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Samstag, 3. September 2016

Die Rückkehr der Klassiker #6: Ihr toten Kinderlein, kommet ...

The Changeling (Das Grauen)
CAN 1980
R.: Peter Medak


Worum geht's?: Nach einem tragischen Unfall, bei dem seine Frau und Tochter ums Leben kamen, zieht der nun alleinstehende Komponist und Hochschuldozent John Russell (George C. Scott) in ein altes Haus in Seattle, welches ihm von der Historical Society vermietet wird.
Schon bald darauf sieht sich der immer noch von schmerzlichen Erinnerungen geplagte Mann mit seltsamen Begebenheiten in seinem neuen Heim konfrontiert.
Morgens um 6.00 Uhr hört er ein ohrenbetäubendes Hämmern aus den Räumen über ihm und Türen öffnen sich ohne erkennbaren Grund. Als er die Dachräume genauer untersucht, findet er einen zugenagelten Zugang zu einem Spinnweb verhangenen Raum.
In diesem stößt er auf einen sonderbaren, kleinen Rollstuhl und ein Heft mit den Initialen C. S. B. Außerdem öffnet er eine alte Spieluhr, welche das gleiche Schlaflied spielt, welches er nach seiner Ankunft selbst am Klavier zu komponieren glaubte. 
John zieht tief verunsichert ein Medium hinzu, welches in einer Séance den Namen des Spuks herausfindet: Joseph Carmichael. Als er sich nach der spiritistischen Sitzung einen selbst erstellten Tonbandmitschnitt der selbigen anhört, nimmt er sogar eine gespenstische Kinderstimme wahr, die dem Medium antwortet.
Russell versteht, dass der Geist ihn auffordert, einem furchtbaren Mord nachzugehen, den jemand vor 70 Jahren in seiner neuen Behausung an einem körperbehinderten Kind begangen hat und er muss schnell am eigenen Leibe erfahren, was es heißt zum Instrument einer Geistererscheinung zu werden, welche sich endlich nach Genugtuung sehnt ...

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Wie fand ich's?: Das Spukhausgenre hat nüchtern betrachtet insgesamt nur wenige Titel zu bieten, denen es gelingt ihre Geschichte wirklich glaubhaft und ohne plumpe Schocks - die heute im Subgenre längst zum Klischee verkommenen, überpräsenten Jump scares - zu vermitteln. The Changeling bietet hier eine wunderbare Ausnahme dieser Machart und reiht sich hinter Robert Wises The Haunting (GB/USA 1963 dt.: Bis das Blut gefriert) als einer der bestgelösten Haunted-House-Movies ein.
Das Drehbuch von Peter Medaks Film bezieht seine Wirkung auch aus der Tatsache, dass das Verbrechen, welches den Geist ruhelos zurückgelassen hat, ebenso schockierend ist, wie die Geistererscheinung selbst.
So wird der Auslöser des Spuks zum Mittelpunkt der Handlung und ist das eigentliche Motiv, welches die Handlung vorantreibt. Dieser, eher einem Kriminalfilm ähnliche Aufbau, ist neben der hohen handwerklichen Qualität, das größte Plus des Films, der sich so weitaus geschlossener gibt, als z. B. Tobe Hoopers Polstergeist (USA 1982), welcher eher episodenhaft die Szenen aneinanderreiht.
Hollywoodveteran George C. Scott bietet eine glaubhafte Darstellung eines von seinen eigenen Albträumen verfolgten Witwers, der zum Spielball einer unheimlichen Nemesis wird, welche nach Jahren ihre wohlverdiente Rache nehmen will.
Dazu benötigt der Regisseur keine teuren Effekte oder blutige Szenen; Medak gelingt es vielmehr, durch ruhige Kamerafahrten und wohldurchdachten Soundeffekten den Zuschauern das Gruseln zu lernen. So bleibt z. B. die sehr glaubhaft gestaltete Séanceszene im Gedächtnis des Zuschauers haften oder die schaurige Vision eines schlafwandelnden Mädchens.
Wer dann noch nach Parallelen zu anderen Horrorfilmen sucht, dem fallen vielleicht die Ähnlichkeiten zu Hideo Nakatas Ringu (J 1998; dt.: Ring - Das Original) auf. Hier wie dort finden die Protagonisten die Leiche des kindlichen Rachegeistes in einem alten, versteckten und nicht mehr genutzten Brunnen.
The Changeling ist einer der vielen, vergessenen Horrorfilmen, der endlich seinen Platz unter den Besten seiner Art einfordern sollte.

Fazit: Ein wahrer Klassiker, der auch heute noch für schlaflose Nächte zu sorgen vermag und nichts von seiner Schockwirkung verloren hat.








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Punktewertung: 10 von 10 möglichen Punkten - Höchstnote!