Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 29. April 2016

Schon gewusst?

Wussten Sie schon, geneigter Leser, dass man mich auch mit einem (praktisch) täglichen Filmtagebuch auf der kleinen, aber feinen, Social-Network-Plattform LETTERBOXD findet?


Nein?
Dann sind Ihnen auch aktuelle Kurzreviews wie diese entgangen: 

Star Wars: The Force Awakens 2015 ★★★

This review may contain spoilers.
Hier ist es also: das filmische Äquivalent zum lang nach Bandauflösung noch auf den Markt geworfenen Best-of-Album.
Harrison Ford ist voll auf Vita Sprint und jagt atemlos (der Mann ist, ja, 73) durch diesen Film, Chewie, schwer gezeichnet vom vielen Botox, verzieht kaum die Lefzen und Carrie Fishers Gebiss scheint so schlecht zu sitzen, dass sie, zumindest im Originalton, ihre Zeilen recht unschön ins Mikro nuschelt.
Hatte ich schon bei Spectre die kreative Unfähigkeit hoch bezahlter Drehbuchautoren für Hollywoods Filmschmieden bemängelt, so liegt der Fall hier noch etwas anders. Hier hat man nämlich scheinbar bei einem langen Brainstorm einfach die von Fans geschätztesten Szenen und Elemente der Originaltrilogie gesammelt (Han und Chewie, der noch von seiner Macht unwissende Jedi, der maskierte Bösewicht und dessen verunstalteter Lehrmeister, Laserschwertkämpfe, die Cantina Sequenz usw. etc.), das Ganze etwas abgeändert, so dass jüngere Fans nicht sofort "Eigenplagiat" schreien und daraus dann einen Ansatz für eine angedachte neue Trilogie geschaffen. Eine neue Hoffnung als eine neue Hoffnung, sozusagen.
Dass bei einer solchen Konstruktion unweigerlich neue Logiklöcher entstehen, ist wohl unvermeidlich, doch bietet The Force Awakens genug Fanservice, als dass man dies natürlich verzeihen soll bzw. muss. Zudem beginnt der Film angenehm düster (beim Massaker am Ende der ersten Szene schüttelte ich ungläubig den Kopf), driftet dann aber schnell in "witzige" Disneygefilde ab, was besonders durch die vollkommen unnötige Szene festzumachen ist, in der zwei Gangsterbanden von riesigen Tentakelmonstern an Bord des Rasenden Falken gejagt werden. Diese, für den Plot absolut unwichtige Szene, soll reinen Comic relief bieten, und wirkt damit recht deplatziert im ganzen Geschehen, was man auch zu Hans plötzlichem, nach Jahrzehnten (!!) erwachten, Interesse an Chewies Bowcaster sagen kann. Diese Gags funktionieren ebensowenig, wie der Fakt, dass man aus Luke Skywalker (immerhin der Hauptcharakter der Originaltrilogie) einen reinen Macguffin macht und Mark Hamill ganze zwanzig Sekunden Screen Time in diesem Teil einräumt.
O. k. Han tritt am Ende des Films den Eimer weg (wie der Brite sagt) und Hamill wird sicher somit ein wesendlicher Bestandteil des nächsten Teils der Serie werden, doch ist das Drehbuch hier nur noch schludrig runtergeschrieben.
Waren nicht schon zwei Todessterne einer zu viel? Und sehen die Rebellen-, 'tschuldigung, die Wiederstandsbasis und Lukes Chill-out-area auf Island nicht nach billig abgefilmten Aussenlocations aus? Maz Kanatas Kneipe in einem schottischen Schloss anzulegen wirkte auf mich, wie die Szenerie einer Doctor Who Folge aus den Siebzigern ...
Also bei allem Respekt - für mich ist das keine Qualitätsware, liebe Leute, aber immerhin besser als das, was uns Herr Lucas als Prequels verkaufen wollte!

Also schnell folgen: Die seltsamen Filme des Herrn Nolte auf Letterboxd!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 

Freitag, 15. April 2016

Pädagogische Altlasten

Sieben Tage Frist
BRD 1969
R.: Alfred Vohrer

Worum geht's?: An einem norddeutschen Privatinternat verschwindet der rebellische Schüler Kurrat (Arthur Richelmann) nach einem Streit mit dem sonst eher besonnenen Lehrer Fromm (Konrad Georg), bei dem dieser den Schüler ohrfeigte.
Als wenig später auch der Vater des Schülers verschwindet und man einen (vermeintlich?) homosexuellen Lehrer Kurrats erschossen auffindet, ruft dies den hartgesottenen Bullen Klevenow auf den Plan, der zusammen mit dem findigen Pauker Hendriks (Joachim "Blacky" Fuchsberger) in der Schule und einem nahe gelegenen Amüsierbetrieb nach dem Täter sucht.
Doch was verbergen Kurrats abgebrühte Mitschüler, wer hat ein Motiv für die Morde und wie lang kann der Direktor die unglaublichen Vorfälle vor der Allgemeinheit geheim halten?


***


Wie fand ich's?: Zu den Personen Alfred Vohrer und dem von ihm mehrfach beschäftigten Horst Tappert habe ich wohl bereits im Review zum Exploitation-Knaller Perrak genug Worte verloren. Hier trafen beide, der Regie-König der deutschen Wallace-Krimis und der spätere, ewige Oberinspektor Derrick bereits zwei Jahre früher wiedereinmal aufeinander und siehe da, auch "Blacky" Fuchsberger konnte Vohrer ein Jahr nach der fünften Wallace-Kollaboration Im Banne des Unheimlichen (BRD 1968) erneut verpflichten.
Man kannte sich also größtenteils bereits vor und hinter der Kamera - Konrad Georg zum Beispiel stand mit Fuchsberger auch schon für Vohrers Der Mönch mit der Peitsche (BRD 1967) vor eben jener - doch sollte Sieben Jahre Frist ein Ausnahmewerk im Schaffen Vohrers werden.
Vohrer gelingt hier der wunderbare Kunstgriff ein Coming-of-Age-Drama langsam in einen spannungsgeladenen Thriller zu verwandeln, ohne das ein Element das andere überdeckt oder der Film insgesamt überkonstruiert wirkt. Gekrönt wird das Ganze von einer wahrhaft nicht vorherzusehenden Auflösung, die mich fast von der heimischen Chaiselongue fegte.
Neben diesem finalen Dreh, den ich hier nicht mal andeuten möchte, um so anderen nicht die Überraschung zu verderben, gelingen Vohrer Szenen, die einfach als fulminant zu bezeichnen sind. So entfesselt er bei einem Barbesuch der Jugendlichen die Kamera, lässt diese ekstatisch während eines Striptease pulsieren und hin und her schwingen und visualisiert so die sexuelle Anspannung der aufgeheizten Pennäler.
Vohrer konnte sich in diesen Szenen auch ganz auf seine großartige Besetzung verlassen, besonderes Augenmerk möchte ich auf Frithjof Vierock richten, der in der Rolle des Mitschülers Sickelka seinem Affen hier so richtig Zucker gibt und dies, obwohl Vierock bei den Dreharbeiten schon Mitte zwanzig war. Wie seine Kollegen Tappert, Fuchsberger und Georg, sollte auch er später dem breiten Publikum hauptsächlich durchs Fernsehen erhalten bleiben.
Der Film basiert auf dem fast gleichnamigen Bestseller Sieben Tage Frist für Schramm aus der Feder Paul Henricks. Hinter dem Pseudonym versteckte sich der langjährige Lehrer und Politiker Edward Hoop (* 1925; † 2008) und so liegt es nahe, dass Vohrers an einer Internatsschule spielendes Krimidrama vermutlich auch persönliche Erfahrungen des Verfassers verarbeitet oder gar teils autobiografische Züge trägt. Nicht von ungefähr gleicht Fuchsbergers Rollenname Hendriks stark dem Pseudonym des Autors, der es bis in den Rang eines Studiendirektors schaffte.

***

Fazit: Vielleicht Vohrers ambitioniertester Film, der inhaltlich und konzeptionell vollkommen mit den späteren Simmelverfilmungen des Regisseurs mithalten kann.









Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten