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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Donnerstag, 2. Mai 2013

Mond über der Gosse

Man of Violence aka. Moon (Männer der Gewalt)
UK 1971
R.: Pete Walker


Worum geht's?: Der suave Kleinkriminelle Moon (Michael Latimer) wird von dem schmierigen Nixon (Derek Aylward) angeheuert, seinem umtriebigen Chef Bryant (Derek Francis), eine Bande von Schutzgelderpressern vom Leib zu halten.
Was Nixon nicht weiß: Moon wurde bereits zuvor vom Chef dieser vermeintlichen Gang, Charles Grayson (Maurice Kaufman), beauftragt ein Auge auf die Unternehmungen Bryants zu werfen, da Grayson, zudem ein früherer Partner Bryants, ein großes Geschäft wittert, bei dem er mit absahnen möchte.
Moon steht somit auf den Gehaltslisten zweier rivalisierender Parteien und Moon wäre nicht Moon, würde er nicht versuchen daraus den maximalen Profit zu erzielen.
Mithilfe der von den Gangstern abgelegten Angel (Luane Peters), schafft es der ehrgeizige Gauner hinter Bryants Waffengeschäfte mit dem Regime des undemokratischen Landes Mentobar zu kommen - der Wert dieser Transaktion: 30 Millionen in Goldbarren!
Zwischen den Fronten verfolgen Moon und Angel die Spur des Edelmetalls, ständig unter dem wachen Blick eines Mannes mit Pfeife, der die beiden auch bis ferne Wüstenlande verfolgt...

Wie fand ich's?: Pete Walker hatte sich vor seiner Karriere als Regisseur sehr britischer Horrorfilme vermehrt im Bereich der Sexploitation umgetan, wohin er auch noch mal für die Sexkomödie Tiffany Jones (UK 1975) zurückkehrte, nachdem er mit dem Proto-Slasher The Flesh and Blood Show (UK 1972 dt.: Im Rampenlicht des Bösen) erste Erfahrungen im Horrorgenre gemacht hatte.
Später folgten Klassiker wie Frightmare (UK 1974) oder House of Whipcord (UK 1974 dt.: Haus der Peitschen), bevor Walker sich nach dem etwas mittelmäßigen Starvehikel House of Long Shadows (UK 1983 dt.: Das Haus der langen Schatten), einer soliden Gruselkomödie mit den Recken Lee, Cushing und Price, auf sein Altenteil zurückzog.
1971 jedoch versuchte Walker sich an zwei Thrillern: Man of Violence und Die Screaming, Marianne (UK 1971 dt.: Schrei nach Leben). Letzterer ist ein etwas zäher Psychothriller mit der bezaubernden Susan George, die ihre wohl beste Momente im selben Jahr in Sam Peckinpahs Straw Dogs (USA/UK 1971 dt.: Wer Gewalt sät) hatte. George spielt in Die Screaming, Marianne die von ihrem Vater (Leo Genn) und ihrer Schwester bedrängte Titelgestalt und muss sich in London und dem sonnigen Portugal ständig ihres Lebens erwehren. Leider schafft Walker es hier nur selten so etwas wie Spannung oder Suspense zu schaffen, stattdessen zieht sich der Film wie Kaugummi und kommt nie wirklich in Fahrt.
Man of Violence, der im Jahr 1969 zunächst unter dem Arbeitstitel Moon gedreht wurde, ist da schon wesentlich interessanter und ungewöhnlicher.
Wie der Titelheld verfängt sich Moon zwischen allen Stühlen. Sichtlich beeinflusst vom Erfolg der ersten Bondfilme, geht der Film nach einem im Londoner Gangstermilieu angesiedelten Start dazu über seine Handlung nach Nordafrika zu verlegen, um so dem Film ein zusätzliches Eurospy-Feeling zu verleihen.
Wo Bond den mondänen Macho, dem die Frauen nur so zu Füssen liegen, darstellt, da geht Moon noch einen Schritt weiter, und scheut auch nicht davor zurück zur Informationsbeschaffung mit einem Mann ins Bett zu steigen.
Wer Walkers Horrorfilme kennt, der weiß: Happy-Ends gibt es nur in Ausnahmefällen. Ähnlich wie in Frightmare oder bedingt  The Comeback (UK 1978 dt.: Zeuge des Wahnsinns) ließ Walker schon hier am Ende seinem Pessimismus freien Lauf und schließt mit einer Schlussszene, welche man in diesem Genre so noch nicht gesehen hat.
Moon mag kein vollkommen gelungener Film sein (man kann sich fragen, ob der Walker je gelang), bietet aber trotzdem genug interessante Einfälle und Details, um von einem geneigten Publikum wiederentdeckt zu werden.
Die bei BFI Flipside erschienene Blu Ray in der sogenannten Dual Format Edition bietet nicht nur einen HD-Transfer vom originalen Negativ mit formidablem Bild, sondern reicht zusätzlich auch noch Walkers Regiedebüt und Sexploitationwerk The Big Switch (UK 1968 dt.: Die Sexparty) in zwei verschiedenen Schnittfassungen bei.

Fazit: Ein britischer Thriller mit ordentlichem Zeitkolorit. Das interessante Frühwerk eines hierzulande stets übersehenen Handwerkers mit eigener Handschrift.

Punktewertung: 6,25 von 10 Punkten