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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Samstag, 14. September 2013

Wanderer der Betonwüste

Nomads (Nomads - Tod aus dem Nichts)
USA 1986
R.: John McTiernan



Worum geht's?: Eileen Flax (Leslie Ann Down) ist Ärztin in der Notaufnahme eines Krankenhauses im sonnigen L. A.
Eines Nachts reißt man die junge Frau während ihrer Rufbereitschaft aus dem Schlaf, da ein soeben eingelieferter Patient ihre sofortige Anwesenheit erfordert. Dieser ans Bett gefesselte, sich windende Leidende (Pierce Brosnan mit Vollbart und Akzent) hat zahlreiche Wunden am Körper und murmelt ständig mantraartig den gleichen Satz auf Französisch, ohne dass ihn jedoch jemand vom Klinikpersonal verstehen könnte.
Als Eileen sich über die geschundene Gestalt beugt, reißt diese sich plötzlich frei, beißt zu und wispert ihr noch etwas Kryptisches ins Ohr, bevor er daraufhin verstirbt. Verstört muss die Ärztin schon bald feststellen, dass sie nun wie unter Halluzinationen die letzten Tage ihres soeben dahingeschiedenen Patienten durchlebt.
Dieser war ein gerade erst in L. A. sesshaft gewordener französischer Anthropologe namens Jean Charles Pommier. Kaum hatte er mit seiner Gattin Niki (Anna Maria Monticelli) ein Haus in der City Of Angels bezogen, musste der Akademiker wenig zu seiner Freude feststellen, dass eine unheimliche Gruppe von Rockern ein sonderbares Interesse am neuen Domizil der Pommiers hat. Als diese Einfahrt und Garage mit Graffiti versehen und beunruhigende Zeitungsausschnitte zurücklassen, erkennt der auf Nomadenvölker spezialisierte Jean Charles schnell, dass seine Behausung für die in schwarzes Leder gewandeten Halbstarken so etwas wie ein morbider Schrein ist, in dem sich zuvor eine blutige Tragödie abgespielt hatte.
Mit seiner stets griffbereiten Kamera bringt sich der zwischen Furcht und Obsession hin und her gerissene Intellektuelle auf Fährte der in ihrem schwarzen Wagen schlaflos durch die Großstadt ziehenden Rockergruppe.
Schnell erkennt Pommier, dass er hier einer gänzlich unbekannten Form von Nomaden auf der Spur ist, die ein Geheimnis verbindet, welches schon bald nicht nur seine eigene Existenz, sondern auch die Leben seiner Frau und der mit ihm nun auf gespenstische Art verbundenen Notärztin bedroht.


Wie fand ich's?: Nomads ist das wenig beachtete Regiedebüt des Amerikaners John McTiernan, der zuvor bei unzähligen Werbespots Erfahrungen im Business gesammelt hatte, und Ende der 80er Jahre durch Erfolgsfilme wie Predator (USA 1987) und Die Hard (USA 1988 dt.: Stirb langsam) schon sehr früh ernorme Bekanntheit erlangte.
Nomads ist allerdings auch bis dato der einzige Film, zu dem John McTiernan selbst das Drehbuch schrieb, wobei wir damit auch schon gleich bei der größten Schwäche des Films angelangt sind. Während alle anderen Elemente der Produktion für ein Debüt bewundernswert solide sind, ist es die einerseits etwas unnötig kompliziert erzählte Story, welche sich andererseits gerade zum Schluss als im Grunde recht simpel herausstellt. Einige Elemente aus Nomads finden sich ähnlich auch in Kathryn Bigelows weitaus populärerem (und klarer erzählterem) Near Dark (USA 1987 dt.: Near Dark - Die Nacht hat ihren Preis), der die Verwendung von teuflischen Rockerbanden in Horrorfilmen ein Jahr später auch schon wieder für alle kommenden Zeiten als abgedroschen erscheinen ließ.
Stärker als der Inhalt ist hier hingegen die Inszenierung, welche McTiernan bereits in seinem Erstling als Könner ausweist. Die großartige Beleuchtung in den Nachtszenen, die Verwendung von Slow Motion und ungewöhnlichen Schnitten, all das macht den Film zu einem Vergnügen, woran sicher auch die guten Darsteller ihren Anteil haben. Brosnan war zu dieser Zeit ebenso wie seine Kollegin Down der Star einer Fernserie (Remington Steele [USA 1982-1987] traf hier auf North and South [USA 1985/1986/1994 dt.: Fackeln im Sturm]) aber noch fast eine Dekade von seinem absoluten Durchbruch als James Bond entfernt. 1999, nun ein internationaler Kinostar, stand Brosnan dann erneut für John McTiernan vor der Kamera, im gleichnamigen Remake des Norman Jewison Klassikers The Thomas Crown Affair (USA 1968). In der Rolle des gelassenen Bandenchefs Number One kann man ausserdem den heute hierzulande etwas in Vergessenheit geratenen Adam Ant (eigtl.: Stuart Leslie Goddart) bewundern, der mit seiner Post-Punk Band Adam & the Ants in den 80ern eine ganze Reihe Hits wie Stand and Deliver hatte, und dessen Leben vielleicht selbst mal eine Verfilmung verdient hätte...
Aber zurück zu John McTiernan. 2006 wurde dieser angeklagt, einen FBI-Beamten mit Vorsatz belogen zu haben. Jener soll den Regisseur telefonisch über seine Verbindung zu Anthony Pellicano, dem "Privatdetektiv der Stars", befragt haben. McTiernan verneinte je irgendwas mit Pellicano zu tun gehabt zu haben. Wie sich später herausstellte, hatte er jedoch den Detektiv bereits im Zusammenhang mit seiner Scheidung einige Jahre zuvor konsultiert und wohl während der chaotischen Dreharbeiten zum Megaflop Rollerball (USA/BRD/J 2002) beauftragt, einen der Produzenten des Streifens, Charles Roven, zu bespitzeln, bei dem McTiernan die Ursache für den Problemdreh vermutete. War bereits die Produktion der dennoch sehr unterhaltsamen Michael Crichton-Adaption The 13th Warrior (USA 1999 dt.: Der 13. Krieger) in Streit, Zwietracht und finanziellem Misserfolg gemündet, wurde das gleichnamige Remake des Sci-Fi-Action-Klassikers Rollerball (USA 1975 R.: Norman Jewison) zu einem grandiosen Fiasko bei Kritikern und an den Kinokassen.
Nun begab es sich, dass Pellicano 2006 selbst zahlreicher Straftaten angeklagt wurde und das FBI in Folge auch bald auf den Namen John McTiernan stieß. Pellicano wurde einige Zeit später zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt und mitgefangen ist oft mitgehangen, was auch der einst so erfolgreiche Regisseur erkennen musste, der seit einigen Monaten ebenfalls eine einjährige Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt in North-Dakota absitzen muss.
Es bleibt zu hoffen, dass hier eine einst so vielversprechend begonnene Karriere nicht vollkommen auf der Strecke bleibt - Fans können sich auf Facebook immerhin derweil der Free John Mc Tiernan Initiative anschließen...


 Fazit: Sehr solides, wenngleich unnötig wirres Debüt mit Flair, Stil und Geschmack.

Punktewertung: 6,5 von 10 Punkten