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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Dienstag, 15. Januar 2019

Wenn das Feuer den letzten Ton verzehrt

Born of Fire (Die Macht des Feuers)
GB 1987
R.: Jamil Dehlavi


Worum geht's?: Während ungewöhnlich starke Sonnenaktivitäten auftreten, begibt sich der sensible Flötist Paul (Peter Firth) auf eine Reise in die Türkei, wo er zusammen mit einer Astronomin (Suzan Crowley) dem "Master Musician" (Orla Pederson aka. Oh-Tee) entgegentreten muss, einer bösen Geistergestalt, die durch den Klang ihrer Flöte die Welt in Feuer tauchen will.
Unterstützt vom Muezzin der örtlichen Moschee, Bilal (Stefan Kalipha), nimmt Paul die Suche nach dem furchtbaren Dschinn auf, und kommt dabei auch dem Schicksal seines Vaters auf die Spur, der diese Reise bereits vor ihm angetreten hatte.

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Wie fand ich's?: Es gab einen kurzen Zeitraum, da waren surreale End-of-the-World-Horrordramen offenbar der letzte Schrei (Achtung: Wortspiel in zehn bis elf Wörtern ...) und es entstanden in Großbritannien so tolle Filme wie The Shout (GB 1978 R.: Jerzy Skolimowski, dt. Der Todesschrei), The Medusa Touch (GB/F 1978 R.: Jack Gold, dt.: Der Schrecken der Medusa) oder die den Mainstream ansprechende The Omen Trilogie (GB/USA 1976 - 1991 R.: Donner, Taylor/Hodges, Baker), welche zehn Jahre später noch einen Nachzügler fürs TV gebären sollte, über den wir hier aber lieber den Mantel des Schweigens hüllen wollen.
Ebenfalls eine ganze Dekade später, sollte Jamil Dehlavi seinerseits einen leicht verspäteten Mitbewerber um den Thron des bizarren Apokalypsestreifens ins Rennen schicken.
Der Sohn eines paskistanisch-französischen Elternhauses feierte einige Jahre zuvor mit dem in Pakistan umgehend verbotenen The Blood of Hussein (GB/PA 1980 dt.: Husseins Herzblut) einen weltweiten Kritikererfolg, der allerdings aufgrund seiner Religions- und Militärkritik schnell dazu führte, dass Dehlavi von der pakistanischen Regierung ins vorläufige Exil gezwungen wurde.
So entstand sein nächster Langfilm, der hier besprochene Born of Fire, gänzlich mit britischen Geldern (heißt: aus den Taschen der TV-Produzenten von Channel 4), zum Dreh der Haupthandlung reiste man allerdings in die ferne, geheimnisvolle Türkei. Dort fand man die unglaublichen Aussensets, die dem Film eine besonders weltverlorene Atmosphäre bescheren, welche zwischen kalten Schatten und flirrender Sonnenhitze hin und her springt.
Mit Peter Firth verpflichtete man einen erfahrenen Hauptdarsteller, welcher kurz zuvor mit Tobe Hooper den nicht weniger sonderbaren Lifeforce (GB/USA 1985) auf die Leinwand gebracht hatte.
An seine Seite stellte man die ätherisch wirkende Suzan Crowley, den zurückgenommen agierenden Stefan Khalipha sowie den kleinwüchsigen Jordanier Nabil Shaban und den hageren Skandinavier Orla Throrkild Pederson, welcher unter seinem Pseudonym Oh-Tee auftritt und u. a. zuvor schon in Lynchs The Elephant Man (USA/GB 1980) und in Top Secret (GB/USA 1984) der Zucker-Brüder seine ungewöhnliche Erscheinung vor einer Kamera in Pose rücken durfte.
Zusammen erschuf man mit oft gleißenden, stets jedoch wunderschönen, Bildern eine beinah einzigartige Seherfahrung, die einen gänzlich neuen Horrormythos vom dämonischen "Meistermusiker" gebiert, der mit Feuer und Melodie diese Welt in Asche legen möchte.
Dass daraus im Gegensatz zu den oben genannten Omen-Filmen oder der wesentlich später entstandenen Wishmaster-Serie (USA 1997-2002), die ebenfalls einen bösen Dschinn durchs Dorf treibt, kein langlebiges Franchise, ja, nicht einmal eine Fortsetzung resultierte, mag daran liegen, dass Born of Fire weit mehr Kunst- als Horrorfilm ist, und es sich hier um keine Produktion für ein breites Mainstreampublikum handelt, welches vermutlich auf den Film eher befremdet und ablehnend reagieren würde.
So machte Die Macht des Feuers zunächst noch kurz eine gefeierte Ehrenrunde über einige internationale Festivals und verschwand dann leise glimmend in der Vergessenheit, bis das von mir geschätzte britische Indicator-Label endlich eine Blu-ray-Veröffentlichung initiierte, die ich hier jedem geneigten Leser ans brennende Herz legen möchte.

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Fazit: Ein entrückter Trip in die dunklen Kavernen einer anderen Kultur - fiebrig, hitzig und doch von einer bezirzenden Melodie getragen.

Punktewertung: 8,5 von 10 Punkten