tag:blogger.com,1999:blog-79366850570322719712024-02-19T01:38:33.744-08:00Die seltsamen Filme des Herrn NolteSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comBlogger216125tag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-25243930861380858342020-08-04T00:26:00.000-07:002020-08-04T00:26:29.375-07:00Auf dem Highway ist der Nixon los!<div><b>Horror House on Highway 5</b></div><div><b>USA 1985</b></div><div><b>R.: Richard Casey</b></div><div><br /></div><div><b><br /></b></div><div><b>Worum geht's?:</b> Los Angeles zu Beginn der 80er. Drei Studenten bekommen von ihrem Professor den Arbeitsauftrag dem Nazi Frederick Bartholomew (ein typischer Name für deutsche Wissenschaftler) in dessen (neuer) Heimatstadt Littletown nachzuspüren, der seinerzeit wohl an der V2 mitgearbeitet hatte.</div><div>Dieser hat jedoch gerade ein junges Ehepaar blutig daniedergemetzelt und trägt nun eine Richard-Nixon-Maske über der Mördervisage.</div><div>Als Studentin Louise (Susan Leslie) in ihrem roten Polka Dot-Dress wenig später beim seltsamen Dr. Marbuse (ein schon weit typischer deutscher Familienname ... - Phil Therrien) aufschlägt, um diesen nach Bartholomew zu befragen, ahnt diese noch nicht, dass dieser sie schon bald kidnappen und sie daraufhin nach einem bizarren Teufelsritual seinem zurückgebliebenen, ihm hündisch untergebenen Mitbewohner Gary (Max Manthey) als Spiel- und Tanzgefährtin dienen wird.</div><div> Und ihren Kommilitonen Mike und Sally ergeht es auch nicht besser, geraten diese mit ihrem eher kläglichen Modellnachbau der V2 praktisch umgehend ins Blickfeld des wahnsinnigen Gummi-Gesicht-Nixons (Ronald Reagen - ehrlich, so steht es in den Credits!), der zwischendurch noch ein unschönes, fatales Intermezzo mit einem Pärchen auf dem Highway hatte ... <br /></div><div><br /></div><div style="text-align: center;"><b>***</b><br /></div><div><br /></div><div><b>Wie fand ich's?:</b> Es gibt Filme, bei denen man sich als erfahrener Zuschauer nur wundern kann, wie diese jemals das Licht der Projektoren erblicken konnten.<b> Horror House on Highway 5</b> ist genau so ein Fall, reiht er doch eine unglaubliche Szene an die nächste. Wo sonst gibt es schwarze Messen, bei denen jemand dem Opfer ein Bügeleisen auf die (immerhin) bedeckte Brust drückt? Wo fallen einem der Bösewichte Maden auf den Tisch, welche dieser als ihn befallende Hirnparasiten identifiziert, worauf er sich wenig später wohl zum Schutz einen DIY-Helm aus Pappmaschee aufsetzt, den ein krummes Hakenkreuz ziert? Wo fällt jemand mit dem Kopf auf eine Harke, welche mit zwei Forken in der Stirn stecken bleibt, woraufhin diese Person mit dem Gartenutensil vorm Gesicht durch die Gegend scharwenzelt, bis seine Kollegin ihm das Gerät gegen seinen Willen entfernt und er direkt tot umfällt?</div><div>Und dies sind nur wenige Beispiele für einen offenbar mal eben in einer Nacht aus dem speckigen Ärmel geschüttelten Streifen. Tatsächlich berichtet Regisseur Casey jedoch, dass der Film über Jahre hinweg an Wochenenden gedreht wurde und es sich hier damit wohl um ein Herzensprojekt handelt, ähnlich eines <b>Bad Taste</b>, der unter gleichen Bedingungen, wenn auch mit mehr Können, entstand.</div><div>Doch ist es vielleicht ebenfalls falsch <b>Horror House on Highway 5</b> als<b> </b>reine filmische Freakshow zu betrachten (den Reizbegriff <i>Trash</i> möchte ich hier erst gar nicht bemühen), gelingen doch immer wieder stimmige Szenen, welche durchaus (mehr als nur einen unfreiwillig komischen) Eindruck hinterlassen. Da wäre die seltsame, peitschende Geräusche verbreitende, unsichtbare (und dafür produktionstechnisch unglaublich preiswerte) Waffe, mit der Bartholemew in seinen Kellerräumen seine Opfer mürbe macht. Und da ist das äußerst enervierende Ende, welches an einen anderen Klassiker des Slashers gemahnt und so nicht von mir erwartet wurde. Dazwischen gibt es in jeder Szene des Films, in dem ohnehin kaum Leerlauf aufkommt, zahlreiche schräge Details zu entdecken: man achte nur auf die schundigen, gern auf pinken Papier gedruckten, Nazi-Printmedien, welche die Wände im Haus der Bösewichte zieren.<br /></div><div>Als Untermalung des Ganzen fungiert ein Score, der britischen Postpunk mit US-Surfpop und (noch passender) Psychodelic-Rock verbindet. Regisseur Casey selbst hatte übrigens 1981 das Video zum <i>Blue</i><i> </i><i>Öyster Cult</i> Hit <b>Burnin' for You</b> gedreht - drei Jahre nach dem von ihm höchstselbst verbürgten Beginn der Dreharbeiten zu <b>Horror House on Highway 5</b> und vier Jahre vor dessen Veröffentlichung anno 1985.</div><div>So darf man sich schlussendlich fragen, wie viele und welche Drogen am Set des Streifens die Runde machten, und warum dieser Film eine solch sonderbare Anziehungskraft hat, die ihm bis dato eine kleine Kultgemeinde beschert hat.<br /><b></b></div><div><br /></div><div style="text-align: center;"><b>***</b><br /></div><div><b><br /></b></div><div><b>Fazit:</b> Ganz sicher kein großes Kino (wenn man überhaupt von solchem sprechen will), aufgrund seines Unterhaltungswertes und der einzigartigen Stimmung ist meine<br /></div><div></div><div><b><br /></b></div><div><b>Punktewertung: </b>allerdings ganze 7 von 10 möglichen Punkten. Spießige Spaßbremsen und AFD-Wähler sollten die Wertung vielleicht a priori halbieren ...<br /></div>Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-17663317153260157192020-06-25T23:31:00.004-07:002020-06-25T23:33:57.183-07:00Lieber den Spatz im Sumpf als die Taube auf dem Dach<b>Sparrows (Sperlinge Gottes)</b><br />
<b>USA 1926</b><br />
<b>R.: William Beaudine / Tom McNamara (uncredited)</b><br />
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<br />
<b>Worum geht's?:</b> In einem alligatorverseuchten Sumpf betreibt der diabolische Alte Grimes (Gustav von Seyffertitz) mit seiner Frau und seinem sadistischen, jugendlichen Sohn (Spec O'Donnell) eine sogenannte "Baby-Farm". Hier geben arme Familien ihre Kinder zusammen mit dem wenigen, zu erübrigenden Kostgeld ab, andere sind Waisen, welche zusammen mit den erstgenannten die Felder der Farm bestellen und von den Grimes' dafür geradeso am Leben erhalten werden.<br />
Als Mutterersatz fungiert die Heranwachsende Molly (Mary Pickford), welche die wesentlichen jüngeren Kinder durch ihren christlichen Glauben und selbstlose Zuwendung über die Tage bringt.<br />
Jedoch ahnt Molly nichts vom neuesten Plan des Alten, welcher eines dunklen Abends das Baby reicher Eltern kidnapped und in ihre Obhut gibt.<br />
Wenige Zeit später packt Grimes jedoch nach einem Zeitungsartikel die Panik,und er entscheidet kurzerhand, das Kleinkind bei nächster Gelegenheit lebendigen Leibes im Sumpf zu versenken.<br />
Vom Vater losgeschickt, wird die seinem eigenen Sohn überlassene Mordtat von der geschockten Molly verhindert, welche darauf zu allem entschlossen aufbricht, mit den Kindern in der Dunkelheit von der Farm zu flüchten - verfolgt von einem tobsüchtigen Grimes und dessen mörderischen Spießgesellen.<br />
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<b>***</b></div>
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<b>Wie fand ich's?:</b> Im Jahre 1926 war Mary Pickford (* 1892;<span style="background-color: white; color: #222222; font-family: sans-serif; font-size: 14px;"><span style="color: black;"></span></span> † 1979), welche eigentlich Gladys Louise Smith hieß, bereits einer der größten Stars und Großverdiener Hollywoods. 1919 hatte sie zusammen mit Chaplin, D. W. Griffith und ihrem Gatten Douglas Fairbanks die Filmgesellschaft <i>United Artists</i> gegründet und war damit zu einer der mächtigsten Frauen im internationalen Filmgeschäft aufgestiegen.<br />
Pickford war bei ihren Fans besonders in der Rolle des einfallreichen, armen, jugendlichen Mädchens mit den Zöpfen (<i>the girl with the curls</i>) beliebt, eine Figur, die sie bereits in unzähligen (Kurz-)Filmen gespielt hatte, welche aber die nun in ihren Dreißigern Angekommene gern hinter sich gelassen hätte, nun in ihrem vorletzten Stummfilm erneut bedienen sollte.<br />
Auf dem Regiestuhl saß der zu dieser Zeit ebenfalls bereits etablierte William Beaudine (* 1892; † 1970), welcher sich erste Meriten als <i>Assistant-Director</i> bei Pickfords Geschäftspartner Griffith verdient hatte.<br />
Beaudine sollte allerdings mit seinem Star schon bald aneinanderrasseln, beklagte sich Frau Pickford doch, dass ihr Regisseur die Sicherheit am Set stark schleifen ließe und ihr die Alligatoren im actionbetonten Finale gefährlich nahegekommen seien (was andere Stimmen jedoch verneinen). Zur Folge hatten die Streitigkeiten am Set wohl, dass Beaudine an den Rande seiner Belastungsgrenzen gelangte und vorzeitig das Handtuch warf, sodass sein <i>Assistant-Director</i> Tom McNamara die Dreharbeiten beenden musste. Außerdem setzte Pickford Beaudine für weitere Produktionen der <i>United Artists</i> auf ihre ganz persönliche <i>Blacklist</i>, sodass dies sein letzter Film für die aufstrebende Firma sein sollte.<br />
In den ersten Jahren des Tonfilms sollte Beaudine sich in Großbritannien verdingen, nur um nach seiner Rückkehr im Jahre 1937 festzustellen, dass er nun in den USA keinerlei Starstatus besaß und ihm die Studios keine großen Projekte mehr anboten. Durch Steuerschulden und Fehlinvestments in die finanzielle Bredouille geraten, nahm er 1940 ein Angebot zu einer <i>Low-Budget-Produktion</i> an und sollte bis zu seinem Karriereende nur noch B-Filme drehen. Hässliche Kritiker versahen ihn mit dem Spitznamen '<i>One-Shot</i>' Beaudine, sagte man ihm doch (wohl meist fälschlich) nach, aus Kostengründen stets aus die erste Einstellung zu verwenden.<br />
Seine letzten beiden Filme sollten die direkt hintereinander hinuntergekurbelten Westernhorrorstreifen <b>Billy the Kid versus Dracula</b> (USA 1966) und <b>Jesse James Meets Frankenstein's Daughter</b> (USA 1966) sein, wovon ersterer der einzige Film sein sollte, welchen (B-)Filmlegende John Carradine in späteren Interviews als des Bereuens wert angab.<br />
Mit <b>Sparrows</b> allerdings hatte Beaudine vier Jahrzehnte zuvor ganz großes geschaffen, vereint der Film doch den <i>Deutschen Expressionismus </i>mit einem ersten Wetterleuchten über den unheilvollen Sümpfen des Backwood-Subgenres.<br />
Und wenn in einer (Traum-)Szene zur Mitte des Films der große J. C. persönlich aus dem Himmel steigt, um einen verhungerten Säugling zu sich zu holen, bleibt kein Auge trocken. Ein Beweis für Pickfords eigenen Glauben, und ein Beweis dafür, dass man stets daran Glauben kann, im Stummfilm noch echte WTF-Momente finden zu können!<br />
<br />
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<b>***</b></div>
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<b>Fazit:</b> Ein wiederzuentdeckender Klassiker des amerikanischen Stummfilms von zwei sehr unterschiedlichen Könnern ihrer Zeit.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,75 von 10 hungrigen MäulernSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-72957111019719590322020-03-16T00:26:00.000-07:002020-03-16T00:27:51.193-07:00Rate mal, wer zum Essen stirbt<b>Quiz</b><br />
<b>NL 2012</b><br />
<b>R.: Dick Maas</b><br />
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<b><br /></b>
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<span style="font-family: inherit;"><b>Worum geht's?:</b> Am Abend nach der Aufzeichnung seiner letzten Show wird der Quizmaster Leo (Barry Atsma) in einem Restaurant beim Warten auf seine Familie von einem Fremden (Pierre Bokma) angesprochen, der ein ganz eigenes, fieses Ratespiel mit dem Fernsehstar spielen möchte.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Der Spielort: Der Tisch beim Nobelitaliener, an dem man sich bereits befindet.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Die Spielregeln: Werden vom Fremden mit jovialer und scheinbar tödlicher Gelassenheit festgelegt.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Der Einsatz: Das Leben von Leos Frau und Kind.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">So beginnt ein Spieleabend der etwas anderen Art, welcher für beide Teilnehmer so einige Überraschungen bereit hält. </span><br />
<span style="font-family: inherit;"><br /></span>
<div style="text-align: center;">
<b><span style="font-family: inherit;">***</span></b></div>
<span style="font-family: inherit;"><br /></span>
<span style="font-family: inherit;"><b>Wie fand ich's?:</b> Dick
Maas (* 1951) ist vermutlich eine der sträflichst unterbewertetsten Personen des europäischen
Genrefilms. Bekannt bei den einen für seine <b>Flodder</b>-Klamotten, ist er
anderen vielleicht noch bekannt für seinen erstklassigen Thriller
<b>Amsterdamned </b>(NL 1988 dt.: Verfluchtes Amsterdam), oder für seine Horrorfarce <b>De Lift </b>(NL 1983 dt.: Fahrstuhl des Grauens), der Maas selbst 2001 das (zugegeben eher misslungene) US-Remake <b>Down</b> hinterherschickte. Darüber hinaus hat
sein Werk leider kaum hiesig viel Aufsehen erregt - weder sein abgefahrener Weihnachtshorror <b>Sint </b>(NL 2010 dt.: Saint), noch der nächtliche, mit US-Stars gepimpte Großstadtkrimi <b>Do Not Disturb </b>(NL/BRD 1999), und erst
recht nicht der hierzulande nicht mal veröffentlichte, äußerst spannend geratene Psychothriller <b>Quiz</b>.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Dieser lässt Maas einmal mehr mit einfachen Mitteln einen absolut unterhaltsamen Film abliefern, der vielleicht das Rad nicht neu erfinden mag, sich aber für meine Begriffe wohltuend aus dem Gros der Veröffentlichungen der letzten Jahre abhebt.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Dabei ist Maas erneut absolut unprätentiös, man bekommt als Zuschauer stets dass, was man erwartet, inklusive einiger schöner <i>twists and turns</i>. </span><br />
<span style="font-family: inherit;">Vielleicht ist es eben jene Einfachheit, welche ein zeitgenössisches, an laute, grelle CGI-Orgien gewöhntes Mainstreampublikum abstößt, vielleicht ist dies der Grund dass nahezu alle Werke Maas' wertungstechnisch auf Seiten wie <i>IMDb</i>, <i>OFDb</i> und <i>Rotten Tomatoes</i> im Mittelmaß (oder weit darunter) versanden. </span><br />
<span style="font-family: inherit;"><b>Quiz</b> hat es jedenfalls in den acht Jahren nach seiner Veröffentlichung noch nicht einmal zu einem deutschen Release gebracht, was in diesem Fall auch daran liegen mag, dass man auf hierzulande fast gänzlich unbekannte Darsteller zurückgreift, lediglich Hauptdarsteller Barry Atsma werden einige aus der auf <i>ARTE</i> und im <i>ZDF</i> gelaufenen Erfolgsserie <b>Bad Banks</b> (BRD/LUX 2018) kennen. Jenem stiehlt jedoch in jeder Szene sein Gegenspieler Pierre Bokma als freundlich-diabolischer Psychopath die Schau, dieser könnte einem beim einmaligen Auftritt in einer <b>Tatort</b>-Folge von 1990 schon einmal begegnet sein, ich musste für mich allerdings außerdem feststellen, dass der Franzose Bokma auch eine Nebenrolle im von mir für gut befundenen, ebenfalls niederländischen, Thriller <b>Schneider vs. Bax</b> (NL 2015) innehatte, dessen von mir ebenso sehr verehrter Regisseur Alex van Warmerdam (vgl. <a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.com/2015/05/alle-gute-wird-chirurgisch-entfernt.html" target="_blank"><b>Borgman</b></a>) hierzulande wiederum das gleiche Schicksal wie sein Landsmann Maas teilt - das des ewigen Geheimtipps unter eingeweihten Filmfans. </span><br />
<span style="font-family: inherit;">Maas bislang letztes Werk <b>Prooi</b> (NL 2015 dt.: Prey) findet dieser Tage dann allerdings doch noch nach einigen Jahren seinen Weg in deutsche Blu-ray-Player. Maas bietet hier eine höchst süffisante, kurzweilige Tierhorror-Comedy zur Schau, welche ordentlichen Splatter mit leider weniger gelungenen CGI-Effekten und einer etwas vorhersehbaren Story bietet. Somit ist <b>Prooi</b> sicher nicht ganz ohne Mängel, soll aber Freunden blutiger Monsterviehstreifen an dieser Stelle ans wilde Herz gelegt werden (meine Wertung: 7 von 10 möglichen bemähnte Menschenfressern).</span><br />
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<b>***</b></div>
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<b>Fazit:</b> Ein weiterer gleichermaßen kleiner wie feiner Genrefilm aus der Werkstatt eines leider wenig beachteten Könners.<br />
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<b>Wertung:</b> 7,75 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-83123088703376325132020-03-08T03:41:00.000-07:002020-03-08T03:41:09.966-07:00Someone to hear your prayers - Someone who cares<b>De komst van Joachim Stiller (eng.: The Arrival of Joachim Stiller)</b><br />
<b>B/NL 1976</b><br />
<b>R.: Harry Kümel</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Antwerpen. Der Journalist Freek Groenevelt (Hugo Metsers) wird Zeuge einiger sonderbarer Vorkommnisse: seltsam gepflegte Straßenarbeiter reißen ohne erkennbaren Grund das Pflaster vor einem Café auf und schließen es direkt darauf einfach wieder, in der Straßenbahn betätigt eine scheinbar unsichtbare Person mehrfach hintereinander das Ausstiegssignal, ohne dass jemand die Bahn verlässt.<br />
Als Groenevelt seine Beobachtungen in einem Zeitungsartikel veröffentlicht, kontaktiert ihn der Leiter des Öffentlichen Dienstes, Schepen Keldermans (Gaston Vandermeulen), der ähnliche Erfahrungen gemacht haben will und Groenevelt weiter für die mysteriösen Vorkommnisse sensibilisiert.<br />
Kurz darauf erhält der nun verunsicherte Journalist einen geheimnisvollen Brief eines gewissen Joachim Stiller, der von Omen und Vorzeichen spricht, und muss zu seiner zusätzlichen Beklemmung feststellen, dass der Brief nicht nur eine uralte Briefmarke, sondern auch einen Poststempel von 1919, trägt.<br />
Alles wird noch absonderlicher als Freek bei einem Besuch in der Redaktion des Magazins "Die gebrochene Faust", welches zuvor einen Schmähartikel über seine Arbeit veröffentlicht hatte, von der sympathischen Kollegin Simone (Cox Habbema) erfährt, dass auch dort ein Brief eines Joachim Stiller eingegangen ist, der darin bittet, von weiteren Nachstellungen gegenüber Groenevelt abzusehen. So glaubt man dort, dass der wütende Freek höchstselbst eben jener Joachim Stiller sei, was dieser jedoch direkt abstreitet.<br />
In den kommenden Tagen forschen Freek und Simone verstärkt nach Stiller, und stoßen dabei auf einen antiken Folianten aus dem 16. Jahrhundert, der von einem deutschen Theologen und Wanderprediger namens Joachim Stiller stammt, und in dem es um den Weltuntergang geht, welcher bereits in allzu naher Zukunft liegen soll.<br />
Ist Joachim Stiller somit der Herold der Apokalypse? Und was hat es mit den ständigen Erinnerungsfetzen aus Freeks Kindheit im Zweiten Weltkrieg auf sich, die immer wieder in ihm aufsteigen?<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Harry Kümel ist kein Neuling in diesem Blog. Bereits im April 2013 besprach ich an dieser Stelle seine surreale Mysteryfarce <a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.com/2013/04/belgische-gotterdammerung.html" style="font-weight: bold;" target="_blank">Malpertuis</a>, in der ein junger Matthieu Carrière auf einen in die Jahre gekommenen Orson Welles trifft und eine buchstäbliche Götterdämmerung einleitet. Im selben Jahr legte Kümel zudem sein bekanntestes Werk vor: <b>Les lèvres rouges</b> (B/F/BRD 1971 dt.: Blut an den Lippen), einen schwülen, surrealen Vampirfilm voll erotischer Albträume.<br />
Ein halbes Jahrzehnt später dann folgte <b>The Arrival of Joachim Stiller</b>, eine recht werkgetreue Adaption eines Romans des belgischen Autoren Hubert Lampo, dessen Werk in großen Teilen dem <i>Magischen Realismus</i> zugeordnet wird, einer Literaturgattung, welche sich grob mit "Geerdeter Fantasy im Hier und Jetzt" umschreiben ließe.<br />
So dringt in Kümels Film die mysteriöse Figur des Joachim Stiller in die geordnete und geerdete Welt des Journalisten Freek ein, und öffnet diesem die Augen für eine ihm verborgene Agenda scheinbar höherer Kräfte. Tatsächlich bedienen sich Buch und Film bei einer ganzen Reihe von christlichen Motiven, was aber selbst mir als eingefleischtem Atheisten nicht negativ aufgestoßen ist, sondern dem Gesamtbild lediglich eine wunderbar entrückte Note verleiht und bei dem selbst der etwas späthippie'eske Prolog einem noch ein Lächeln abringt.<br />
Damit bleibt Kümel seiner surrealen Linie treu, wirkt hier aber weit weniger zynisch als in <b>Malpertuis</b> und <b>Les lèvres rouges</b>, sondern viel versöhnlicher und hoffnungsvoller. Gleichzeitig gelingt ihm ein spannender Okkult-Thriller, der über seine nicht eben geringe Laufzeit stringent zu unterhalten versteht und nebenher noch Zeit findet, eine kleine, fiese Groteske über die Vermarktung von Kunst und Kunstschaffenden gleich noch im Vorbeigehen mit abzuliefern.<br />
Ursprünglich fürs belgische TV als Dreiteiler konszipiert, dann zu einem zweistündigen Kinofilm zusammengefasst, kann man nun Kümels Werk als belgische DVD mit einem Zusammenschnitt der drei TV-Episoden auf eine Länge von 153 Minuten auch über hiesige Online-Versender erwerben - ich kann dem nur anraten und träume derweil von einer deutschen OmU-Blu-ray-Veröffentlichung.<br />
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<b>Fazit: </b>Ein leider hierzulande gänzlich übersehenes Juwel des europäischen Fantasyfilms. </div>
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<b>Punktewertung:</b> 9,5 von 10 möglichen Punkten und damit ganz knapp an der Höchstnote!</div>
Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-22105736543442762932020-01-31T03:02:00.002-08:002020-01-31T03:02:37.772-08:00Mehr als nur heiße Luft<b>Ukradená vzduchlod' (Das gestohlene Luftschiff)</b><br />
<b>CZ/I 1966</b><br />
<b>R.: Karel Zeman</b><br />
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<b>Worum geht's?: </b>Prag, zum Ende des 19. Jahrhunderts:<b> </b>Das Zeitalter der Luftschifffahrt.<br />
Fünf minderjährige kleine Jungen kapern kurzerhand ein Luftschiff von einem Ausstellungsstand, nachdem dessen Besitzer die Kinder um ihre zuvor jovial zu Werbezwecken versprochene Gratisfahrt bringen wollte.<br />
Zudem verbreitet man das Gerücht, eben jenes Fluggerät sei mit einem neuartigen, explosionssicheren Gasgemisch gefüllt, was einen benachbarten Kaiserstaat dazu veranlasst, einen Spion zu entsenden, während man den Eltern der Kinder öffentlich den Prozess macht.<br />
Ein findiger Journalist auf einem qualmenden Motorrad macht sich auf, nach den Jungen zu forschen, welche derweil auf einer sonderbaren Insel gestrandet sind, dessen Felsenfeste auch dem legendären Kapitän Nemo zu Zeiten als Unterschlupf dient.<br />
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<b>***</b></div>
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<b>Wie fand ich's?:</b> Karel Zeman zeigte hier einmal mehr, auf welch hohem
kreativen Niveau man in den 60ern in der Tschechoslowakei Kinder- und
Familienfilme schuf.<br />
Erneut mixt er - wie z. B. auch schon in seiner vorangegangenen Jules-Verne-Adaption <b>Vynález zkázy</b> (CZ 1958 dt.: Die Erfindung des Verderbens) Animationen mit Realfilm und
bewerkstelligt damit auch technisch ein buchstäbliches Abenteuer. So entsteht
eine Jules-Verne-Adaption, die in ihren besten Momenten auch den
erfinderischen Geist eines anderen großen Vordenkers aufgreift: den des französischen Kinomagiers Georges Méliès, der bereits in den Anfangstagen des Films Menschen zum Nordpol und gar auf den Mond brachte.<br />
Zeman hält seinen, sich ebenfalls wie bei Méliès zahlreicher Filmtricks bedienenden, Film zum Großteil im Ton alter Sepiafotografien, was dem Werk etwas zusätzlich entrücktes, nostalgisches Flair verleiht und ihn klar einer bestimmten Zeit zuordnet. Allerdings macht Zeman damit auch seinem Zuschauer dauernd noch mehr bewusst, ein Kunstwerk - oder vielleicht besser: ein künstliches Werk - vor sich zu haben, weswegen es einem mitunter schwerfällt sich gänzlich in diese zwar wunderschönen aber stets doch sehr artifiziellen Bilderwelten fallenlassen zu können.<br />
Einer von Zemans größten Bewunderern ist - wenig verwunderbar - Terry Gilliam, der Ex-Animateur, 'tschuldigung: -Animator, der <i>Pythons</i>, der sich selbst 1988 an einer Verfilmung der <b>Abenteuer des Baron Münchhausen </b>(UK/BRD orig.: The Adventures of Baron Munchhausen) wagte, welche sein Vorbild Zeman bereits 1962 unter dem Titel <b>Baron Prásil</b> (CZ dt.: Baron Münchhausen) im gleichen Realfilm-trifft-Animation-Stil wie <b>Das gestohlenene Luftschiff</b> realisiert hatte.<br />
Wer also auf der Suche nach einer Jules-Verne-Adaption ist, welche die Visionen des Franzosen in einzigartige Bilder bettet, der sei hier richtig - man sollte jedoch bedenken, dass es sich hier absolut um einen Kinderfilm handelt, welcher in erster Hinsicht auf ein junges Publikum ausgerichtet ist und deswegen inhaltlich sehr geradlinig und wenig tiefschürfend daherkommt. Wer seinen Zeman etwas satirischer und kritischer mag, dem sei an dieser Stelle doch gleich noch dessen <b>Bláznova kronika</b> (CZ 1964 dt.: Chronik eines Hofnarren) ans Herz gelegt, ein wilder Ritt durch den Dreißigjährigen Krieg in Form einer surrealen Farce!<br />
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<b>Fazit:</b> Ein luftiges Abenteuer für alle Jungen und Junggebliebenen!<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8 von 10Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-16370663336913282492019-11-13T23:25:00.000-08:002019-11-13T23:28:55.343-08:00Notas Cinematic 3: Betreff: Kündigung meines Abonnements<br />
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>Inland Empire<o:p></o:p></b></span></div>
<div class="MsoNormalCxSpMiddle" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm; mso-add-space: auto;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>USA F/P 2006<o:p></o:p></b></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal; margin-bottom: .0001pt; margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>R.: David Lynch</b><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><b>In aller Kürze:</b> <i>Der folgende Text wurde von mir bereits am 16.11.2007 geschrieben und mitsamt einiger kruder Stil- und Rechtschreibfehler auf der Filmseite der OFDb veröffentlicht. Da dieser Text fast prophetisch auch meine Sicht
auf die unlängst abgelaufene dritte Staffel der Kultserie <b>Twin Peaks</b> abbildet,
hier den Text mit deutlich weniger Fehlern noch einmal in schön:</i><o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Lieber David,<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<br /></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">gestern habe ich Deinen letzten
Opus <b>Inland Empire</b> gesehen.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ich muss gestehen, dass ich
bislang wohl einer Deiner absoluten Fans gewesen bin, aber nun doch meine
Mitgliedschaft im Verein der Internationalen-Lynch-Anbeter kündigen will.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Vor dieser uninspirierten
Ansammlung von ganz tollen "Experimenten" habe ich Deinem Meisterwerk
<b>Mulholland Drive</b> zuletzt noch die Höchstnote gegeben!<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auch Lost Highway davor war ganz
super <i>strange</i> und so ... <o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Und ich mochte stets die surreale
Atmosphäre, das Spiel mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, der tollen
Musik von Angelo Badalamenti etc ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ich muss allerdings gestehen,
dass ich eigentlich <b>Eraserhead</b> und <b>Blue Velvet</b> für Deine absoluten Meisterwerke
ansehe (beide: 10/10), und ich immer der Meinung war: das einzig Schlechte an
<b>Blue Velvet</b> ist diese (gewollt?) ekelhaft farblose Laura Dern. Aber das war in
Ordnung, denn Kyle MacLachlans Freundin sollte wohl lediglich einen Konterpart
zu Isabella Rosselini darstellen - da passte Laura Dern dann doch noch sehr
gut. So vollkommen blass ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch zurück zu <b>Inland Empire</b>.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Du hast aus dem Pilotfilm einer
nicht realisierten Serie <b>Mulholland Drive</b> konzipiert und, hey, das lief ja
super.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Nun hast Du Dir ´ne Videokamera
gekauft und einfach mal so vor Dich hin gefilmt - Experimente nennst Du so was.
Auch im Puff in Polen hast du draufgehalten (mit der Kamera natürlich) und hast
die Mädels einfach mal improvisieren lassen ... Du Genie!<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Dann kam wohl auch Laura Dern des
Weges, die ist jetzt 40, wirkt aber wie 50; sie brauchte wohl etwas Kleingeld
und hatte einige Tage Zeit ... Tja, und dann hat sie improvisiert ... Und Du
hast draufgehalten ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ach ja, dann die Idee mit der
Hasen-Sitcom! Hui, wie medienkritisch! Du Genie, Du!<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Schließlich hast Du alles einfach
mal zusammengeschnitten - die Aufnahmen aus Polen, die Hasen und die Dern - und
schau: Inland Empire war geboren.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Ein Film, der laut Aussage des
Verleihs nur einen roten Faden besitzt: die Angst. Angst hatte ich auch. Dass
der Film gar kein Ende nimmt ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Denn jetzt mal unter uns beiden
ganz Intellektuellen: viel Sinn ergibt das nicht. Eigentlich ergibt das sogar
überhaupt keinen Sinn! Eigentlich ist das sogar einfach nur total nervendes
Freestyle-Geschwurbel eines mal als Genie gefeierten Filmschaffenden, der
versucht seine Grenzen auszuloten!! Weniger im künstlerischen, als im
kommerziellen Bereich.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Auf Deiner Website verkaufst Du
jetzt ja Kaffee... Den hab ich nach 173 Minuten dann wohl auch nötigst
gebraucht. Denn von Spannung - keine Spur! Auch von Handlung; oder besser: von
einem Handlungsbogen, der den Dreck, ´tschuldigung, die Experimente
zusammenhält, ist nach spätestens 20 Minuten keine Spur mehr vorhanden.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Klar es geht um ein verfluchtes
Filmprojekt, um polnische Phantome, polnische Zirkusleute, Prostitution (wo
wohl? in Polen!) und Riesenhäschen in Hollywood (nicht Polen). Was hast Du
eigentlich gegen Polen? Egal.<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Früher konnte man Dir Substanz, Eleganz und Anspruch attestieren. Heute: Riesenhasen und polnische Freudenmädchen
die zu <i>Do The Locomotion</i> tanzen ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Die Musik (war da Musik?) hatte
Angelo bestimmt letzte Woche beim Renovieren im Keller gefunden. Ist dann auch
preiswerter, und so ...<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Doch siehe da! Ich muss der
Einzige sein, der das so sieht! Die Kritiker lieben Dich! Trotz
Einfallslosigkeit und fehlender Inspiration! Du bist halt David <i>fucking</i> Lynch!
Ein verdammtes Genie! Dem kauft man alles ab! Ich habe 14.99 € bezahlt!
Unbesehen wohlgemerkt! Mach ich nicht noch mal!<o:p></o:p></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Gruß,</span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;"><br /></span></div>
<div class="MsoNormal" style="line-height: normal;">
<span style="font-family: "arial" , "helvetica" , sans-serif;">Sascha</span></div>
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-14571211271974986312019-11-06T03:38:00.000-08:002019-11-06T03:38:07.973-08:00Erotische Alpträume im feuchten Urwald<b>Les garçons sauvages (int.: The Wild Boys)</b><br />
<b>F 2017</b><br />
<b>R.: Bertrand Mandico</b><br />
<br />
<br />
<br />
<b>Worum geht's?:</b> Die Insel La Réunion 700 Kilometer vor der Ostküste Madagaskars irgendwann zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.<br />
Nachdem sie in einem enthemmten Rausch aus Sex und okkulter Gewalt den Tod ihrer Lehrerin verschuldet haben, werden fünf pubertierende Jungs von den ratlosen Eltern einem mysteriösen holländischen Kapitän (Sam Louwyck) übergeben, welcher sie auf seinem heruntergekommenen Schiff zu einer eigentümlichen Insel bringt.<br />
Inmitten einer ebenso üppigen wie sonderbaren Vegetation beginnen dort die wilden Jungs langsam ihr Geschlecht zu verändern und manche treffen schon bald auf die weise Bewohnerin Severine (Elina Löwensohn), welche ebenfalls zuvor als Mann die seltsamen Gestade betreten hatte.<br />
Finden sich die einen mit der neuen Identität ab, planen andere die Flucht - doch ist ein Zurück nach derlei tiefgreifenden Metamorphosen überhaupt noch möglich?<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<b>***</b></div>
<br />
<b>Wie fand ich's?: </b>Bertrand Mandico schuf sich zusammen mit der befreundeten isländischen Regisseurin Katrín Ólafsdóttir im Oktober 2012 ein eigenes Fimmanifest der "Inkohärenz<span style="font-size: 11.2px;"><b>¹</b></span>", wonach ihre Filme frei von Beschränkungen, auf abgelaufenem Filmmaterial gedreht werden sollen, und dabei immer mindestens zwei verschiedenen Genres zugerechnet werden können. Die Effekte sollten rein "in der Kamera" entstehen, während der Ton stets nachträglich hinzugefügt wird; die Kostüme, Requisiten und Sets stammen aus zweiter Hand und wurden nicht für eben jene Produktion hergestellt.<br />
Auf diese Weise soll ein keiner realistischen Ebene zuzurechnendes surreales Werk entstehen, ganz im Sinne des Dadaismus, der klassischen Surrealisten und anderen Konzeptkünstlern.<br />
Vor seinem Langfilmdebüt mit <b>The Wild Boys </b>war Mandico bereits beinah zwei Jahrzehnte lang im Kurzfilmbereich tätig, so schloss er mit seiner Darstellerin Elina Löwensohn nebenher den Pakt, jedes Jahr einen von am Ende insgesamt einundzwanzig Kurzfilmen zu drehen, um so vom gemeinsamen Alterungsprozess zu profitieren, und auch auf diese Weise die sich über die Jahre verändernden Ansätze und Ansichten im eigenen Schaffen aufzeigen zu können.<br />
Waren Mandicos Filme schon immer von einem absurden und traumwandlerischen Feeling besessen, so gelangt er m. E. nach erst mit <b>Les garçons sauvages</b> zu voller Grandezza.<br />
Mit diesem Film gelingt ihm ein Werk, welches an die nostalgischen Schwarz/weiß-Filme eines Guy Maddin erinnert, dabei William S. Burroughs Hang zum Exzess aufgreift (wessen Roman <b><i>The Wild Boys: A Book of the dead</i></b> eine offenkundige Inspirationsquelle für Mandicos Film war, und dessen Verfilmung bereits in den 80ern von Russell Mulcahy in Angriff genommen werden wollte, welches jedoch nur im für den Streifen vorgesehenen <i>Duran Duran</i> Hit gleichen Titels kulminierte) und sich den romantisierten maritimen Motiven des chilenischen Surrealisten Raúl Ruiz bedient, der in seinen Filmen ebenfalls immer wieder Kapitäne, Seemänner und geheimnisvolle (oft metaphorische) Eilande aufgriff.<br />
All dies vermengt Mandico mit einer großen Portion Sex und Spaß am Spiel mit den Geschlechtern, deren Rollen und Befindlichkeiten. Hier werden ungezügelte, gewaltbereite männliche Adoleszenten durch wundersame Weiblichwerdung umerzogen, da kopuliert man mit Pflanzen (ein Motiv aus Burroughs o. g. Roman), nachdem man zuvor die eigene Literaturlehrerin am Ende einer fehlgeleiteten Orgie nackt auf ein Pferd geschnallt hatte.<br />
Über den, mir bei Ansicht des Films noch unbekannten, Besetzungstrick möchte ich hier kein Wort verlieren, nahm ich diesen doch zunächst tatsächlich nicht mal in Ansätzen wahr, und möchte hier dem Leser nicht die nachträgliche Überraschung nehmen, auch, wenn ich mittlerweile mehrfach gelesen habe, dass andere Zuschauer den Gag wohl bereits in den ersten Minuten des Films wahrgenommen haben wollen.<br />
Für die letzte, ebenfalls in Kennerkreisen aufsehenerregende, Regiearbeit seines Freundes Yann Gonzalez, <b>Un couteau dans le coeur</b> (F/MEX 2018 dt.: Messer im Herz; int.: Knife+Heart), einer homoerotisch aufgeladener Giallopastiche, stand Bertrand Mandico übrigens im letzten Jahr ein erstes Mal auch <i>vor</i> der Kamera.<br />
<b>The Wild Boys</b> wurde hierzulande vom feinen Boutiquelabel Bildstörung veröffentlicht. Der Film liegt hier sehr gut untertitelt im Originalton vor, die Bildqualität lässt zumindest bei der mir vorliegenden Blu-ray keine Wünsche offen, und das Bonusmaterial bietet nicht nur vier Kurzfilme auf, sondern kommt auch noch mit Deleted Scenes, dem Trailer, einem Making-of und einem schönen Booklet daher - was will man mehr?<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<b>***</b></div>
<br />
<b>Fazit:</b> Ein wilder, mit den Gender- und Geschlechterrollen spielender Ritt in die Untiefen der Sexualität und ein schwüles Feuerwerk an Kreativität. Beinah einzigartig im Ton und deshalb fast schon allein eine Betrachtung durch wagemutige Filmfreunde wert.<br />
<br />
<b>Punktewertung:</b> 9/10 Punkte - beinah (wenn nicht gar) ein modernes Meisterwerk des entfesselten Kinos.<br />
<br />
<span style="font-size: x-small;"><b>1.</b> Hier bezieht sich Mandico auf eine französische Künstlergruppe namens <i>Les Arts incohérents</i> </span><span style="font-size: x-small;">um den Schriftsteller und Publizisten Jules Lévy, welche von jenem 1892 in Paris gegründet wurde und bereits die spätere Avantgarde- und Anti-Art-Bewegung vorwegnahm. </span>Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-56867700555666200912019-10-17T02:05:00.001-07:002019-10-17T02:05:24.913-07:00Flamboyante Antihelden vor grauen Ecken und Kanten<b>Die letzte Rache</b><br />
<b>BRD 1982</b><br />
<b>R.: Rainer Kirberg</b><br />
<br />
<br />
<b>Worum geht's?: </b>Der Weltkenner (Erwin Leder) streift ziellos durch die Wüste und trifft dort auf das Anwesen des Herrschers (Gerhard Kittler), der den überheblichen Reisenden sogleich mit einer delikaten Aufgabe betraut: er soll für den Machtmenschen einen neuen Erben finden, sind doch dessen Sohn (Paul Adler) und Tochter (Anke Gieseke) einander in inzestuöser Liebe zugetan und mussten diesen Frevel bereits mit dem Leben bezahlen.<br />
Keinem Abenteuer abgeneigt, macht sich der Weltkenner auf den Weg in die große Stadt, doch muss er bald erkennen, dass sich nicht nur die Suche nach einem würdigen Thronerben diffizil gestaltet, sondern auch, dass er seinem Auftraggeber nicht trauen kann, besonders, wenn man diesen in einem Rededuell gegenübertritt, um selbst nach der Macht zu greifen.<br />
Eingekerkert dürstet es schnell dem selbstverliebten Glücksritter nach Rache, und als er in seiner Zelle überraschend auf einen verrückten Wissenschaftler (Volker Niederfahrenhorst) trifft, sieht er ein weiteres Mal seine Stunde gekommen ...<br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<b>***</b></div>
<br />
<b>Wie fand ich's?:</b> Mit "Die letzte Rache" schuf Rainer Kirberg 1982 einen wunderbar seltsamen Film, der irgendwo zwischen Augsburger Puppenkiste und Guy Maddin, zwischen Absurdismus und Caligari hin und her pendelt.<br />
Für das ZDF seinerzeit in der weitgefassten Reihe <i>Das kleine Fernsehspiel</i> konzipiert, entstand der Film unter der Mitarbeit der deutschen Electro-Pioniere <i>Der Plan</i>, welche mit ihrem oft experimentellen Werk ebenfalls zwischen <i>NDW</i> und Avantgarde pendeln, und die nicht nur für die famos schräge musikalische Untermalung verantwortlich zeichneten, sondern deren Mitglieder auch kleinere Rollen übernahmen oder Kulissen entwarfen. Als ein griechischer Chor untermalen sie die Szenen in Form von drei sonderbaren Gewächsen durch meist kryptische Gesangseinlagen und tragen so zum bizarren Ton des Streifens noch weiter bei.<br />
Im Zentrum des Films steht aber Ausnahmedarsteller Erwin Leder (* 1951), dem deutschen Publikum durch seine Rolle als "Das Gespenst" Johann in Petersens <b>Das Boot</b> (BRD 1981), dem wagemutigen Genrefilmfreund als namenloser Serienmörder aus Gerald Kargls <b>Angst</b> (AUS 1983), bekannt, der durch sein gestelztes Spiel jede Szene an sich reißt. Leder spielt, als würde er, wie in einem Stummfilm, allein durch Mimik und Gestik die Emotionen seiner Figur greifbar machen müssen, was durch seine nicht weniger aberwitzige Verwendung der Stimme einen solch skurrilen Charakter schafft, wie man ihn im deutschen Film der letzten Jahrzehnte nur selten findet.<br />
Passend dazu bietet Kirberg Script zahlreiche Verweise auf Klassiker des deutschen Stummfilms und bedient sich bei der, teilweise sogar liebevoll (mit der Kurbel) animierten, Optik direkt beim Deutschen Expressionismus. Hier dominieren die klaren Kanten und Ecken von Wienes <b>Das Cabinet des Dr. Caligari </b>(D 1920), während der <i>Mad Scientist</i> dort gleich an Rotwang aus Langs <b>Metropolis</b> (D 1927) gemahnt.<br />
Da wird der Level der Abenteuerlichkeit nur noch mehr gesteigert, wenn <i>NDW</i>-Ikone Andreas Dorau mal kurz ein (tatsächlich der Handlung dienliches) Duett singt oder Josef Ostendorf als Kommissar zur Waffe greift - Kirbergs <b>Die</b> <b>letzte Rache </b>hält den Zuschauer schon allein aufgrund seiner unvorhersehbaren Einfälle bei der Stange. So ist es auch wenig schlimm, dass dem Narrativ gegen Ende etwas die Luft ausgeht - mit einer Laufzeit von 85 Minuten ist der Film schön kompakt geworden, bedenkt man, dass in heutigen Zeiten selbst triviale, am Fließband produzierte Comicverfilmungen meist gern die Zweistundenmarke locker überschreiten.<br />
<b>Die letzte Rache</b> ist mal wieder ein Film für all jene, die glauben bereits alles gesehen zu haben, und sich freuen, dass es in Deutschland einmal möglich war mit Geldern des ZDFs so etwas zu produzieren.<br />
Der Film ist übrigens in einer schönen Edition als DVD-Flipper (PAL auf der einen, NTSC auf der anderen Seite) beim Kleinstlabel <i>Monitorpop</i> erhältlich und kann direkt über deren Webseite zu einem räsonablen Preis bezogen werden.<br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Fazit:</b> Ein Geheimtipp für Fans des Absurden im Allgemeinen, Freunde des Stummfilms im Besonderen und Fans schräger Kreativität überall auf dem Erdenrund.<br />
<br />
<br />
<b>Punktewertung:</b> 8,5 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-56492472105850849132019-06-25T00:18:00.000-07:002019-06-25T00:18:16.609-07:00Blutbrüder in Preiselbeersauce<b>Blood Rage</b><br />
<b>USA 1987</b><br />
<b>R.: John Grissmer</b><br />
<br />
<br />
<b>Worum geht's?:</b> Als Kind hat Terry (Keith Hall) in einem Autokino einen Besucher während des Liebesakts mit dem Beil massakriert, und sofort danach seinem traumatisierten Bruder Todd (der Bruder des Erstgenannten: Russell Hall) die grausige Tat in die Schuhe geschoben.<br />
Zehn Jahre später, flüchtet der unschuldige Todd (nun: Mark Soper in einer Doppelrolle) aus der Anstalt, in der er ein Jahrzehnt verbracht hat, um, wie Michael Myers, verfolgt von der ihn in der Psychiatrie behandelnden Person (Marianne Kanter - Produzentin des Films), nach Hause zurückzukehren, wo sein Bruder bislang ein ruhiges, normales Leben bei seiner Mutter (Louise Lasser) verbracht hat.<br />
Als diese jedoch bei einer Festlichkeit das Vorhaben äußert, ihre neue Liebe zu ehelichen, erwacht im bösen Zwilling gleichzeitig wieder der Drang zu morden.<br />
So trifft Todd genau zu dem Zeitpunkt daheim ein, als die ersten Leichen bereits zerteilt die pittoreske Gegend verschandeln, und die sympathische Karen (Julie Gordon) mit perfektem Timing gedenkt, ihrem geheimen Schwarm Terry endlich ihre Liebe gestehen zu wohlen; natürlich nicht ahnend, dass dieser mehr Interesse an seiner bluttriefenden Machete, als an ihr hat.<br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Wie fand ich's?:</b> Als man <b>Blood Rage</b> 1987 veröffentlichte, hatte das Slashergenre bereits seinen Zenit seit etwa drei Jahren überschritten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Film allerdings bereits vier Jahre im Regal gelegen, und erst jetzt gedachte man, mit dem Streifen noch eine schnelle Mark machen zu wollen.<br />
Es muss also den Produzenten des Films durchaus klar gewesen sein, dass man es hier mit einem leicht devianten Vertreter seiner Art zu tun hat.<br />
<b>Blood Rage</b> ist nämlich ein sich scheinbar vollkommen seines Genres und seiner Schublade bewusster Film, der absolut weiß, was sein junges Publikum fordert: blutige Gewalt und schwüle Sexualität. Auf beides greift Regisseur Grissmer in aller Regelmäßigkeit im Minutentakt zurück, sprenkelt eine ordentlich Portion Alkohol darüber - die Rotweingläser sind hier gern bis zum Rand gefüllt - und wirft noch nebenher Videogames, Swimmingpools und Babysitting mit in den Topf - eben alles, was die Boys und Girls so umtreibt.<br />
Dazu drehte man die Gore-Regler auch noch kurz auf zwölf (zumindest in den späteren Uncutfassungen, die ersten Veröffentlichungen waren noch stark zensiert), liefert dem Publikum in der Mitte durchtrennte Köpfe und Leiber und jede Menge Kunstblut, welches nun wirklich keine Preiselbeersauce ist, wie es der Hauptdarsteller auch mehrfach während des Films wiederholt.<br />
Hier zeigt sich auch schon der höchst sonderbare Hang zu einem bizarren, obskuren Humor, bei dem nie sicher ist, ob er es nun freiwillig oder tatsächlich unfreiwillig ins Drehbuch geschafft hat. In einer besonders bemerkenswerten Szene, fordert Mutti ihren noch unverdächtigten Killersohn so zum Beispiel auf, dort draußen nicht nur vorsichtig zu sein, sondern sich auch wegen der Kälte einen Pulli anzuziehen, am besten den blauen!<br />
Persönlich tendiere ich dazu, dass man hier sehr wohl wusste, was man tat, und der Streifen von einem wunderbar unterschwelligen <i>Tongue-in-cheek</i>-Witz durchdrungen ist, der zeigt, dass man das Genre bereits nicht mehr ernst nehmen wollte und konnte. Es kommt also bereits ein Gefühl einer latenten Parodie auf, was sich auch im Overacting einer so erfahrenen Schauspielerin wie Louise Lasser zeigt.<br />
Natürlich hatte es auf diesem Gebiet bereits 1981 und 1982 erste eindeutige Versuche mit <b>Student Bodies</b> (USA 1981 R.: M. Rose / M. Ritchie dt.: Was macht der Tote auf der Wäscheleine?) und <b>Wacko</b> (USA 1982 R.: Greydon Clark) gegeben, welche jedoch ihre Hauptbetonung auf wenig feinsinnigen Brechstangenhumor setzten und qualitativ eher im unteren Bereich der Liga anzusiedeln sind (es sei hier noch angemerkt, dass der 1981 ebenfalls erschienene <b>Saturday the 14th</b> [USA 1981 R.: Howard R. Cohen dt.: Samstag, der 14.] zwar vom Titel her eine Slasherparodie vorgaukelt, es sich hier allerdings um ein Haunted-House-Movie mit Vampirfilmmotiven handelt).<br />
So nimmt <b>Blood Rage</b> eine kleine Sonderstellung innerhalb seiner Gattung ein und sollte einem größeren Publikum bekannt gemacht werden - denn der Slasher ist ebenso wenig tot zu bekommen wie seine ewig populären Antagonisten Jason, Michael, Chucky und Freddy - um nur die Größten von ihnen zu nennen ...<br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Fazit:</b> Sicher kein echter Klassiker seines Genres, aber durchaus eine kleine Perle in einem Meer an Mittelmäßigkeiten. Wer sein Adoleszentengemetzel nicht nur ernst und humorlos mag, findet hier eine süffisante Alternative.<br />
<br />
<b>Punktewertung:</b> 7/10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-12027006050650855172019-05-29T04:54:00.000-07:002019-05-29T04:54:57.728-07:00Der mörderische Zauber der Eitelkeit<b>Il siero della vanità (eng.: The Vanity Serum)</b><br />
<b>I 2004</b><br />
<b>R.: Alex Infascelli</b><br />
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<br />
<b>Worum geht`s?:</b> Italien - hier und heute. Nach und nach kidnappt ein Unbekannter mehrere C-Prominente durch das Verabreichen eines Tiersedativums, und hält diese fortan in unterirdischer Einzelhaft.<br />
Verzweifelt versucht die, nach einem eskalierten Einsatz traumatisierte und leicht gehbehinderte, nun wieder zurück in den Dienst gezogene, Polizeibeamtin Lucia (Margherita Buy), dem Täter auf die Spur zukommen.<br />
Alle Hinweise führen in den Dunstkreis der arroganten und skrupellosen Talkshowmasterin Sonia Norton (Francesca Neri), deren Show als ein Sammelbecken für Möchtegernprominente fungiert, die versuchen das quotenstarke Trashformat als Sprungbrett für die eigene Karriere zu benutzen.<br />
Schon bald wird klar, dass der Entführer nicht auf bloße Lösegeldforderungen aus ist, sondern einen bizarren Plan verfolgt, der auch vor Toten nicht halt macht!<br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Wie fand ich's?:</b> Bereits mit seinem Langfilmdebüt <b>Almost Blue</b> (I 2000) hatte Regisseur Alex Infascelli gezeigt, dass das Subgenre des Giallo auch noch im Jahr 2000 nicht gänzlich tot ist. Bereits dort folgte man einer Polizistin auf ihrem Weg durch die Großstadt, in der sie nach einem wahnsinnigen Serienmörder sucht, der stets die Identität seines letzten Opfers annimmt.<br />
Vier Jahre später sollte Infascelli, der sein Handwerk an den Sets mehrerer großer Musikvideoproduktionen in den USA gelernt hatte (u. a. für Nirvana, Prince und Michael Jackson), sich erneut am Neo-Giallo versuchen, und den hier besprochenen Thriller <b>Il siero della vanità</b> drehen, welcher neben einer schönen Spannungskurve auch mit einem medienkritischen Subtext aufwartet, der in Zeiten des heutigen, allgegenwärtigen Trash-TVs immer noch hochaktuell daherkommt.<br />
Wie weit Menschen gehen, um an ihre von Andy Warhol seinerzeit versprochenen 15 Minuten des Ruhms zu kommen, wird hier grotesk auf die Spitze getrieben. Kam <b>Almost Blue</b> noch insgesamt recht düster und verstörend daher, so herrschen diese dunklen Töne zwar auch in <b>Il siero della vanità </b>vor, doch bricht sich hier zeitweise auch ein ätzender Humor seinen Weg und bereichert die Erzählung um weitere Nuancen.<br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Fazit:</b> Ein alles in allem gelungener Neogiallo, der einem von vielen geliebten Subgenre neues Blut zuführt und dessen Regisseur hierzulande bei Freunden italienischer Genrekost mehr Bekanntschaft verdient hätte.<br />
<br />
<b>Punktewertung:</b> 7,5 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-53048239712322512552019-01-15T05:54:00.001-08:002019-01-15T05:54:28.401-08:00Wenn das Feuer den letzten Ton verzehrt<b>Born of Fire (Die Macht des Feuers)</b><br />
<b>GB 1987</b><br />
<b>R.: Jamil Dehlavi</b><br />
<br />
<br />
<b>Worum geht's?:</b> Während ungewöhnlich starke Sonnenaktivitäten auftreten, begibt sich der sensible Flötist Paul (Peter Firth) auf eine Reise in die Türkei, wo er zusammen mit einer Astronomin (Suzan Crowley) dem "<i>Master Musician</i>" (Orla Pederson <i>aka.</i> Oh-Tee) entgegentreten muss, einer bösen Geistergestalt, die durch den Klang ihrer Flöte die Welt in Feuer tauchen will.<br />
Unterstützt vom Muezzin der örtlichen Moschee, Bilal (Stefan Kalipha), nimmt Paul die Suche nach dem furchtbaren Dschinn auf, und kommt dabei auch dem Schicksal seines Vaters auf die Spur, der diese Reise bereits vor ihm angetreten hatte. <br />
<br />
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<b>***</b></div>
<br />
<b>Wie fand ich's?:</b> Es gab einen kurzen Zeitraum, da waren surreale <i>End-of-the-World</i>-Horrordramen offenbar der letzte Schrei (Achtung: Wortspiel in zehn bis elf Wörtern ...) und es entstanden in Großbritannien so tolle Filme wie <b>The Shout</b> (GB 1978 R.: Jerzy Skolimowski, dt. Der Todesschrei), <b>The Medusa Touch</b> (GB/F 1978 R.: Jack Gold, dt.: Der Schrecken der Medusa) oder die den Mainstream ansprechende <b>The Omen</b> Trilogie (GB/USA 1976 - 1991 R.: Donner, Taylor/Hodges, Baker), welche zehn Jahre später noch einen Nachzügler fürs TV gebären sollte, über den wir hier aber lieber den Mantel des Schweigens hüllen wollen. <br />
Ebenfalls eine ganze Dekade später, sollte Jamil Dehlavi seinerseits einen leicht verspäteten Mitbewerber um den Thron des bizarren Apokalypsestreifens ins Rennen schicken. <br />
Der Sohn eines paskistanisch-französischen Elternhauses feierte einige Jahre zuvor mit dem in Pakistan umgehend verbotenen <b>The Blood of Hussein</b> (GB/PA 1980 dt.: Husseins Herzblut) einen weltweiten Kritikererfolg, der allerdings aufgrund seiner Religions- und Militärkritik schnell dazu führte, dass Dehlavi von der pakistanischen Regierung ins vorläufige Exil gezwungen wurde.<br />
So entstand sein nächster Langfilm, der hier besprochene <b>Born of Fire</b>, gänzlich mit britischen Geldern (heißt: aus den Taschen der TV-Produzenten von Channel 4), zum Dreh der Haupthandlung reiste man allerdings in die ferne, geheimnisvolle Türkei. Dort fand man die unglaublichen Aussensets, die dem Film eine besonders weltverlorene Atmosphäre bescheren, welche zwischen kalten Schatten und flirrender Sonnenhitze hin und her springt.<br />
Mit Peter Firth verpflichtete man einen erfahrenen Hauptdarsteller, welcher kurz zuvor mit Tobe Hooper den nicht weniger sonderbaren <b>Lifeforce</b> (GB/USA 1985) auf die Leinwand gebracht hatte.<br />
An seine Seite stellte man die ätherisch wirkende Suzan Crowley, den zurückgenommen agierenden Stefan Khalipha sowie den kleinwüchsigen Jordanier Nabil Shaban und den hageren Skandinavier Orla Throrkild Pederson, welcher unter seinem Pseudonym <i>Oh-Tee</i> auftritt und u. a. zuvor schon in Lynchs <b>The Elephant Man</b> (USA/GB 1980) und in <b>Top Secret</b> (GB/USA 1984) der Zucker-Brüder seine ungewöhnliche Erscheinung vor einer Kamera in Pose rücken durfte.<br />
Zusammen erschuf man mit oft gleißenden, stets jedoch wunderschönen, Bildern eine beinah einzigartige Seherfahrung, die einen gänzlich neuen Horrormythos vom dämonischen "Meistermusiker" gebiert, der mit Feuer und Melodie diese Welt in Asche legen möchte.<br />
Dass daraus im Gegensatz zu den oben genannten <b>Omen</b>-Filmen oder der wesentlich später entstandenen <b>Wishmaster</b>-Serie (USA 1997-2002), die ebenfalls einen bösen Dschinn durchs Dorf treibt, kein langlebiges Franchise, ja, nicht einmal eine Fortsetzung resultierte, mag daran liegen, dass <b>Born of Fire</b> weit mehr Kunst- als Horrorfilm ist, und es sich hier um keine Produktion für ein breites Mainstreampublikum handelt, welches vermutlich auf den Film eher befremdet und ablehnend reagieren würde.<br />
So machte <b>Die Macht des Feuers</b> zunächst noch kurz eine gefeierte Ehrenrunde über einige internationale Festivals und verschwand dann leise glimmend in der Vergessenheit, bis das von mir geschätzte britische <i>Indicator</i>-Label endlich eine Blu-ray-Veröffentlichung initiierte, die ich hier jedem geneigten Leser ans brennende Herz legen möchte.<br />
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<b>Fazit:</b> Ein entrückter Trip in die dunklen Kavernen einer anderen Kultur - fiebrig, hitzig und doch von einer bezirzenden Melodie getragen.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,5 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-48099537356521688862018-11-24T07:12:00.000-08:002018-11-24T07:12:10.870-08:00Notas Cinematic 2: So cool, dass der Schnee schmilzt<span style="font-family: inherit;"><b>Schneeflöckchen</b></span><br />
<span style="font-family: inherit;"><b>BRD 2017</b></span><br />
<span style="font-family: inherit;"><b>R.: Adolfo J. Kolmerer</b></span><br />
<span style="font-family: inherit;"><br /></span>
<span style="font-family: inherit;"><b>In aller Kürze: </b>Mit <b>Schneeflöckchen</b> wurde ein weiterer längst überfälliger Versuch gestartet, so etwas wie einen eigenständigen deutschen Genrefilm zu schaffen. Zuletzt konnte in dieser Hinsicht besonders <b>Der Bunker</b> (BRD 2015) bei mir punkten, wurde hier doch etwas für unsere Filmlandschaft vollkommen Neues versucht: ein surreales Sci-Fi-Märchen, mit bizarrer Atmosphäre und ebensolchem Witz, welches hierzulande beinah ohne Vergleichspunkte ist. </span><br />
<span style="font-family: inherit;">Nun versucht sich <b>Schneeflöckchen</b> auch am wilden Genremix, bedient sich ebenfalls der märchenhaften Fantasy und einer leicht (post-)apokalyptischen Stimmung, aber noch viel mehr greift man auf Versatzstücke des US-amerikanischen Buddymovies zurück und dies mit zwei äußerst auf cool getrimmten Gangsterfiguren, die mordend und sprücheklopfend durch die Szenerie stolpern. Wer also geglaubt hat, anno 2017 würde niemand mehr sich am Frühwerk eines Herrn Tarantino orientieren, da dies mittlerweile schon lange zu einem überstrapazierten, abgeschmackten Klischee verkommen sei, der sieht sich hier eines Besseren belehrt: <b>Schneeflöckchen</b> bemüht zunächst mal tatsächlich wieder das Konzept vom coolen, sich ständig neckenden Killerpärchen, bevor es selbiges in den angesprochenen Pudding aus Fantasy, Sci-Fi wirft und dann schnell ein wenig subtiles Spiel mit Metaebenen beginnt, in dem es das Pärchen erkennen lässt, dass es nur ein Element im Drehbuch eines anderen ist. </span><br />
<span style="font-family: inherit;">Was folgt, ist eine Story über zahlreiche Killer, die unsere, eigentlich stets äußerst unsympathisch daherkommenden, Antihelden verfolgen (hatte ich schon Tarantino erwähnt ..?), ein leider eher nur kurzes Zusammentreffen mit dem titelgebenden Engel <b>Schneeflöckchen</b> (was im Prinzip zu netten Bildern führt, welche aber nur wenig Konsequenzen für den übrigen Film haben) und ein Finale bei dem eklige (Neo-)Nazis ihr Fett wegbekommen (was nie eine schlechte Idee ist, man frage Indiana Jones ...)</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Tatsächlich sind es gerade die Szenen mit den in einem dunklen Bunker hausenden Neonazis, die am besten Funktionieren, kommt hier doch noch am meisten eine düstere Atmosphäre auf, welche jedoch durch das Auftauchen eines Superheldencharakters namens <i>Hyper Electro Man</i>, dann auch schnell wieder mit dem Hintern eingerissen wird.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Was unterm Strich bleibt, ist ein Versuch, der ehrt, und ein oft ein wenig holperiger und zu lang geratener Film, der aber in großen Teilen durchaus zu unterhalten weiß, was auch an der erstaunlich gelungenen Fotografie liegen mag.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Wenn man zudem bedenkt, dass es sich hier um ein über Jahre hin realisiertes Langfilmdebüt handelt, kann man ohnehin aus Respekt über einige Schwächen hinwegsehen, und gespannt sein, was von seinen Machern in Zukunft wohl noch zu erwarten sein mag.</span><br />
<span style="font-family: inherit;">Man kann also dem <b>Schneeflöckchen</b> gerade in der kommenden, kalten Winterzeit ruhig mal eine Chance geben (und den Film dann vielleicht auch weit weniger kritisch sehen</span><span style="font-family: inherit;"><span style="font-family: inherit;"> als ich</span>) - das Mediabook von <i>Capeligh</i>t ist ohnehin wiedereinmal über allen Zweifel erhaben.</span><br />
<span style="font-family: inherit;"><b>Meine Endnote:</b> 6 von 10 Punkten </span>Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-22039553681302015982018-09-30T02:01:00.000-07:002018-09-30T02:01:14.325-07:00Notas Cinematic #1*: Die Auferstehung des verstoßenen Sohnes<b>Raising Cain - Re-cut bzw. Director's Cut (Mein Bruder Kain)</b><br />
<b>USA 1992</b><br />
<b>R.: Brian De Palma</b><br />
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<b>In aller Kürze:</b> Im Gesamtwerk des Brian De Palma nimmt <b>Raising Cain</b> so etwas wie eine Sonderstellung ein. Die meisten (Fans) hassen den Film, und sehen in ihm einen vergeblichen Versuch, an frühere Großtaten wie <b>Sisters</b>, <b>Dressed to Kill</b> oder <b>Blow Out</b> anzuknüpfen, welche De Palma zuvor den Ruf einbrachten, ein entweder großartiger oder aber eben vergessenswerter Hitchcock-Epigone zu sein, welcher das Thriller-Lebenswerk des großen (dicken) Briten zerrupft und daraus eigene Werke strickt.<br />
Bei Ansicht der nun endlich auch hierzulande auf der (Achtung: Werbung!), wieder einmal nur als famos zu bezeichnenden, Mediabook-Veröffentlichung aus dem Hause Turbine erschienenen Re-Cut-Fassung von <b>Raising Cain</b> musste ich feststellen, dass ein mir tatsächlich seit Jahrzehnten bekannter Film nun eine vollkommen neue Ebene dazugewonnen hat, welche ihn vielleicht nun auch früheren Verschmähern des Stoffes bekömmlich machen könnte.<br />
Angefertigt von einem niederländischen De-Palma-Enthusiasten namens Peet Gelderblom und mittlerweile sogar von De Palma offiziell als <i>Director's Cut</i> bezeichnet, setzt diese Schnittfassung mehrere Szenen zu Beginn des Filmes in eine neue, nicht mehr chronologische Reihenfolge und wirkt so verstörender und fordernder auf den Zuschauer, welcher nun zusätzlich erkennen muss, wann es sich bei dem Gesehenen um Rückblicke, Träume oder gar Halluzinationen handelt.<br />
Konnte man in <b>Raising Cain</b> ohnehin schon immer eine ganze Reihe an Eigenzitaten erkennen - der geistig derangierte Zwilling (<b>Sisters</b>), der als Frau verkleidete Mann im Aufzug (<b>Dressed to Kill</b>) etc. - so erinnert der Beginn des Films nun stark in seiner Struktur ebenfalls an Dressed to Kill, beginnt nun auch <b>Raising Cain</b> mit einer zur Untreue in Versuchung geführten Ehefrau, welche abenteuerliche Mittel und Wege findet, ihre romantische Affäre vor ihrem spießigen geheimzuhalten.<br />
Damit bekommt die plötzlich (man könnte böse sagen: im Schlafe) einsetzende Thrillerhandlung einen neuen Überraschungsmoment - eben, wie auch schon zuvor Angie Dickinson und ihr Publikum in <b>Dressed to Kill</b> eiskalt überrascht wurden.<br />
Ich gebe also hiermit eine akute Sehempfehlung an alle jene Leser, die bislang Cain als minderwertigen Output des einzig wahren Meisters des US-Giallos angesehen haben, und bitte um eine längst überfällige Neubewertung des aus dem Pantheon verstoßenen Sohnes.<br />
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<span style="font-size: x-small;"><b>*</b>: In dieser neu geschaffenen Rubrik, werde ich in Zukunft kurze Notizen zu Filmen posten, welche ich auch außerhalb meines <a href="https://letterboxd.com/psychotic/" target="_blank">Letterboxd-Diarys</a> einer breiteren Leserschaft zugänglich machen möchte.</span>Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-29168987984985634452018-09-30T00:04:00.000-07:002018-09-30T00:11:06.026-07:00Gefangen im brennenden Neonschein der Leinwand<b>Dead End Drive-In (Crabs ...die Zukunft sind wir)</b><br />
<b>AUS 1986</b><br />
<b>R.: Brian Trenchard-Smith</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Australien zur Mitte der 90er.<br />
Nach dem weltweiten Zusammenbruch der Finanzmärkte, der Verseuchung der Weltmeere und dem globalen Aufkommen von Unruhen und Ausschreitungen ist auch <i>Down Under </i>nicht mehr alles zum Besten bestellt.<br />
Gangs machen die Straßen unsicher, auf denen Abschleppunternehmen um die blutbefleckten Überbleibsel meist fataler Verkehrsunfälle kämpfen.<br />
Nur in der Liebe und bei Balz ist noch alles beim Alten, und so macht sich der junge Jimmy (Ned Manning), Rufname: Crabs (dt.: Filzläuse - auch wenn unser Held eher sauber und makellos daherkommt), eines Abends auf, mit seiner Dulzinea Carmen (Natalie McCurry) das örtliche Autokino zum Zwecke körperlicher Betätigung aufzusuchen.<br />
Dort ist nach dem Entrichten des Eintrittsgeldes beim etwas sonderbar erscheinenden Kinobesitzer Thompson (Peter Whitford) auch schnell nicht nur der Film, sondern auch die Romantik im hinteren Teil des vom älteren Bruder geliehenen <i>Chevy</i>, im Gange, sodass Jimmy zunächst entgeht, dass ihm so eben zwei Weißwandreifen geradezu buchstäblich unterm nackten Arsch weg geklaut worden sind - und, wie der smarte Bursche schnell kapiert, dazu noch von der lokalen Polizei.<br />
So gestrandet, verbringt man die Nacht notgedrungen im <i>Drive-in</i>, jedoch nur, um am nächsten Morgen verblüfft festzustellen, dass das Freilichtkino freilich ein hoch umzäuntes Internierungslager für unzählige Jugendliche und Heranwachsende ist, welche in und zwischen ihren ausgeschlachteten Wagen die Zeit mit Drogen, Spiel, Gewalt und Fast Food vertreiben.<br />
Haben sich seine Altersgenossen bereits mit ihrem Schicksal abgefunden, so plant Jimmy allein eine mitunter spektakuläre Flucht ...<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Vor einiger Zeit wurden hierzulande Independentproduktionen wie <b>Turbo Kid</b> (CAN/NZ/USA 2015) und <b>Kung Fury</b> (S 2015) für ihren neubeschworenen 80er-Jahre-Retrocharme innerhalb des zeitgenössischen Actionkinos regelrecht gefeiert. Von neuen Instant-Kultfilmen war die Rede - dabei hatte man (nicht nur in hiesigen Gefilden) noch gar nicht das filmische Erbe eben dieser heute gern verklärten Ära in vollem Umfang (neu-)gesichtet und erschlossen.<br />
So schuf Brian Trenchard-Smith im Fahrwasser solcher <i>Ozploitation</i>-Knaller wie <b>Mad Max 2</b> (AUS 1981 R.: George Miller) oder dessen Vorgänger (AUS 1979) einen zeit- und sozialkritischen Endzeitfilm in den schönsten Neonfarben und unterlegte diesen mit feinem New-Wave-Pop, was den Gehalt an 80er-Jahre-Zeitkolorit noch weiter in die Höhe schraubt, auch wenn der Film ganz selbstbewusst zehn Jahre nach seiner Produktionszeit in der Zukunft spielen will.<br />
Mit Dokus wie <b>The Stuntmen</b> (AUS 1973) und <b>Kung Fu Killers</b> (AUS 1974) hatte Trenchard-Smith schon sehr früh in seiner Karriere seine Zuneigung für das Handwerk der Stuntmänner und Kaskadeure kundgetan, und so muss auch <b>Dead End Drive-In</b> natürlich mit einem irrwitzigen Autostunt sein Ende einläuten, welcher mit seinem beinah 50 Meter weiten Sprung durch die Neonreklame des Autokinos sogar einen neuen Rekord aufgestellt haben soll.<br />
Wenn es so etwas wie eine <i>Top Ten</i> des <i>Feel-Good Movies</i> des postapokalyptischen Actionfilmgenres gibt, dann kann man dort <b>Dead End Drive-In</b> besten Gewissens einen der vorderen Plätze reservieren.<br />
Zwar ist Trenchard-Smith' Film nicht gänzlich ohne böse Satire- und Gewaltspitzen, doch hat man stets das Gefühl, dass es ihm in erster Linie um Spaß und Atmosphäre geht.<br />
Dem aufmerksamen Betrachter und Kenner des <i>Ozploitationfilms</i> entgeht zudem nicht, dass auf der Leinwand des Autokinos Szenen aus Trenchard-Smiths <b>The Man From Hong Kong</b> (AUS 1975 dt.: Der Mann von Hongkong) und <a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.com/2015/12/blutige-hatz-auf-erntedankgeflugel.html" target="_blank"><b>Turkey Shoot</b></a> flackern.<br />
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<b>Fazit:</b> Ein neonleuchtender, pulsierender Partymix aus Action, Jugendrebellion und Autokult. Nicht einzigartig was seine Teile betrifft, aber ein wahres Unikat im Ganzen.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 7 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-19787343617083094562018-09-24T01:13:00.000-07:002018-09-24T01:13:52.619-07:00Die pulsierenden Schlieren des Drogeninfernos<b>Mandy</b><br />
<b>USA/BE 2018</b><br />
<b>R.: Panos Cosmatos</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Bei einer kurzen Zufallsbegegnung auf einer Waldstraße gerät Mandy (Andrea Riseborough), die Freundin des Holzfällers Red (Nicolas Cage), in den Blick des wahnsinnigen Sektengurus Jeremiah Sand (Linus Roache) und dessen mörderischen Kults.<br />
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<b>Wie fand ich's?: </b>Langjährige Leser meines Blogs wissen, dass ich mich zumeist Rezensionen neuerer Filme verweigere. Eine Ausnahme habe ich seinerzeit für George Millers fulminante Rückkehr ins postapokalytische Outback mit <b><a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.com/2015/09/fragmente-von-der-wutstrae.html" target="_blank">Mad Max: Fury Road</a></b> gemacht, nun hat mir<b> Mandy</b> mein Herz gebrochen.<br />
Bereits im Jahre des Herrn 2010 hatte Panos Cosmatos mit <b>Beyond the Black Rainbow </b>etwas ganz Eigenes geschaffen. Einen psychodelischen, teils extrem entschleunigten Sci-Fi-Trip, der schon die LSD-schwangeren Bilderwelten von <b>Mandy</b> acht Jahre zuvor vorwegnahm.<br />
Nun mischt Cosmatos Manson mit <b>Hellraiser</b>, LSD mit Speed, nachdem einen das zuvor verabreichte Rohypnol in einen schläfrigen Tunnel voller bunter Albträume gezogen hat.<br />
Ein Film, der mit <i>King Crimsons</i> <b>Starless</b> beginnt, macht in meinen Fanaugen schon mal wenig falsch und schlägt bereits in den Credits einen progressiven Ton an.<br />
Wie man an der obigen, sehr kurzen Synopsis erkennen kann, möchte ich zum Inhalt des Films nur minimalste Angaben machen - <b>Mandy</b> ist ein Film, der den Zuschauer nach Möglichkeit vollkommen unvoreingenommen in seinen zunächst extrem verlangsamten Bilderrausch reißen sollte, bevor er ihn in gnadenloser Rage in der zweiten Hälfte geradezu niederrennt.<br />
Cosmatos nimmt sich die gesamte erste Hälfte Zeit zum Set-up, erst dann geht Cage los um blutige Rache zunehmen, und vielleicht liegt hier auch der einzige große Negativpunkt von <b>Mandy</b>, dass nämlich die zweite Hälfte des Films zuletzt zu sehr den Genrekonventionen entspricht. Dies war bereits schon bei <b>Beyond the Black Rainbow</b> der Fall, und es drängt sich der Gedanke auf, dass Cosmatos wenigstens in den Schlussmomenten seiner beiden bildgewaltigen Werke noch zu einem für das breitere Publikum klar kategorisierenden und nachvollziehbaren Ende kommen möchte und so eine höhere kommerzielle Verwertbarkeit ermöglicht.<br />
Der letzte Film, der mir durch seine Inszenierung einen solch entrückten Sehtrip bescherte war: <b>Laissez bronzer les cadavres</b> (FR/BE 2017 dt.: Leichen unter brennender Sonne) vom Regieduo Cattet und Forzani, dem man, wie seinen beiden Vorgängerfilmen <b>Amer</b> (FR/BE 2009) und <b>L'étrange couleur des larmes de ton corps</b> (BE/FE/LUX 2013 dt.: Der Tod weint rote Tränen), zügig den stark abgenutzten Stempel "<i>style over substance</i>" verabreichte, ungeachtet des von mir oft zu diesem Thema eingebrachten Einwands, dass zuweilen die Substanz eben aus dem Stil, also aus den von der Inszenierung geschaffenen Eindrücken und deren Wirkung auf den Zuschauer, bestünde. Freunde des Experimentalfilms mögen mir hier ohnehin recht geben.<br />
Doch <b>Mandy</b> schafft eben den Spagat zwischen Genre- und Kunstfilm, knallt einem dabei einen grandiosen Score um die Ohren und hinterlässt seinen Zuschauer mit der Bitte um mehr von dem Zeug; denn man hat das dringende Bedürfnis diesen (Blut-)Rausch schon bald wieder zu erleben!<br />
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<b>Fazit:</b> Ein grollendes, schwelendes Gesamtkunstwerk aus Bild und Ton. Ein Trip in die Hölle, aus der man nur wahnsinnig entkommen kann.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,75 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-62962418855326260752018-08-29T01:28:00.000-07:002018-08-29T03:21:18.524-07:00Die Untätigkeit der Verschwörer<b>Out 1: noli me tangere</b><br />
<b>F 1971</b><br />
<b>R.: Jacques Rivette</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Paris nach den Studentenunruhen von '68.<br />
Zwei Theatergruppen proben unabhängig voneinander ihre griechischen Dramen, während zwei junge Trickbetrüger (Juliet Berto und Jean-Pierre Léaud) ebenso unabhängig auf die Spur der Verschwörung der "Dreizehn" gebracht werden.<br />
Darin verwickelt scheint zum einen der Chef der einen Theatergruppe, Thomas (Michael Lonsdale), ein zurückhaltender Intellektueller, der - ganz Libertin - Verhältnisse zu gleich mehreren Frauen pflegt, und zum anderen die junge Marie (Hermine Karagheuz), die in der anderen Gruppe unter der Leitung von Thomas' früherer Partnerin Lili (Michèle Moretti) spielt.<br />
Marie ist es, die dem introvertierten Colin (Léaud) kryptische Texte zusteckt, während dieser in Cafés als vermeintlich Taubstummer den Gästen mit seiner Mundharmonika so lange auf den Geist geht, bis diese etwas Kleingeld rausrücken. In seiner übersichtlichen Behausung entschlüsselt Colin den aus Fragmenten von Balzacs "<b>Die menschliche Komödie</b>" und Carrols "<b>The Hunting of the Snark</b>" zusammengesetzten Code und stromert fortan auf der Suche nach den obskuren "Dreizehn" durch die Straßen der Hauptstadt, bis er in einem kleinen Ladencafé namens <i>L'Angle du Hasard</i> (dt.: Der Winkel des Zufalls), dass auch als Jugendtreffpunkt dient, einen der Treffpunkte der Verschwörer zu erkennen glaubt.<br />
Nebenbei entwendet seine "Kollegin" Frédérique (Berto) bei einer ihrer, dem "Beischlafdiebstahl" nahekommenden Betrügerei, eine Reihe von Briefen, die ebenfalls auf die "Dreizehn" schließen lassen und worin sogar "weltzerstörerische" Absichten geäußert werden.<br />
Die verspielte, junge Diebin versucht, mehr als stylishes Statement denn mit Ernst dabei als Mann verkleidet, die Briefe den darin genannten Personen zurückzuverkaufen.<br />
Das Leben, die Kunst und die Liebe nehmen derweil natürlich weiterhin ungebremst ihren Lauf, und am Ende ist ein Menschenleben auf der Strecke geblieben, während andere weiterhin auf der Stelle treten oder Entscheidungen getroffen haben, die ihr Leben grundsätzlich verändern werden.<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Welch ein Vorhaben - welch eine filmische Großtat! Beinah zwölfeinhalb Stunden Zeit nimmt sich Jacques Rivette (*1928; <span style="background-color: white; color: #222222; font-family: sans-serif; font-size: 14px;">†</span>2016), um seine Vision eines zum Großteil an jedem Drehtag frei dahin improvisierten Films zu verwirklichen.<br />
Gedreht wurde in nur sechs Wochen in Paris und im 14. Departément Calvados mit Blick auf den Ärmelkanal. Oft starren unvorbereitete Passanten einfach in die Kamera - einmal wird Jean-Pierre Léaud, das all umjubelte, von Truffaut entdeckte, Wunderkind der <i>Nouvelle Vague</i>, von spielenden Kindern durch die Straßen der Seine-Metropole verfolgt, während er wie besessen aus einem Buch zitiert und durch die Gegend stapft.<br />
Die Gegend: das ist das Paris, wie man es zu Beginn der 70er vorfand, ungeschönt und realistisch. Insgesamt lässt sich sagen, dass Rivette die Sets hier nie groß ausstattet, die meisten Innenräume wirken eher karg und pragmatisch, lediglich beim Set des <i>L'Angle du Hasard </i>kommen vermehrt einige Farben und Details stärker zur Geltung. Bei Außenaufnahmen scheut sich Rivette jedoch nicht seine Darsteller vor einigen Postkartenmotiven zu platzieren, an denen jedoch stets auch das urbane Leben klar zur Geltung kommt.<br />
Erneut finden sich auch hier Rivettes bereits seit seinem Filmdebüt <a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.com/2014/02/die-kalte-der-grostadt.html" target="_blank"><b>Paris nous appartient</b> (Paris gehört uns)</a> behandelte Lieblingsthemen, die da wären: seine Liebe zum Theater und die Ahnung von einer im Untergrund dräuenden Verschwörung, deren Sinn und Vorhaben allerdings nie wirklich klar wird.<br />
Daneben spielt er mit Doppelungen und Spiegelungen: es gibt jeweils zwei Theatergruppen, zwei Trickbetrüger, (anscheinend) zwei im Verborgenen tätige kriminelle (?) Organisationen und Bulle Ogiers Figur trägt für die einen den Namen Pauline und für die anderen die Bezeichnung Emilie.<br />
<b>Out 1</b> schwankt ständig zwischen (neo-)realistischem Gesellschaftsporträt, dokumentarischem Ansatz bei den improvisierten Theaterproben, modernem Großstadtmärchen, paranoidem Verschwörungsthriller und gibt das Zeitgefühl eines (jugend-)gesellschaftlichen Aufbruchs auf der einen und einen Verfall in Starre und Untätigkeit auf der Anderen wieder.<br />
Inwieweit <b>Out 1</b> dabei auch <b>direkt</b> von den Auswirkungen des Pariser Mais und dem Zusammenbruch der studentischen und proletarischen Protestbewegungen beeinflusst ist, lässt sich von außen im Nachhinein dezidiert wohl kaum mehr sagen, es bietet sich jedoch stark auch die Interpretationsebene an, die Verschwörer in den bei der Zerschlagung der Aufstände tätigen Personen zu sehen, zumal im Film explizit darauf hingewiesen wird, dass die "Dreizehn" zum Handlungszeitpunkt seit zwei Jahren bereits inaktiv dahindämmern. Ebenfalls nicht ohne Reiz ist es, die ehemaligen Verschwörer als die nun demotivierten Exprotestler zu begreifen, welche nach den Unruhen in eine Art der Stockstarre verfallen sind.<br />
So ist <b>Out 1</b> ein filmisches Puzzle aus vielen unterschiedlichen Elementen von beachtlicher Länge, welches in der mit dem Zusatz <b>Noli Me Tangere</b> (ein lateinisches Bibelzitat aus Joh 20,17, welches man mit "Rühre mich nicht an" übersetzen kann) versehenen Urfassung nahezu dreizehn (<b>die</b> Zahl des Films) Stunden Lauflänge erreicht.<br />
Bereits ein Jahr später sollte Rivette, frustriert von den Möglichkeiten zur Aufführung der Ursprungsfassung, das opulente Gesamtwerk radikal auf vier Stunden herunterkürzen, und dieser Version den Zusatz <b>Spectre</b> (dt.: Spektrum aber auch: Phantom, Geist, Schattenerscheinung) geben.<br />
Beide Schnittfassungen sind sowohl in der deutschen, wie auch in der (vom Preis-/Leistungsverhältnis her besseren) britischen Blu-ray-/DVD-Veröffentlichung enthalten.<br />
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<b>Fazit:</b> Ein üppiges Fest für alle Freunde der <i>Nouvelle Vague</i>. Locker leicht trifft hier Anspruch auf spielerische Experimentierfreude - c'est si bon!<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,75 von 10 Punkten<br />
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-49564415349738424612018-07-10T04:06:00.001-07:002018-07-10T04:08:19.589-07:00Liszt und Tücke<b>Lisztomania</b><br />
<b>GB 1975</b><br />
<b>R.: Ken Russell</b><br />
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<b>Worum geht’s?:</b> Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wird der Komponist Franz Liszt (Roger Daltrey) wie ein pianospielender Messias verehrt.<br />
Auf Konzerten fordern seine größtenteils minderjährigen Fans lautstark den <i>Flohwalzer</i>, während der Star das Publikum während der Performance nach ebenso willigen, wie finanziell wohlgestellten, Groupies absucht.<br />
Doch nicht nur Frauen und Fans suchen die Nähe des flamboyanten Künstlers, auch der deutsche Nachwuchskomponist Richard Wagner (Paul Nicholas) rückt Liszt backstage auf die Pelle und schiebt diesem eigene Kompositionen zur freien Verwendung zu. Allerdings verprellt der nassforsche Liszt den zunächst noch wie Donald Duck im Matrosenanzug passiv-aggressiv umherwuselnden Wagner, der mit seiner Komposition das deutsche Volk einen will und auf die Ankunft eines übermächtigen (An-)Führers vorbereiten möchte.<br />
Da gibt sich der Pazifist Liszt doch lieber den Damen hin, verliebt sich im fernen Russland (wo Pete Townsend als Ikone zu Recht in jeder guten Stube hängt) in eine Prinzessin (Sara Kestelman) und pilgert wenig später nach Rom um beim Papst (Ringo Starr - wer sonst?) seine Ehe mit Marie d'Agoult (Fiona Lewis) anulieren zu lassen.<br />
Liszt verfällt dort der sakralen Musik, treibt es bunt mit einer Nonne (Nell "Columbia" Campbell) und muss vom Heiligen Vater persönlich erfahren, dass sein Kollege Wagner, nun Ehemann seiner Tochter Cosima (Veronica Quilligan), der Antichrist persönlich ist und an der Erschaffung einer Herrenrasse arbeitet.<br />
Besorgt macht sich Franz zur Feste Wagners auf, um das Schlimmste zu verhindern, doch hat der Deutsche bereits mit der Arbeit an einem künstlichen Menschen (Rick Wakeman) begonnen und zahlreiche Kinder zu seinem fanatischen Gefolge gemacht ...<br />
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<b>Wie fand ich’s?:</b> Direkt im Anschluss an seine opulente Verfilmung des Kultalbums <b>Tommy</b> (GB 1975) von und mit <i>The Who</i>, griff sich Regisseur Ken Russell deren exaltierten Star und Frontmann Roger Daltrey um ein gänzlich auf eigene Ideen fußendes Projekt umzusetzen.<br />
Wie bereits der Vorgänger ist auch <b>Lisztomania</b> – der Titel bezieht sich auf ein von Heinrich Heine noch zu Lebzeiten des Künstlers geschaffenes Kunstwort – eine wilde, episodenhafte Ansammlung von skurrilen Szenen und aberwitzigen Ideen, welche anscheinend einem langen LSD-Rausch entstammen zu scheinen, und auch während und nach Ansicht des Films den Zuschauer einen solchen direkt nachempfinden lässt.<br />
War <b>Tommy</b> eine auf Townsends Kompositionen und Texte basierende fiktionale Rockoper, die, wenn auch in durchaus surrealen Bildern, ein kohärentes Melodram erzählt, so hebt <b>Lisztomania</b> mit seinen historischen Figuren bereits im infantilen Prolog (Liszt wird vom Gatten seiner Geliebten und späteren Mutter seiner Kinder im Boudoir slapstickhaft herumgejagt) in absurde Sphären ab und kommt auch bis zum Abspann nicht mehr herunter.<br />
Auf den chaplinesken Witz des Prologs folgt ein Bühnenauftritt Liszts, der direkten Bezug zur Beatlemania herstellt, eine Episode auf der Krim artet in einen bunten Sexrausch aus, bei welchem ein überdimensionierter Phallus als Reitgerät für mehrere Personen dient und gen Ende begibt man sich gar in die Gefilde von Gothic-Horror und Mad-Scientist-Story.<br />
Wenn dann Liszt per Orgelsteuerung aus einem durch Liebe angetriebenen Jet, der primärfarbene Kondensstreifen hinter sich herzieht, ein Mischwesen zwischen Frankenstein und Hitler aus der Luft beschießt, welches gerade selbst dabei ist, ein jüdisches Getto mit einer Flammen verschießenden Gitarre (<b>Mad Max: Fury Road</b>, anyone?) in Schutt und Asche zulegen, fragt sich der geistig gesunde Rezipient, was da vor und besonders hinter den Kameras für Unmengen an bewusstseinserweiternden Stoffen in den Blutkreisläufen gewesen sein müssen.<br />
So ist <b>Lisztomania</b> vielleicht Russells wildestes Werk: eine gänzlich entfesselte Vision, welche wohl nicht zuletzt Wagnerfans vor die Köpfe stößt, sondern für ein nüchternes, unvorbereitetes Mainstreampublikum beinah einer Zumutung gleichkommen muss.<br />
Gerüchte besagen, dass Russell Pete Townsend um einen Soundtrack gebeten hatte, dieser allerdings nach der Arbeit an <b>Tommy</b> eine Auszeit nehmen wollte, sodass Rick Wakeman, der stets Glitzerumhang bewehrte Keyboarder der Progrocker <i>Yes</i> erstmals für Russell tätig wurde und als künstlicher Übermensch Thor auch mit Umhang eine kleinere Rolle im Film übernehmen durfte. Fast ein ganzes Jahrzehnt später konnte Wakeman dann noch mal bei Russells <b>Crimes of Passion</b> (USA 1984 dt.: China Blue bei Tag und bei Nacht) Hand anlegen und den mir immer noch im Gehörgang steckenden Ohrwurm <i>It's a Lovely Live</i> zum Soundtrack beisteuern.<br />
Dass allerdings Hauptdarsteller Roger Daltrey nicht unbedingt zum Schauspieler geboren wurde, kann wohl jeder bestätigen, der seine buchstäblich blutleere Darbietung eines Vampirs in Jim Wynorskis ohnehin verko(r)kster <b>Vampirella</b>-Adaption (USA 1996) gesehen hat. Traumwandelte Daltrey noch irgendwie durch Tommy, so muss man jedoch bei <b>Lisztomania </b>eingestehen, dass er hier seinem Affen mitunter durchaus Zucker gibt und mit sichtbarem Spaß bei der Sache ist.<br />
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<b>Fazit:</b> Wer sich mal fühlen will wie Obelix, der gerade kopfüber in einen großen Topf voll LSD gefallen ist, kommt hier voll auf seine Kosten. Alle anderen dürfen sich kopfschüttelnd wundern, was einmal im Kino möglich war - so etwas (wie Russell) kommt vermutlich erst mal nicht so schnell wieder ...<br />
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<b>Punktewertung: </b>7,25 von 10 Punkten<br />
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Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-35372250143393286302018-05-31T01:34:00.000-07:002018-05-31T01:34:20.624-07:00Befreie das Tier in Dir!<b>Wolf (Wolf – Das Tier im Manne)</b><br />
<b>USA 1994</b><br />
<b>R.: Mike Nichols</b><br />
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<b>Worum geht’s?:</b> Auf der Heimreise von einem erfolgreichen Geschäftstermin, fährt der ausgeglichene Verlagschefredakteur Will Randall (Jack Nicholson) auf einer verschneiten einen Wolf an.<br />
Bei der Begutachtung des angefahrenen Tiers, wird Randall in die Hand gebissen, und muss wenig später zu seiner Überraschung bemerken, dass sich zudem um die Bisswunde herum große Büschel aus Haar bilden und sich seine Sinne insgesamt verstärken.<br />
Sein Unglück spitzt sich weiter zu, als er nach der Übernahme durch den schwer reichen Großunternehmer Alden (Christopher Plummer) seinen Job an seinen eigenen Protegé Swinton (James Spader) verlieren und praktisch stattdessen buchstäblich in die Walachei versetzt werden soll.<br />
Doch dies scheint dem Schicksal immer noch nicht genug zu sein, muss der vom Pech verfolgte Mann doch auch noch feststellen, dass der jüngere Rivale nicht nur seine Stelle bekommen soll, sondern auch längst ein Verhältnis mit seiner Ehefrau (Kate Nelligan) hat.<br />
Verständlicherweise erzürnt, wird der biedere Verlagsangestellte nun wortwörtlich immer mehr zum Tier, beißt er doch Swinton selbst in die Hand und fängt er eine sonderbare Affäre mit Aldens entfremdeter Tochter Laura (Michelle Pfeiffer) an, in dessen Haus er einen seltsamen Traum hat und des Morgens blutbesudelt erwacht.<br />
Der um Hilfe ersuchte Dr. Alazeis (Om Puri) erkennt Randalls Problem auf Anhieb: Randall ist dabei zu einem Werwolf zu werden.<br />
Mit Lauras Unterstützung versucht er fortan den Fluch unter Kontrolle zu bekommen, doch wer kann das Tier im Manne schon aufhalten, wenn es einmal entfesselt wurde?<br />
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<b>Wie fand ich’s?:</b> Gleich jedem anderen Subgenre auch, hat der Werwolffilm in den letzten Jahren und Dekaden immer wieder einige neue Beiträge auf die Leinwände gebracht.<br />
War die Vielzahl davon der übliche, uniformierte Mittelstand, so gab es allerdings auch einige herausragende Werke, die aus der breiten, gleichgesichtigen Masse herausragen. Dies müssen nicht unbedingt Meisterwerke sein, es reicht, wenn sie den Horrorfilm um einige neue Aspekte bereichern, oder, wenn sie einfach nur „seltsam“ genug sind, um zum Beispiel in diesem Blog einen Platz zu finden.<br />
Wolf ist auf den ersten Blick starbesetzter Hochglanzhorror aus Hollywood, doch trägt Wolf anders als viele seiner Artgenossen einen nicht allzu subtil versteckten Subtext im Herzen, der ihn zu etwas Besonderem macht.<br />
Mike Nichols Film lässt sich nämlich auch als schwarze Komödie über einen gesetzten Geschäftsmann in der Midlife-Crisis lesen, der um seine Existenz beraubt (Job und Partnerin sind zunächst passé) buchstäblich das Tier in sich entdeckt und dem Affen in Folge immer mehr Zucker gibt.<br />
Dieses Auffinden der Animalität im eigenen Selbst wird vom Protagonisten selbst zunächst als Fluch angesehen, doch eröffnet bereits die Figur des totkranken Volkskundlers Dr. Alazeis die Perspektive auf eine alternative Form der Existenz, die vielleicht sogar die eigene Sterblichkeit zu überwinden vermag.<br />
Wenige Jahre nach Wolf sollte der kanadische Werwolfstreifen <b>Ginger Snaps</b> (CAN 2000, R.: John Fawcett, dt.: Ginger Snaps – Das Biest in Dir) die Herkunft des Monströsen nicht mit der Midlife-Crisis eines Mannes, sondern mit der Pubertät und Frauwerdung eines jugendlichen Mädchens in Zusammenhang bringen, ein Motiv, welches sich dann wiederum später auch in dessen beiden Fortsetzungen und im dänischen Horrordrama <b>Når dyrene drømmer</b> (DK 2014, R.: , eng.: When Animals Dream) recht ähnlich wiederfinden sollte, wobei letzterer keine „klassische“ Darstellung eines Werwolfes aufweist.<br />
Dem seit den 60er-Jahren in Hollywood tätigen Mike Nichols (*1931; †2014; eigentlich: Michail Igor Peschkowsky), Sohn zweier jüdischer Exilrussen und bereits für sein Debüt <b>Who’s Afraid of Virginia Woolf?</b> (USA 1966, dt.: Wer hat Angst vor Virginia Woolf?) Oscar-nominiert, gelingt in der ersten Hälfte somit ein wunderbar stringent erzählter, äußerst angenehm erwachsener Horrorfilm, der jedoch gen Ende immer mehr in klassische „Endkampfgefilde“ abrutscht, und in einem eher unnötigen Actionfinale nach Schema F mündet, das jedoch noch einen wiederum schönen allerletzten Twist nach sich zieht.<br />
Interessanterweise ist belegt, dass Drehbuchautor und Verfasser der gleichnamigen Romanvorlage Jim Harrison nach einem Streit mit Nichols seine Hollywoodkarriere wutentbrannt an den Nagel hing, da Nichols‘ Darstellung des zum Tier werdenden Protagonisten ihm offenbar zu bieder erschien.<br />
Dabei ist es gerade die zu Anfang eher zurückhaltende und zunächst wenig effekthascherische Art des Films, die <b>Wolf</b> aus der Masse seiner behaarten, zähnefletschenden Konkurrenten heraushebt.<br />
Natürlich sollte man nicht unterschlagen, dass der Film auch durch einen brillant aufspielenden Jack Nicholson und dessen Kollegen Pfeiffer, Plummer und Spader locker über die mehr als zweistündige Laufzeit gebracht wird und auch die Musik von Maestro Ennio Morricone tut noch ein weiteres hinzu.<br />
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<b>Fazit:</b> Ein, zumindest in der ersten Hälfte, tierisches Vergnügen für vielleicht ebenfalls bereits in die besten Jahre gekommene Freunde haariger Gestaltwandler.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 7,75 von 10 Punkten<br />
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Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-64371247257922831772018-05-27T02:06:00.001-07:002018-05-27T02:12:31.076-07:00Achtung: Rummelplatz-Zombie-Hippies - oder: Da hat der Arsch aber Kirmes!<b>Malatesta's Carnival of Blood</b><br />
<b>USA 1973</b><br />
<b>R.: Christopher Speeth</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Ein runtergekommener Rummelplatz irgendwo in Pennsylvania zu Anfang der 70er.<br />
Um heimlich nach ihrem Sohn Lucky zu suchen, heuert Familie Norris beim sinisteren Mr. Blood (Jerome Dempsey) als Schausteller an und übernimmt fortan für die Saison die örtliche Schießbude.<br />
Blood vertritt den phantomhaften Besitzer der Kirmes, Malatesta (Daniel Dietrich), der des Nachts mit einem Cape bekleidet durch die Dunkelheit streift und seinen kannibalistischen Untertanen gern seinen Lieblingsstummfilm zeigt, wenn diese nicht gerade einen Besucher um die Ecke bringen und jenem dann das Blut abzapfen.<br />
Zusammen mit dem jungen Budenbesitzer Kit (Chris Thomas) macht sich Vena (Janine Carazo), die Tochter der Norris', daran, das Geheimnis hinter Malatestas Rummel des Blutes zu ergründen und entdeckt eine unglaubliche Welt des Schreckens.<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Dies ist mal wieder ein Film, der sich mir schon nach kurzer Zeit der erstaunten Betrachtung, als geradezu idealer Kandidat für diesen Blog anbot. Schon die obige Synopsis macht klar, hier handelt es sich um bizarre Ware, Ware zudem, die drei Jahrzehnte lang praktisch vollkommen unerreichbar war, bevor sie Regisseur Speeth (*1939; †2017) höchstselbst 2003 auf DVD veröffentlichte, und sie so erstmals einem breiten Publikum zugänglich machte.<br />
Was man vorfindet, ist ein seltsamer Mix aus psychodelischem Jahrmarktsgrusel, angefüllt mit menschenfleischfressenden Zombies, welche aus Romeros frühen Werken des Genres entliehen zu sein scheinen.<br />
Immer wieder gelingt Speeth in seinen, mit schmutzigen Kunststofffolien angefüllten, Rummelkulissen atmosphärische Bilder dank tollen Regieeinfällen zu schaffen.<br />
Man hat das Gefühl, das hier vieles improvisiert war, manche Darsteller sind offenkundig Laien und haben hier (wie Hauptaktrice Janine Carazo) ihren einzigen Filmauftritt.<br />
Hervé "Nick Nack" Villechaize, der Lesern diese Blogs bereits vor Jahren ebenfalls <b><a href="https://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/05/skandal-im-sperrbezirk.html" target="_blank">hier</a> </b>untergekommen ist, hat hier eine seiner ersten Rollen und darf neben Charaktervisagen wie William Preston (bekannt als Schreckgespenst aus <b>The Exorcist III</b> und Gilliams <b>The Fisher King</b>) die Freakshow des Herren Malatesta mit seiner Präsenz beehren.<br />
Immer wieder wirft Speeth einige verstörende Gore-Effekte mit in den Mix, welche allerdings ebenfalls etwas laienhaft daherkommen, trotzdem jedoch nicht ihre verstörende Wirkung verfehlen.<br />
Wer sich über einen bizarren Low-Budget-Bastard aus Versatzstücken von <b>Night of the Living Dead</b>, dem später entstandenen <b>The Funhouse</b>, den Filmen eines Hershell Gorden Lewis, Herk Harveys <b>Carnival of Souls</b> und dem fast zeitgleich erschienenen <b>Messiah of Evil</b> freuen kann, ist hier also genau richtig. <br />
Die schöne britische Medienmanufaktur <i>Arrow Films</i> hat <b>Malatesta's Carnival of Blood</b> als ersten Film seines bislang dreiteiligen American Horror Projects neben weiteren obskuren Kultklassikern wie <b>The Premonition</b> (USA 1976 R.: R. A. Schnitzer, dt.: Das Trauma) und <b>The Witch Who Came from the Sea</b> (USA 1976 R.: Matt Cimber) veröffentlicht. Kaufempfehlung!<br />
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<b>Fazit:</b> Für erfahrene Freunde kranker Kost ein wilder Ritt auf der Achterbahn, für einen unvorbereiteten Zuschauer ein Test seiner Geduld und geistiger Belastungsfähigkeit.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 7,25 von 10 PunktenSascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-89810461627707110972018-04-11T07:18:00.000-07:002018-05-25T01:26:35.060-07:00Schweinereien vor Gericht<b>The Hour of the Pig aka. The Advocate (Pesthauch des Bösen)</b><br />
<b>GB/F 1993</b><br />
<b>R.: Leslie Megahey</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Frankreich im 15. Jahrhundert.<br />
Es sind dunkle Zeiten, trotzdem versucht der junge Anwalt Richard Courtois (Colin Firth) Recht und Ordnung in die abgelegene Provinz Ponthieu zu bringen.<br />
Dort richtet man nach dem damaligen französischen Recht jedoch nicht nur über Menschen, sondern auch über Tiere, denen dieselben Taten angekreidet und auch dieselben Strafen aufgebürdet werden, wie den Leuten der Gegend.<br />
So muss Richard schon bald nicht nur bei einem Mord aus Eifersucht und einem Fall von Hexerei die Verteidigung übernehmen, wird doch ein ausgewachsenes Schwein der Tötung eines kleinen, jüdischen Jungen bezichtigt.<br />
Da das Tier der schönen Maurin Samira (Amina Annabi), in die sich Richard praktisch sofort Hals über Kopf verliebt, gehört, stimmt er nicht vorschnell der Absicht des abgeklärten Anklägers Pincheon (Donald Pleasence) zu, dem Tier einfach zügig dem Garaus zu machen.<br />
Als er dann auch noch bei den Bauarbeiten zu seinem eigenen Haus auf eine weitere Kinderleiche stößt, beginnt der Advokat auf eigene Faust sogar in den höchsten Kreisen des Hinterlands zu ermitteln, stets im Kampf gegen allgegenwärtige Angst, Vorurteile, Aberglauben und Antisemitismus.<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Regisseur Leslie Megahey (* 1944) dürfte hierzulande nur den Wenigsten bekannt sein, ist der gebürtige Ire doch zum größten Teil seiner Karriere als Regiefachkraft für TV-Kunstdokumentationen bei der altehrwürdigen BBC tätig gewesen.<br />
Mir persönlich viel Megahey erst vor wenigen Monaten als Regisseur der wunderbaren Künstlerporträt-Schauermär <b>Schalcken the Painter</b> (UK 1979) aufgefallen, welche es ebenfalls verdient hätte an dieser Stelle besprochen zu werden (was einer unbedingten Sehempfehlung für Freunde klassischen Gothic-Horrors gleichkommen soll), und die zeigt, dass Fernsehen sowohl geistreich wie unterhaltsam sein kann.<br />
Megaheys (bislang) letzte Regiearbeit sollte jedoch <b>The Hour of the Pig </b>werden, eine gallige Satire um Aberglauben, Macht und das Mittelalter - oder vielmehr eine böse Geschichte um die Macht, die der Aberglaube im Mittelalter an denjenigen gab, der ihn nur richtig für sich einsetzen konnte.<br />
Megahey zeigt eine Epoche, in der zwar immer noch Menschen des Hexenwerks beschuldigt werden, man sich jedoch unter den intellektuellen Köpfen einig ist, dass dies weniger Ausdruck eines tatsächlichen Aberglaubens, sondern vielmehr ein sozialpolitisches Instrument darstellt.<br />
Hier brilliert der wie immer großartige Donald Pleasence als abgeklärter Ankläger Pincheon, der mit gelassener Miene auch mal ein Borstentier zum Tode verurteilt, weil sich gerade sonst kein passender Verdächtiger findet.<br />
Neben Pleasence gibt Colin Firth eine frühe Darbietung seiner Kunst als noch von Idealen getriebenen Junganwalt. Tatsächlich basiert die von Firth verkörperte Figur auf dem französischen Juristen Barthélemy de Chasseneuz, der eines der grundlegenden Werke über das Gewohnheitsrecht seiner Zeit verfasste.<br />
Firth und dessen Filmcharakter erden den Film, der durch die sich im Kreuzfeuer der Interessen befindlichen Mauren auch eine hochaktuelle Flüchtlings- und Migrationsthematik beibringt und nicht nur final fast auf einen bitteren <i>Whodunit</i> zuläuft, sondern noch ganz zuletzt mit einer besonders zynischen Endpointe aufwartet, die einen kurz schlucken lässt.<br />
In Großbritannien unter dem ursprünglich angedachten Titel <b>The Hour of the Pig</b> veröffentlicht, wurde der Film in den USA von Miramax (die Weinsteins - auch so Schweinchen) umgeschnitten und unter dem Titel <b>The Advocate</b> veröffentlicht. Leider fehlt es noch international an einer adäquaten Blu-ray, die vielleicht sogar beide Versionen enthalten könnte ...<br />
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<b>Fazit:</b> Also, was lernt man aus diesem Film? Früher war eben auch nichts besser und Schweine gibt es auch unter den belesenen Zweibeinern, nur richten sie dort weitaus mehr Schaden an! <br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,75 von 10 Punkten<br />
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-74327562414186361422017-12-23T04:31:00.000-08:002018-05-25T01:26:49.606-07:00Von Gangstern und Gespenstern<b>Hold That Ghost! (Vorsicht Gespenster!)</b><br />
<b>USA 1941</b><br />
<b>R.: Arthur Lubin</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Kalifornien zu Beginn der 40er-Jahre.<br />
Chuck (Bud Abbott) und sein Kumpel Ferdi (Lou Costello) quälen sich von Job zu Job. Mal verdingen sie sich mehr schlecht als recht mit einer eigenen Tankstelle, dann mühen sie sich als Aushilfskellner in einem Nobelrestaurant ohne Aussicht auf Besserung der eigenen Situation.<br />
Doch unverhofft kommt oft, und eines Tages landen die beiden nach einer Reihe sonderbarer Zufälle im Wagen des Gangsterbosses Moose Matson (William B. Davidson), der jedoch, von der Polizei zusammengeschossen, auf dem Rücksitz der Karosse verreckt.<br />
Das Testament in den Händen des abgezockten Gauners macht die beiden Pechvögel zu Erben des Vermögens des Ganoven, erbt doch der, der Moose als Letztes buchstäblich am Nächsten stand.<br />
Nicht, dass es viel zu erben gebe - Moose soll sein Geld stets nur "im Kopf" gehabt haben, aber es gibt da eine heruntergekommene, aufgegebene Taverne irgendwo an der Landstraße, die den beiden nun gehören soll.<br />
Zum Weg dorthin nimmt den Bus, der natürlich ebenfalls von zwielichtigen Gestalten gefahren wird, welche die Reisegesellschaft in stürmischer Nacht einfach am Ziel ohne ihr Gepäck stehen lassen.<br />
In der Dunkelheit gestrandet, richtet man sich in der abgeranzten Spelunke halbwegs häuslich ein, neben Chuck und Ferdi, sind da noch ein junger, intellektueller Doktor (Richard Carlson), eine etwas affektierte Radio-Actrice (Joan Davis), eine sympathische Kellnerin (Evelyn Ankers) und der halbseidene Charlie Smith (Marc Lawrence), dessen Leiche schon bald allen als Erstes den Abend versaut, bevor eine schaurig-kauzige Gespensterjagd entbrennt, die kein Auge trocken lässt.<br />
Denn nicht nur, dass der Verstorbene Moose seine Kaschemme mit allerlei versteckten Extras versehen hat, auch schleichen finstere Gestalten durch die Nacht und Ferdi wird gar Zeuge einiger wahrhaft paranormaler Aktivitäten!<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Das Abbott und Costello es in Deutschland nie zur gleichen Bekanntheit ihrer Kollegen gebracht haben hat mich stets verwundert. Jeder, der sich hierzulande für schwarz-weiße Comedyklassiker interessiert, kennt Laurel & Hardy, die Marx Brothers oder sogar die bereits etwas obskureren Three Stooges, doch nur Eingeweihte sind über das Duo Abbott & Costello gestolpert.<br />
Dabei waren die Beiden so etwas wie Akkordarbeiter im Bereich der Comedy, die es als Duo auf ganze 36 Hollywood-Filme plus ein gemeinsames Cameo bringen, eigene Radio- und Fernsehshows hatten und karrieretechnisch dermaßen unter Strom standen, dass sowohl Abbott wie Costello schwerste Sucht- und Gesundheitsprobleme zu schaffen machten.<br />
So war Bud Abbott lange Jahre ein schwerer Trinker, der mit dem Suff seine Epilepsie kurieren wollte und seinen Partner mit nur 40 % des erwirtschafteten Gewinns abspeiste, dieser hatte sich 1943 wohl aufgrund vollkommener Überarbeitung das eigene Immunsystem zerstört und musste aufgrund eines rheumatischen Fiebers ein halbes Jahr mit jeglicher Arbeit aussetzen.<br />
Im selben Jahr verstarb dann auch noch kurz vor seinem ersten Geburtstag Costellos Sohn Butch, als dieser aus seiner Krippe kletterte und im hauseigenen Pool ertrank. Wohl unfähig anders als wie ein kaltschnäuziger Profi auf eine solche Situation zu reagieren, brach Costello trotz der Todesnachricht seines Kindes die soeben begonnene Radioshow nicht ab. Jedoch trennte er sich wenig später von seiner Frau, der er die Schuld für das Unglück gab und auch seine Beziehung zum dominanten Arbeitspartner Abbott sollte deutliche Risse bekommen. <br />
Leiden die ersten Filme des Komikerduos über ein Zuviel an Musicalnummern, so rahmen hier zwei Auftritte von Ted Lewis und den Andrew Sisters die Haupthandlung gottseidank nur ein und hindern nicht den Fluss und das schöne Timing der Gruselklamotte.<br />
<b>Hold That Ghost!</b> steht ganz in der Tradition früher <i>Haunted house movies</i> wie z. B. Paul Lenis Stummfilmklassiker <b><a href="http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2015/08/die-ruckkehr-der-klassiker-1-dunkles.html" target="_blank">The Cat and the Canary</a></b> oder James Whales <b>The Old Dark House</b> (USA 1932 dt.: Das Haus des Grauens). Wie in beiden Beispielen kommen auch hier starke Kriminalfilmelemente zum Tragen, die auch (zumindest zum Teil) den Spuk erklären.<br />
Sollten Abbott & Costello in ihrem bekanntesten (hierzulande sogar in einem schönen Mediabook von <i>Koch Media</i> veröffentlichten) Film, <b>Bud Abbott & Lou Costello Meet Frankenstein</b> (USA 1948 R.: Charles Barton), noch tatsächlich auf Dracula (in Ur-Form: Bela "Ich trinke keinen Wein" Lugosi), Frankensteins Monster (etwas befremdlich: Glenn Strange) und den Wolfmenschen (ebenfalls klassisch und <i>Universal</i> besetzt: Lon Chaney Jr.) treffen, so kommt <b>Hold That Ghost!</b> auch ganz gut ohne die geballte Starpower aus - was nur für den Film spricht!<br />
In späteren Jahren ihrer Karriere war das Duo nämlich auf solche "Zusatzschauwerte" mehr oder weniger abonniert, und so trafen sie auch noch auf den Unsichtbaren (<b>Bud Abbott & Lou Costello Meet the Invisible Man </b>von 1951), der leider nicht von Claude Rains dargestellt wurde und auf Dr. Jeckyll und dessen böses Alter Ego (in <b>Abbott & Costello Meet Dr. Jeckyll and Mr. Hyde</b>), der diesmal von Boris Karloff dargestellt wurde, welcher sich zuvor noch zierte in <b>... Meet Frankenstein</b> erneut seine stilbildende Rolle zu spielen ...<br />
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<b>Fazit:</b> Noch bevor Lou und Bud auf Lugosi und Konsorten treffen sollten, waren die beide bereits vom Grauen umzingelt - ein herrlicher Spaß für die ganze Familie!<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8 von 10 Punkte!<br />
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-74365599259016933432017-11-13T04:19:00.000-08:002018-05-24T09:29:56.344-07:00In eigener Sache: fragwürdiger Film mit Bootleg-Text!<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
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Heute wurde ich auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass auf der Rückseite einer hierzulande offenbar kaum noch im Handel befindlichen (Bootleg?-)version des knuffigen, jedoch eher mittelmäßigen Jess Franco Streifens <b><a href="http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/09/rote-lippen-soll-man-kussen.html" target="_blank">Rote Lippen, Sadisterotica</a></b> nicht nur ein Zitat aus meiner Besprechung des Films gedruckt wurde, sondern dort auch noch gleich mein Name in Klammern genannt wird.<br />
Nun bin ich unsicher, was mich trauriger macht: der Umstand, dass die Veröffentlichung eher, nun sagen wir, fragwürdiger Natur (*hüstel*) ist, oder, dass man mir dafür weder einen größeren Geldbetrag, noch ein ranziges Freiexemplar oder einen Fresskorb von Edeka hat zukommen lassen!<br />
Ich bin enttäuscht von Euch, <i>Great Movies</i> (doch nicht so "great", oder?) und von der Welt im Allgemeinen sowieso ...<br />
Besonders enttäuscht bin ich jedoch, dass es von vielen Werken des unvergessen Herrn Franco immer noch keine <u>vernünftigen</u> hiesigen Editionen im Handel gibt!<br />
Ach, ich reg' mich auf ...Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-75961200290288331862017-11-04T08:59:00.000-07:002018-05-24T23:30:05.950-07:00Hüpf, Geistlein, hüpf!<b>Gui da gui bzw. </b><b><span lang="zh-Hant">鬼打鬼 </span>(eng.: Encounters of the Spooky Kind, aka.: Close Encounter of the Spooky Kind)</b><br />
<b>HK 1980</b><br />
<b>R.: Sammo Kam-Bo Hung</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Der abergläubige Rikschafahrer Cheung (Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in Personalunion: Sammo Hung) erwischt beinah seine untreue Freundin in flagranti bei einem frivolen Stelldichein mit Mr. Tam (Ha Huang), einem hohen Würdenträger der Stadt.<br />
Um den vermeintlichen Skandal schnell aus der Welt zu schaffen, wendet sich Tam mit der Bitte den Mitwisser ein für alle Mal los zu werden, an einen ortsansässigen Zaubermeister namens Chin Hoi (Lung Chan).<br />
Dieser plant das auch als "Kühnen Cheung" bekannte Opfer unter dem Vorwand einer Wette für eine Nacht in einen nahe gelegenen Tempel zu locken und eine sich dort befindliche Leiche kurzerhand zum unter Bann stehenden, mörderischen Verbündeten zu machen.<br />
Als jedoch Chin Hois gerechtigkeitsliebender Kollege Tsui (Fat Chung) davon erfährt, springt dieser Cheung mit Rat und Tat zur Seite und gibt dem naiven Schmerbauch das Know-how an die Hand, es auch mit einem schauderhaften, verwesenden Untoten aufzunehmen.<br />
Doch dies ist erst der Anfang eines unglaublichen Kampfes zwischen zwei Hexenmeistern, in dessen Mitte sich der pummelige Cheung schon bald wünscht, dass der Albtraum bald ein Ende nehme.<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Sammo Hung ist hierzulande wohl in erster Linie als der "Dicke" an der Seite des drahtigen Jackie Chan aus einer Unzahl von Martial-Arts-Komödien bekannt.<br />
Dabei war Hung (*07.01.1952) bereits in jungen Jahren hinter den Kulissen der Shaw Brothers tätig, zunächst als Statist und Stuntman, später als Kampfchoreograf und Regieassistent.<br />
Nur wenige Jahre später sollte Hung auch an den Sets von solch Genregrößen wie Bruce Lee und John Woo auftauchen und zu einer festen Größe im Hongkong-Kino werden.<br />
Ab 1977 stand Hung selbst als Regisseur in Hong Kong hinter den Kameras, seine zweite Regiearbeit <b>Fei Lung gwo gong</b> (HK 1978) schaffte es unter dem Titel <b>Der kleine Dicke mit dem Superschlag</b> auch nach Deutschland und zeichnete sich bereits durch einen angenehmen Mix aus Komik und Kampfkunst aus.<br />
Beim hier besprochenen <b>Gui da gui</b> (was wörtlich "Geist gegen Geist" übersetzt heißt) sollte zu diesem Mix noch zusätzlich auf chinesische Gruselthemen wie Hexer, Vampire und Dämonen zurückgreifen und durch seinen Erfolg direkt das <i>Jiangshi</i>-Genre begründen.<br />
Wir erinnern uns: Bietet das <i>Wuxia</i>-Genre Martial-Arts im historischen Setting (die Mehrzahl der Shaw Brothers Produktionen) so beschäftigt sich <i>Jangshi </i>mit Schreckelementen - gern, wie in Ricky Laus weiteren stilbildenden Kinoerfolg <b>Geung si sin sang</b> (HK 1985 eng.: Mr. Vampire) von 1985, mit den für den chinesischen Raum üblichen, hüpfenden Vampiren, die es wie ihre westlichen Kollegen natürlich auf die Lebenden abgesehen haben. Doch haben es chinesische Vampire nicht auf Blut abgesehen, wollen sie doch lieber ihren Opfern buchstäblich den Atem rauben und ihnen das Qi, die Lebenskraft, aussaugen. Natürlich muss diese Art von Untoten außerdem hüpfen - verhindert doch die Totenstarre einen geschmeidigen Gang locker aus der Hüfte heraus!<br />
In <b>Encounters of the Spooky Kind</b> trifft Hungs Charakter schon früh auf einen solchen typischen <i>Jiangshi</i>, doch ist genauso bemerkenswert der Umstand, dass die erste Hälfte verblüffende Parallelen zu <a href="http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2013/08/von-kaltem-wodka-und-heien-hexen.html" target="_blank">Viy bzw Вий</a> aufweist.<br />
Wie in den Verfilmungen von Nikolai Gogols klassischer Gruselmär muss der Held mehrere Nächte in einer heiligen Stätte mit einer störrischen Leiche verbringen, die es auch gleich auf sein Leben abgesehen hat.<br />
Zwar enden diese Übereinstimmungen bereits mit dem Beginn der zweiten Hälfte des Films, welche mit zunehmender Laufzeit immer wesentlicher den Schwerpunkt in Richtung furioser Martial Arts verlagert, doch ist dieses Phänomen offenbar bislang kaum zur Sprache gekommen.<br />
Beim Humor schaute man verständlicherweise weniger in die Richtung Russlands als auf die amerikanischen Väter der Klamotte - die Herren Laurel & Hardy und deren Amtsbruder Buster Keaton durften als veritable Vorbilder für gleichsam wohlfeil getimten Slapstick dienen - hier zeigt Sammo Hung einmal mehr, dass Körperfülle nicht gleichbedeutend mit Bewegungsarmut ist.<br />
Immerwieder blitzen auch kleine, blutige Splattereinsprengsel auf, was dem Geschehen noch eine zusätzliche Schärfe verleiht.<br />
Wer zudem eine der unglaublichsten Schlussszenen des Genres sehen möchte, ist hier vollkommen richtig. Ohne auch nur etwas verraten zu wollen: der Schreiber dieser Zeilen bekam einige Sekunden den Mund nicht mehr zu und glaubt nicht, dass ein solches Ende in den heutigen Zeiten von <i>political correctness</i> noch möglich wäre. <br />
Also bedenke: Auch nach Halloween sind die Nächte noch lang und Dunkel, da bietet sich ein Gruseltrip in fernöstliche Gefilde zur Abwechslung und abendlichen Erheiterung gerade zu an!<br />
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<b>Fazit:</b> Ein wahrhaft geist(er)voller Spaß, bei dem einen das eigene verwesende und madendurchzogene Pumporgan im Thorax ganz warm wird.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 9 von 10 Punkten!Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-33789755430264837512017-10-02T03:31:00.002-07:002018-05-25T01:27:28.664-07:00Unheilvolle Inselbegabung<b>Le démon dans l'île (Der Dämon der Insel)</b><br />
<b>F 1983</b><br />
<b>R.: Francis Leroi</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Die Ärztin Gabrielle (Anny Duperey) tritt eine neue Stellung auf einer kleinen französischen Insel als Allgemeinmedizinerin an.<br />
Ihr einziger Kollege dort ist Dr. Marshall (Jean-Claude Brialy), der jedoch bei Teilen der Inselbevölkerung einen üblen Ruf genießt.<br />
Schon bald nach der Ankunft Gabrielles bekommt diese auch schon alle Hände voll zu tun, kommt es doch ständig unter den Anwohnern zu sonderbaren Unfällen mit Alltagsgegenständen.<br />
Zusammen mit einigen Freunden macht sich Gabrielle daran, dem Geheimnis hinter den blutigen Unglücken auf den Grund zu gehen und stößt dabei auf eine seit Jahren vertuschte Bedrohung für jeden, der das Eiland besucht.<br />
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<b>Wie fand ich's?: </b>Dieser obskure und hierzulande eher unbekannte Horrorfilm mischt gekonnt mehrere bekannte Genreelemente zusammen, um am Ende mit einem ungewöhnlich stimmigen Gesamtwerk aufzuwarten.<br />
Hier finden sich nicht nur Ideen aus Jack Golds wenige Jahre zuvor veröffentlichten <b>The Medusa Touch</b> (GB 1978 dt.: Der Schrecken der Medusa) und aus einem weiteren britischen Klassiker von 1960 (wer es genauer wissen möchte: <a href="http://www.imdb.com/title/tt0054443/?ref_=nv_sr_3" target="_blank">bitte!</a>), nein, er nimmt auch in einigen Szenen die Spannungsinszenierung des gesamten <b>Final Destination</b>-Franchises (USA ab 2000 R.: James Wong u. a.) vorweg.<br />
Wie dort bekommt der Zuschauer immer wieder eine von verschiedenen Gegenständen ausgehende Gefahr suggeriert, nur um von einer unvorhergesehenen Todesart schließlich kalt erwischt zu werden.<br />
Zwar kommt es hier meist nicht zum Tod, doch sind die Effekte in diesen Szenen zum Teil so grafisch, dass die gegen der 90er-Jahre vom Bayrischen Rundfunk ausgestrahlte deutsche Fernsehfassung einige Federn lassen musste.<br />
Insgesamt bekommt man hier also einen Mysterythriller mit kleinen Splatter-Einsprengseln und einer verkappten Mad-Scientist-Story geboten, wie man ihn nicht alle Tage sieht.<br />
Dass Regisseur Francis Leroi (*1942, 2002) verstärkt im Erotik- und Hardcoregenre tätig war, zeigt sich zudem auch noch in einer Szene, in der nicht nur eine junge Dame, sondern auch deren männlicher Begleiter, kurz blankziehen darf.<br />
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<b>Fazit:</b> Ein ungewöhnlicher Gruselschocker für frankophile Feinschmecker mit einem Näschen für Abseitiges. Und auch die Schlussszene weiß noch mit einem letzten bizarren Einfall zu überzeugen!<br />
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<b>Punktewertung:</b> 7,25 von 10<br />
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.comtag:blogger.com,1999:blog-7936685057032271971.post-26882097048797117352017-06-10T04:28:00.001-07:002018-05-25T01:27:39.108-07:00In die Pfanne gehauen!<b>Eating Raoul</b><br />
<b>USA 1982</b><br />
<b>R.: Paul Bartel</b><br />
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<b>Worum geht's?:</b> Jeder hat einen Traum. So auch der frisch arbeitslos gewordene Weinverkäufer Paul Bland (Paul Bartel) und dessen Gattin Mary (Mary Woronov), die als Krankenschwester Schichten in einem Hospital schiebt.<br />
Beide träumen von einem eigenen Gourmetrestaurant, doch ist leider kaum das Kapital dafür vorhanden, und während ihre Nachbarn fröhlich eine Swingerparty nach der anderen werfen, zählen die Blands im 50er-Jahre-Dekor ihres Appartments die wenigen Ersparnisse.<br />
Da kommt es sehr gelegen, dass eines Abends der heimkehrende Paul einen enthemmten Swinger dabei erwischt, wie dieser sich gerade an seiner Mary vergreifen will und ihn kurzerhand mit einer gusseiserenen Pfanne erschlägt - in der Tasche des ekligen Perverslings findet sich nämlich eine gesunde Menge Bargeld!<br />
Schnell wird die Leiche im hauseigenen Müllschlucker entsorgt, doch lösen die paar Scheine nicht die finanzielle Situation des Ehepaars, dass sich derweil erfolglos um einen Kredit bemüht.<br />
Als ein zweiter Swinger in der Wohnung der Blands aufläuft und Paul erneut beherzt zur Pfanne greift, nur um in der Brieftasche des Toten auf ein weiteres schönes Sümmchen zu stoßen, fasst man den Entschluss, aus der mittlerweile gewonnenen Routine ein dauerhaftes Einkommen zu machen.<br />
Mit der Hilfe einer örtlichen Domina (Susan Saiger) und einer Annonce in einem Sexmagazin locken von nun an die Blands gezielt frivole Freier in die biedere Wohnung der beiden, wo Paul schon die Bratpfanne im Anschlag hält.<br />
Schnell kommt man so zu einigem Reichtum und diesen möchte man schützen - mit einem neuen Türschloss!<br />
Dass sich der herbeibestellte Schlosser Raoul (Robert Beltran) ebenso schnell als kleinkriminelles Element herausstellt, konnte ja keiner ahnen, schon eher, dass es keine gute Idee sein würde ihm die Entsorgung der Leichen anzuvertrauen, die sich schon bald in der Wohnung der Swingerkiller zu stapeln drohen.<br />
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<b>Wie fand ich's?:</b> Gute Komödien sind selten.<br />
Noch seltener sind gute Komödien, die nicht nur lustig sind, sondern die auch ein gelungenes Bild von ihrer Entstehungszeit abgeben, toll gespielt sind und dem Zuschauer geschmackvoll eine Geschmacklosigkeit nach der anderen unter die Nase reibt, ohne jedoch je wirklich geschmacklos zu werden.<br />
Regisseur und Hauptdarsteller Paul Bartel (* 1938; † 2000) gelingt in <b>Eating Raoul</b> dieses Kunststück scheinbar mühelos.<br />
Bartel, der, genau wie seine Kodarstellerin Mary Woronov, lange Zeit im Umfeld Roger Cormans tätig war, kurbelte de, von einer kleinen Kultgemeinde mittlerweile stark verehrten Film in etwas mehr als drei Wochen für das relativ geringe Budget von nur 350.000 $ herunter.<br />
Das Ergebnis: eine luftig-lockere Komödie mit galligem, gesellschaftskritischem Unterton, die thematisch durchaus ihresgleichen sucht.<br />
Bartel war ein ähnlicher Coup bereits zuvor mit dem von Corman produzierten <b>Death Race 2000</b> (USA 1975) gelungen, in dem auch Mary Woronov schon eine größere Rolle innehatte. Ebenfalls oberflächlich ein klassischer Exploitationfilm, findet sich auch hier bereits ein ätzender, zeitkritischer Subtext, der sich mit dem zunehmenden Einfluss von Massenmedien und Großkonzernen, dem Wegfall von Moral und der allgemeinen Konsumsucht auseinandersetzt.<br />
Einige dieser Motive hielt Bartel auch bei Eating Raoul bei, hinzu kommt ein gesteigertes Interesse für die zunehmende Übersexualisierung der US-Gesellschaft, anschaulich dargestellt am Beispiel der seit den 60er-Jahren immer stärker aufkommenden Swingerbewegung.<br />
Demgegenüber stellt das Drehbuch das Ehepaar Bland, die zunächst als sympathische Verlierer daherkommen, aber im Grunde nichts anderes als recht langweilige Spießer sind, die in getrennten Betten schlafen und sich dort neben Kuscheltieren oder, im Falle des weinsammelnden Ehemanns, übergroßen Plüschflaschen zum Schlafen legen.<br />
Bartels wunderbar relaxte Satire platzt nur so vor tollen Details und wird dadurch auch selbst nach mehrmaligem Sehen kaum langweilig. Im Gegenteil; sie gewinnt nur an Größe - wie ein guter Wein.<br />
Ach, ja - Paul und Mary Bland sollten noch einmal zurückkehren, für ein Cameo in einem gänzlich anderen <a href="http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/07/der-tod-kommt-auf-geolten-ketten.html" target="_blank">Film</a>. Ein Bildbeweis findet sich im unteren Teil des verlinkten Posts!<br />
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<b>Fazit:</b> Bitterböse, ätzend, aber prickelnd im Abgang - eine Satire, die man sich zusammen mit einem edlen Tropfen oder einer schönen Dose Bier zur Brust nehmen sollte.<br />
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<b>Punktewertung:</b> 8,25 von 10 Punkten<br />
<br />Sascha Noltehttp://www.blogger.com/profile/01708244642056263580noreply@blogger.com