Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Donnerstag, 28. Mai 2015

Ein ängstliches Rascheln im Unterholz

Welp (Camp Evil)
B 2014
R.: Jonas Govaerts


Worum geht's?: Eine Gruppe junger, belgischer Pfadfinder begibt sich in ein Waldgebiet, um dort ein Feriencamp zu errichten. Angeleitet werden die Jungs von zwei Gruppenführern (Stef Aerts und Titus De Voodgt), die um die Gunst der jungen Köchin Jasmijn (Evelien Bosmans) wetteifern.
"Unterhalten" werden sollen die Knaben von einer frei erfundenen Legende über einen im Buschwerk lauernden Werwolfjungen, was dem stets etwas eigenbrötlerisch wirkenden Sam (Maurice Luijten) zusätzlich den Anstrich eines wirren Außenseiters gibt, als dieser behauptet, eben jenem Wesen im Gehölz begegnet zu sein und dessen Unterschlupf in einer Baumkrone gefunden zu haben.
Von den anderen Wölflingen (so nennt man Pfadfinder im Alter von 6 - 11 Jahren) verspottet und von den Heranwachsenden misstrauisch beäugt, weiß Sam zunächst nur allein von dem animalisch wirkenden Knaben mit der seltsamen Gesichtsmaske, der jede Bewegung im Pfadfinderlager überwacht.
Dabei sind Sams Warnungen erste Indizien für eine beinah unsichtbare Gefahr im idyllischen Wald, die schon bald ein Opfer nach dem anderen fordert und auch vor Minderjährigen nicht haltmacht.


Wie fand ich's?: Finanziell unterstützt durch das mittlerweile schwer in Mode gekommene Phänomen Crowdfunding, beweist Jonas Govaerts, dass eine gute Idee schnell reihenweise Unterstützer finden kann und ein neuer Kopf frischen Wind in ein etwas ausgelutschtes Genre bringen kann.
Begnügte sich die Gattung des Slasher-Films in den den letzten Jahren (wenn nicht gar Jahrzehnten) größtenteils damit, erfolgreiche Serien totzutreten, zu rebooten oder zu remaken, so bestätigten nur wenige kreative Ausnahmen die Regel und erschufen wiederum in Folge neue, mithin langlebige Franchises.
Ob auch Govaerts sehenswertes Regiedebüt diesen Weg einschlagen wird, bleibt abzuwarten, das Potenzial für weitere Trips in den dunklen Wald ist in jedem Fall gegeben, mit der Gefahr natürlich, dass die unheimlichen Bedrohungen des belgischen Forst mehr und mehr durchleuchtet und damit leider wohl auch gänzlich entmystifiziert würden.
Inhaltlich lässt sich der Film allein durch sein Setting in der Nähe des (meist in den Vereinigten Staaten lokalisiertem) Backwood Slasher Genres verorten, manche sehen Bezüge zum Friday the 13th Franchise, woran wohl auch der (wieder einmal äußerst dümmliche) deutsche Titel gemahnen möchte.
Vollkommen neu ist das was Welp dem Zuschauer bietet wahrlich nicht, selbst das zentrale Element des minderjährigen Jungen im Griff grausamer Bestien findet man ebenfalls in Filmen wie Bereavement (USA 2010 R.: Stevan Mena) wieder.
Was Govaerts Film jedoch von ähnlichen Genrebeiträgen deutlich abhebt, ist das hohe Gefühl für Atmosphäre, das Schaffen eindrucksvoller Bilder und die faszinierende, neue Figur des tierhaften Jungen mit der unheimlichen Baumrindenmaske. Die sich kontinuierlich anziehende Spannungsschraube steigert den eher langsam beginnenden Film außerdem immerweiter zu einem deutlichen Sympathisanten mit dem klassischen Terrorkino, wie es Tobe Hooper und Wes Craven in ihren Anfangszeiten geschaffen haben. Ein hinzukommender, zunächst seltener, dafür umso effektiverer, Einsatz von Splattereffekten steht dem Film ebenso gut zu Gesicht, wie seine Darsteller, die ihre Sache ebenfalls überaus gut machen und sich fast alle, ebenso wie der Regisseur, noch am Anfang ihrer Karriere befinden.
Es bleibt abzuwarten, ob Govaerts mit seinem nächsten Projekt seinen bemerkenswerten Einstand noch übertreffen kann, oder er schon sein ganzes Pulver in Welp verschossen hat. Ich bleibe Optimist und hoffe auf Ersteres.


Fazit: Ein eindrucksvolles Langfilmdebüt, das Großartiges für die Zukunft verspricht und zugleich einer der besten Slasher der letzten Jahre.


Punktewertung: 7,5 von 10 Punkten

Freitag, 15. Mai 2015

Alle Güte wird chirurgisch entfernt

Borgman
NL/B/DK 2013
R.: Alex van Warmerdam


Worum geht's?: Drei Männer werden von einem bewaffneten Lynchmob aus ihren unterirdischen Verstecken in einem Wald vertrieben. Ihr Anführer (Jan Bivoet) taucht wenig später an der Haustür einer augenscheinlich gut situierten Familie auf und bittet um ein Bad. Vom eifersüchtigen Familienvater (Jeroen Perceval) zuvor noch zusammengeschlagen worden, lässt ihn dessen Gattin (Hadewych Minis) nun reumütig als geheimen Gast ins Haus. Sie ahnt nicht, welche Ausgeburt der Hölle sie da in ihre luxuriöse Behausung holt...


Wie fand ich's?: Das Motiv des Unheil bringenden Landstreichers ist kein neues - man denke nur an Alice Coopers Cameo in John Carpenters Prince of Darkness (USA 1987 dt.: Die Fürsten der Dunkelheit) oder die Titelfigur aus der meist sträflich unterbewerteten Horrorsatire The Vagrant (USA/F 1992 R.: Chris Walas dt.: Scary - Horrortrip in den Wahnsinn), welche hierzulande seit Jahren einer angemessenen Veröffentlichung harrt.
Der Niederländer Alex van Warmerdam (*14.08.1952) tut sich seit seinem Regiedebüt Abel (NL 1986) als Schöpfer absurder Grotesken hervor, in denen sowohl er wie auch seine Ehefrau Annet Malherbe zumeist größere Rollen besetzen. So auch in Borgman, einem fiesen, surrealen Albtraum, der auf internationalen Filmfestivals zahlreiche Preise abräumte, in Cannes nominiert war und in den USA für den Oscar vorgeschlagen wurde.
Borgman verbindet das in den letzten Jahren so stark abgeleierte Genre des Home-Invasion-Films mit sozial- und familienkritischen Tönen, surrealen Bildern und religiös interpretierbaren Motiven, womit er auch stark an Pasolinis Teorema (I 1968 dt.: Teorema - Geometrie der Liebe) erinnert.
Van Warmerdam bietet dem Zuschauer überhaupt viel Raum für eigene Interpretationen - was hat es mit den plötzlich auftauchenden Windhunden und den Narben auf den Rücken mancher Charaktere auf sich? In den Deleted Scenes der deutschen Blu Ray findet man zwei weitere Szenen, die den Film verstärkt in den Bereich des übersinnlichen Horrorfilms gestoßen hätten, welche allerdings als zusätzliche Beigabe mehr als interessant sind.
Insgesamt hat man es hier mit einem wunderbaren Beispiel für die These zu tun, dass gutes Terrorkino auch ebenso subtil wie kunstvoll und ohne unnötig explizite Gewaltexzesse daherkommen kann.
Die Darsteller sind allesamt als großartig zu bezeichnen, vorneweg Jan Bijvoet, der bislang nur wenig außerhalb des belgischen Fernsehens zu sehen war und der Titelfigur ein mysteriöses Flair verleiht. Der Regisseur selbst tritt in einer größeren Nebenrolle auf, seine Gattin darf ebenfalls einer ebenso faszinierender wie Furcht einflößender Figur ein Gesicht verleihen, welches dem Publikum in Erinnerung bleiben wird.
Am 28. Mai erscheint van Warmerdams neustes Werk Schneider vs. Bax (NL 2015) in den niederländischen Kinos. Plakat und Inhaltsangaben verheißen erneut Großes, wenngleich der Trailer (bewusst) unspektakulär daherkommt. Wir werden sehen...


Fazit: Ein verstörender, düsterer Trip zu den Dämonen, welche unter uns hausen. Ein famoser Horrorthriller aus dem Land der Windmühlen und Grachten - ohne diese freilich je zu zeigen.


Punktewertung: 9 von 10 Punkten