Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Montag, 20. April 2015

Diese Nachricht zerstört sich selbst, in fünf, vier...

Sheder Min Ha'Atid (int.: Message From the Future)
ISR 1981
R.: David Avidan


Worum geht's?: Man schreibt das Jahr 1985.
Aus der Zukunft kommt ein Reisender namens FM (Joseph Bee) auf die Erde, um die Regierungen der Großmächte davon zu überzeugen, dass der schnelle Ausbruch eines dritten Weltkriegs nur zum Besten für die Weltbevölkerung wäre.
Schnell manipulieren FM und seine von ihm selbst erstellten Klone verschiedene Regierungen und treiben die Welt schon bald an den Rand einer Krise.
Nur ein israelischer Zukunftsforscher (Avi Yakir) wagt sich letztendlich dem Mann aus der Zukunft vehement zu widersprechen und sich seinen Plänen entgegenzustellen.


Wie fand ich's?: Verschrobene Künstler, wahnsinnige Diktatoren und hormongetriebene Pubertierende neigen oft und gern zu maßloser Selbstüberschätzung. David Avidan zählt zur erstgenannten Kategorie. Der selbst erklärte Dichter, Maler, Filmemacher, Publizist und Dramatiker soll manchen Quellen zu Folge zur Finanzierung des hier besprochenen Films das gesamte, ihm von seiner verstorbenen Mutter hinterlassene, Erbe in die Waagschale geworfen haben. Heraus kam ein Film, den niemand sehen wollte und, urteilt man nach den Bewertungen der IMDb, auch nur wenige tatsächlich gesehen haben.
Schaut man sich Message From the Future mit heutigen Augen an, so fällt zunächst die schrille Gestaltung des Films auf, der an sich eine Umkehrung des bekannten Grundmotivs aus Robert Wises The Day the Earth Stood Still (USA 1951 dt.: Der Tag, an dem die Erde stillstand) zeigt. Warnt bei Wise der Außerirdische die Großmächte vor der nuklearen Gefahr, so verdreht Avidans Film dieses Motiv einfach ins Gegenteil und lässt einen Zeitreisenden die verrückte These darlegen, dass ein Krieg umso weniger Schaden anrichtet, je früher man ihn beginnt und dass Radioaktivität naturgemäß nur Gutes für Mensch und Tier bereithält.
Sind an diesen Stellen die Ansätze zu einer halbwegs intelligenten, politischen Satire klar erkennbar, so sind es andere Szenen, die ein Fragezeichen (oder ein debiles Lächeln) auf das Gesicht des Rezipienten zaubern. Ein mitten im Film plötzlich eingesetztes Musikvideo einer in glänzenden Bodysuits gewandeten, sogenannten Supergroup welche in einem Popsong über die Vorzüge von Radioaktivität in Tel Aviv schwärmt ist ebenso befremdlich, wie die stets sich unbekleidet auf dem Bett herumrekelnde Freundin des heldenhaften Wissenschaftlers, der seine Zeit neben dem Job scheinbar nur mit Beischlaf verbringt (gut, da gibt es natürlich Schlechteres...)
Das Innendesign der Zeitmaschine hingegen scheint bei einer gewöhnlichen Dorfdisco der 80er abgeschaut worden zu sein, hier hätte man sich von einem selbst erklärten Universalkünstler doch etwas mehr Kreativität gewünscht.
Sieht man sich Avidans Film heute an, so wundert es einen weniger, dass der deutsche Kanzler in einem israelischen Film als besonders kriegslüstern dargestellt wird, vielmehr außergewöhnlich ist, dass dies das Werk eines in seiner Heimat heute mehr als zu Lebzeiten gefeierten Poeten sein soll. Avidan verstarb 1995 völlig verarmt im Alter von 61 in Tel Aviv, zwei Jahre zuvor hatte er noch den renommierten Bialik Literaturpreis bekommen.
Sheder Min Ha'Atid ist ein Film, der das Beste aus seinem offenkundig begrenzten Budget machen wollte, dessen Bilder mit dem Zeitgeist der frühen 80er liebäugeln, der aber in seiner Machart viel zu sehr einem herkömmlichen, billigen Sci-Fi-Film ähnelt und nur inhaltlich mit so was wie kreativen Einfällen punkten kann. Dass diesen Film zu seiner Zeit niemand in den Kinos sehen wollte bzw. aufgrund eines fehlenden Verleihs sehen konnte, ist da schon recht verständlich, wirkt Sheder Min Ha'Atid wenig kommerziell, da man sich ständig fragen muss, wer denn die beabsichtigte Zielgruppe für dieses Machwerk wohl gewesen sein soll. Für den Film eines Dichters und Denkers ist er zu wenig originell, für ein Stück Genrekino wiederum zu bizarr und zu verschroben.
So ähnelt Avidans Streifen am ehesten dem zuvor in diesem Blog besprochenen Mr. Freedom, der ebenfalls zwischen politischem Anspruch und schrillem Comicambiente pendelt.
Trotz aller offensichtlichen Makel möchte ich diesen Film all jenen Lesern ans Herz legen, die sich an skurrilen Überbleibseln aus den internationalen Filmarchiven erfreuen können.


Fazit: Eine seltsame Sci-Fi-Farce voll grotesker Ideen und seltsamer Szenen. Ein obskures Unikum für Freunde des Ausgefallenen.


Punktewerung: 6,5 von 10 Punkten

Sonntag, 5. April 2015

Nachts, unter dem Friedhof...

Nightbreed - The Cabal Cut (Cabal - Die Brut der Nacht)
USA 1990/2012
R.: Clive Barker


Worum geht's?: Boone (Craig Sheffer), ein psychisch labiler, junger Automechaniker, dessen Nervenarzt ihm einredet, ein gesuchter Serienkiller zu sein, wird in seinen Träumen von einem mystischen Ort namens Midian angezogen. Dort, unter Monstern und schrecklichen Kreaturen, will er endlich frei sein und alle Sünden sollen ihm vergeben werden.
Von seinem teuflischen Psychiater, Dr. Decker (Regielegende David Cronenberg), als lebendiger Kompass benutzt, findet Boone tatsächlich das verborgene Midian unter einem alten Friedhof. Hier herrscht der weise Lylesberg (Doug "Pinhead" Bradley) über eine Horde teils übernatürlich begabter Monster, die sich hier vor der uns bekannten Zivilisation verstecken und sich die "Brut der Nacht" nennen.
Als Boone aufgrund seiner tatsächlichen Unschuld auf dem Friedhof von dem animalisch, Blut dürstenden Peloquin (Oliver Parker) in die Schulter gebissen wird, verwandelt er sich in ein untotes Wesen, dessen Leben auch nicht durch die Kugeln einiger Polizisten ausgelöscht werden kann.
Schon bald kreuzen sich in Midian die Wege der Nachtbrut mit denen des wahnsinnigen Dr. Decker, eines großen Polizeiaufgebots und mit denen der schönen Lori (Anne Bobby), Boones Freundin, welche bereit ist ihrem Liebsten bis in die Tiefen der Hölle zu folgen...


Wie fand ich's?: Anfang der 90er Jahre stolperte ich in einer Leihbibliothek über Clive Barkers Buch Cabal, welches ich innerhalb weniger Tage verschlang, wenige Tage später erstand ich für das Diskettenlaufwerk meines damals geliebten Amiga 500 ein Game mit dem Titel Nightbreed: The Interactive Movie (es gab daneben auch noch Night Breed: The Action Game - doch dies nur am Rande...).
Durch Buch und Spiel kannte ich somit die Handlung des Films schon recht genau und war zu so etwas wie einem regelrechten Clive-Barker-Fan geworden, bevor ich, ich denke es muss um die Jahrtausendwende gewesen sein, tatsächlich fast ein Jahrzehnt später, erstmals den dazugehörigen Film sah, dessen tragische Produktionsgeschichte mir zu dieser Zeit völlig unbekannt war.
Nach dem Erfolg seines Debüts Hellraiser (GB 1987 dt.: Hellraiser - Das Tor zur Hölle) ging Clive Barker daran seinen 1988 erstveröffentlichten Roman Cabal für das Studio 20th Century Fox™ zu verfilmen. Dieses schien jedoch einige Probleme mit dem fertigen Produkt gehabt zu haben, setzte man doch erst mal großzügig die Schere an und schnitt nicht nur das Ende um (wenn man schon David Cronenberg im Film hat - so muss der auch gefälligst wieder von den Toten auferstehen!), schlussendlich etwa 20 Minuten und Suzi Quatro gleich ganz aus dem Film heraus. Den daraus tatsächlich resultierenden Kassenflop wollte man schnell vergessen machen und die Pläne für ein drittes Videospiel wurden schnell eingestampft.
Heute, weitere fünfzehn Jahre später, stoße ich nun auf den sogenannten Cabal Cut des Films, eine mit Szenen aus mehreren auf VHS-Tape wiedergefundenen Work Prints verlängerte Fassung, welche nach Aussage der Macher Barkers ursprünglicher Vision recht nahe kommen soll - und was soll ich sagen?
Toll! Zwar muss ich zugeben, dass ich nirgendswo Suzi Quatro ausmachen konnte, doch wirkt praktisch keine der neu eingefügten Szenen unnütz, sondern stringent bereichernd. Konnte man der alten Kinofassung von Nightbreed zuvor einen konfusen, stellenweise fragmentarischen Charakter unterstellen, so wird nun doch fast genügend Hintergrund geliefert, um der Handlung einigermaßen folgen zu können. Gut, Exposition findet immer noch so gut wie keine statt - Barker drückt von Anfang an auf die Tube und wirft den Zuschauer sofort mitten in die Handlung, wobei der Cabal Cut aber zumindest einige zusätzliche Szenen liefert, welche besonders Loris und Boones Beziehung unterstreichen.
Erwartete das Studio von Barker so etwas wie einen regulären Slasherstreifen (schließlich spielt Cronenberg einen maskierten Serienkiller mit langem Messer...), so war es scheinbar ob der dargebotenen Fantasyelemente schlichtweg überfordert und kürzte jede Menge Szenen mit den bizarren Bewohnern Midians einfach aus dem Film. Stattdessen legte man das Augenmerk auf Cronenbergs Figur des wahnsinnigen Psychiaters, der sogar in der Kinofassung am Ende des Films von den Toten auferstehen durfte, um so für ein Sequel (ha, ha, ha!) erneut als Aufmacher verfügbar zu sein. Der Cabal Cut bietet nun ein alternatives Ende, welches den Fokus auf die Bewohner Midians und Boone (nun zu dem titelgebenden Cabal geworden) legt, und statt Decker eine andere Nemesis etabliert, welche in der Kinofassung eher zu Deckers Erfüllungsgehilfen verkommt.
Hinzu kommt eine neue, an Romeo und Julia gemahnende, recht eindrucksvolle Szene zwischen Lori und Boone am Ende des Films, welche beiden Figuren ebenfalls nachträglich noch mehr Tiefe verleiht und auch der oft als unnötig verschrienen Konzertszene am Anfang des Cabal Cuts in meinen Augen zusätzliche Berechtigung gibt.
Mein größter Kritikpunkt an Nightbreed war immer Hauptdarsteller Craig Sheffer, dessen schauspielerisches Können leider auch in der neuen Schnittfassung keinerlei Steigerung erfährt.
David Cronenberg hingegen macht seine Sache so gut, dass ich mir tatsächlich einen eigenständigen Slasher mit Cronenbergs Figur des irren Irrenarztes wünschen würde, und auch 20 Century Fox™ Ansinnen verstehen kann, Decker verstärkt zum latenten Star der Kinofassung erklären zu wollen.
Ob man nun den Cabal Cut der alten Fassung letztendlich vorzieht sei wie immer jedem selbst überlassen. Ich persönlich fand die zusätzlichen Szenen insgesamt stark bereichernd und würde mir eine vernünftige Auswertung beider Fassungen (die alte Kinofassung liegt hierzulande nur in Form einiger Bootlegs vor: Schande so was...) wünschen - das amerikanische Label Scream Factory hat mit der mittlerweile bereits lange vergriffenen Limited Edition des Cabal Cuts (Langfassung + Kinofassung + Extras galore auf 3 Blu-rays in schmucker Verpackung) vorgemacht, wie es richtig geht!


Fazit: Was das schwache Geschlecht immer schon wusste - länger ist besser! Trotzdem kann ich Leute verstehen, die der alten Kinofassung den Vorzug geben.


Punktewertung: 8,75 von 10 Punkten