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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Montag, 2. November 2015

Von Dampfplauderern und Modeopfern

My Cousin Vinny (Mein Vetter Winnie)
USA 1992
R.: Jonathan Lynn



Worum geht's?: Die New Yorker Großstadt-Buddys Billy (Ralph Macchio) und Stan (Mitchell Whitfield) machen auf der Durchfahrt kurz Stopp im kleinen Nest Beechum, einem unscheinbaren Dörfchen im ländlichen Alabama.
Doch statt mit den schnell an der Tanke getätigten Einkäufen wieder weiterzureisen, werden die beiden des Mordes am Kassierer jener Lokalität bezichtigt.
Mit der Aussicht auf zwei Plätze in der örtlichen Todeszelle entsinnt sich Billy seines entfernten Vetters (Joe Pesci), der doch unlängst noch an der juristischen Fakultät des Big Apples eingeschrieben war.
Tatsächlich eilt dieser auch umgehend mit seiner feschen Verlobten Mona Lisa (Marisa Tomei) dem Verwandten zur Hilfe, doch muss er zum Schrecken der beiden Jungs schon früh gestehen, dass er erst gerade im sechsten Anlauf seine Anwaltszulassung ergattern konnte und bis auf einige Schmerzensgeldklagen keinerlei Erfahrungen aufweisen kann.
Doch was ein echter New Yorker nicht im Kopf hat, macht er durch Attitüde wett und auch das attraktive Fashion Victim Mona Lisa hat im Gerichtssaal vor den Augen des gestrengen Richters Haller (Fred Gwynne) mehr zu bieten, als nur ein hübsches Äußeres...

***

Wie fand ich's?: Es gab eine Zeit, da war Marisa Tomei eine der schönsten Frauen der Welt. Und es gab eine Zeit, da war Ralph Macchio der Schwarm aller Teenie-Girls. Woran sich aber wohl die wenigsten erinnern, ist die Zeit, als Joe Pesci nicht der härteste Gartenzwerg auf dem Rasen Hollywoods war.
Pesci war durch Auftritte in Filmen der Herren Scorsese, Leone und Stone zu einem dieser ewigen Nebendarsteller geworden, die trotz ihrer eher untergeordneten Rolle im Drehbuch die Massen begeisterten und in die Lichtspielhäuser lockten. Auch beruflich wie im Privatleben als der Choleriker bekannt, den er so oft vor der Kamera gespielt hatte, soll er nicht nur Meisterregisseur Martin Scorsese den Riechkolben gebrochen, sondern auch Robert De Niro am Set von Scorseses Casino (USA 1995) vermöbelt haben.
Drei Jahre zuvor sollte er jedoch in der kleinen, feinen Gerichtsaalkomödie My Cousin Vinny nicht nur dem Image als harter Unsympath entfliehen können, sondern auch nach langer Zeit die Titelrolle spielen.
Dabei verlässt sich das Drehbuch weniger darauf die vermeintlichen Hinterwäldler des sogenannten Bible Belt vorzuführen, man denke nur an die ein Jahr später erschienene Remake The Beverly Hillbillies (USA 1993 dt.: Die Beverly Hillbillies sind los) von Penelope Spheeris, als vielmehr den Blick auf die ebenso überheblichen wie oberflächlichen, wenn auch hier stets sympathischen Großstädter zu fokussieren - besonders die extraordinären Outfits Frau Tomeis fallen sofort ins Auge und wirken heute wieder ebenso befremdlich auf den Zuschauer, wie zu Anfang der 90er Jahre auf einen Einwohner eines einsiedlerischen Südstaatenkaffs.
Fred Gwynne, heute wohl am meisten für seine ikonografische Rolle als Familienvorstand Herman Munster in der kultigen TV-Serie The Munsters (USA 1964-1966) bekannt, bildet das ebenso strenge, wie ruhig besonnene Gegenstück zum stets nervösen Pesci und es wirkt damit umso betrüblicher, dass dies Gwynnes letzter Kinofilm sein sollte. Der 1,96 Meter große Mann mit dem Charakterkopf verstarb im Alter von 67 Jahren an einer Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankung.

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Fazit: Ein extrem kurzweiliger Mix aus klassischer Comedy of Errors und Gerichtssaalthriller - schön besetzt und gut gespielt - das macht auch ein Vierteljahrhundert später (ja, so lang ist das schon wieder her...) noch Laune!







Punktewertung: 7,75 von 8 Punkten