetro.
Genreneulinge sind mit diesen beiden Filmen m. E. auf jeden Fall zunächst weit besser beraten, als mit Il dolce corpo di Deborah, der für mich ganz klar zu den enttäuschenderen Produktionen aus der Feder Ernesto Gastaldis und aus dem Hause Lucino Martinos zählt, und Lucianos Bruder Sergio sehr viel sehenswertere Filme ablieferte.


Fazit: Wahrlich keine Perle seines Genres, schleppt sich der schöne Körper der Deborah vieeel zu spät über die Ziellinie! Für Fans der Besetzung aber wohl noch erträglich...

Punktewertung: 4,5 von 10 Punkten