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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 19. Dezember 2014

Ich Boss - Du nix!

Boss Nigger
USA 1975
R.: Jack Arnold


Worum geht's?: Der Wilde Westen.
Die zwei schwarzen Kopfgeldjäger Boss (Fred Williamson) und Amos (D'Urville Martin) stolpern auf der Suche nach einem lukrativen Fang in ein weißes Städtchen, welches nicht nur einen Sheriff sucht, sondern auch vom berüchtigten Ganoven Jed Clayton (William Smith) und dessen räudiger Gang belagert wird.
Die Situation schnell ergreifend, ernennen sich Boss und Amos kurzerhand zu Sheriff und Deputy, sehr zum Unwillen des durchtriebenen Bürgermeisters (R.G. Armstrong), der mit Clayton ein zu seinen Kosten gehendes Waffenstillstandsabkommen getroffen hat.
Von wenigen Ausnahmen, wie der lebenslustigen Lehrerin Miss Pruitt (Barbara Leigh), abgesehen, machen sich die neuen Gesetzeshüter keine Freunde in dem kleinen Kaff, besonders als sie beginnen ihre eigenen Gesetze aufzustellen. So steht bald nicht nur die Benutzung des rassistischen N-Words unter Strafe, Boss beginnt auch noch die ausgegrenzte, mexikanische Bevölkerung aus den Reserven des Städtchens zu ernähren.
Die Spannungen wachsen, und als der Bandit Clayton seine Finger nach der, zuvor von Boss und Amos bei einem Banditenüberfall geretteten, Clara Mae (Carmen Hayward) ausstreckt, setzt dieses vollends Feuer an ein Dynamitfass aus Rassismus, Brutalität und Vorurteilen...


Wie fand ich's?: Schon der Titel ist pure Provakation und so unkommerziell, dass vor einigen Jahren eine US-DVD unter dem kürzeren Alternativtitel Boss veröffentlicht wurde.
Boss Nigger beginnt als eine sarkastische Parodie auf Filme wie High Plains Drifter (USA 1973 R.: Clint Eastwood dt.: Ein Fremder ohne Namen) und endet als fast realitätsnahes Drama ohne wahre Gewinner.
Regie führte Jack Arnold (*1916; †1992), der heute wohl der breiten Schicht lediglich als Meister solcher Creature Features wie Tarantula (USA 1955) oder Creature from the Black Lagoon (USA 1954 dt.: Der Schrecken vom Amazonas) im Gedächtnis ist. Dabei schuf Arnold auch knuffige Komödien, harte Western und viel TV. Sein zynischer Thriller The Swiss Conspiracy fand bereits zuvor in diesem Blog Beachtung, ein Film, der ein ebenso düsteres Ende wie Boss Nigger besitzt und der nur wenig später in die Lichtspielhäuser kommen sollte.
Das Drehbuch zu Boss Nigger verfasste Hauptdarsteller Fred Williamson persönlich. Williamson, dessen American Football Karriere ihm den Spitznamen "The Hammer" eingebracht hatte, war durch seine Rolle als Black Caesar (USA 1973 R.: Larry Cohen dt.: Der Pate von Harlem) zu einem Star des Blaxploitation-Kinos geworden und versuchte nun mit dem, von ihm auch produzierten, Film einen Western für ein schwarzes Publikum zu schaffen. Dazu nahm er bekannte Versatzstücke des Genres, stellte aber die schwarzen Protagonisten als geistig wie körperlich klar überlegen dar.
Wie Eastwood trägt auch Williamson ein Zigarillo im Mundwinkel, ein Zeichen seiner dominanten Männlichkeit, die Frauen reihenweise in die Knie zwingt.
Als Sidekick wählte man D'Urville Martin aus, der bereits viele Male mit Williamson vor der Kamera gestanden hatte und der sich mit ihm im Film ständige Wortgefechte liefert.
Da Williamson zu viel Mann für nur eine Frau ist, mussten direkt zwei Love interests her: Barbara Leigh und Carmen Hayward durften schmachten und dem Herrn zu Füßen liegen.
Angereichert mit etwas christlicher Symbolik (gerade im Italowestern immer wieder gern verwendet) entstand so ein äußerst gelungenes Spätwerk, welches den Vergleich mit Arnolds früherem Westernklassiker No Name on the Bullet (USA 1959 dt.: Auf der Kugel stand kein Name) kaum scheuen muss.


Fazit: Hinter dem provokanten Titel versteckt sich sowohl für Freunde des Westerns, wie auch für Fans des Blaxploitationfilms ein wahres Fest.



Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten