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Sonntag, 29. Juni 2014

Eddie lässt die Bombe platzen

SOS Pacific (Dicke Luft und heiße Liebe / Eddie schafft alle)
GB 1959
R.: Guy Green


Worum geht's?: Auf einem kleinen Pazifikeiland wird der raubeinige aber sympathische Schmuggler Mark (Eddie Constantine) vom Cop Petersen (Clifford Evans) wegen eines Schusswechsels mit der Hafenpolizei auf seinem Boot verhaftet.
In Handschellen an Petersen gefesselt boarden sie ein Wasserflugzeug, damit Mark auf dem Festland der Prozess gemacht werden kann.
Mit an Bord sind die schöne Stewardess Teresa (Pier Angeli), der deutsche Physiker Krauss (Gunnar Möller), die kesse Animierdame Maria (Eva Bartok) und die konservative, alte Jungfer Miss Shaw (Jean Anderson). Geflogen wird die Propellermaschine von dem trinkenden Piloten Bennett (John Gregson), der sich in ständigem Streit mit seinem Funker Willy (Cec Lindner) befindet und wie dieser offenbar seit geraumer Zeit ein Auge auf die schöne Saftschubse geworfen hat.
Vor Mark und seinem unter Flugkrankheit leidenden Wachhund Petersen hat zudem dessen Informant Whitey (Richard Attenborough) platz genommen; eine schmierige Type, die auf dem Festland als Zeuge gegen Mark zum Preis von 500 Silberlingen vor Gericht aussagen soll.
Kaum in der Luft fällt das Funkgerät der alten Mühle aus, Sturmwolken ziehen am Horizont auf und ein schmorendes Kabel setzt den Sicherungskasten der Pilotenkanzel in Brand.
Mutig stürmt Mark ins Cockpit, doch führt ein falsch gefüllter Feuerlöscher zum tragischen, vorzeitigen Ende des Funkers und auch mit vereinten Kräften kann der Flieger nicht mehr lange in der Luft gehalten werden.
Da taucht im letzten Moment eine Insel vor der im Sinkflug befindlichen Maschine auf, doch müssen die Überlebenden des Absturzes zu ihrer Bestürzung schnell feststellen, dass sie lediglich von einer misslichen Situation direkt in die nächste gefallen sind und es natürlich Mark obliegt, den Tag zu retten.



Wie fand ich's?: Es gibt Schauspieler, die ihre ganze Karriere über nur einen Charakter spielen. Schauspieler, die so tief in der redensartlichen Schublade stecken, dass Flucht praktisch unmöglich ist.
1953 erschien mit La môme vert de gris (F 1953 R.: Bernard Borderie dt.: Im Banne des blonden Satans) der erste Film, in dem Eddie Constantine den toughen FBI-Mann Lemmy Caution verkörperte; noch im selben Jahr sollte auf Grund des großen Erfolgs mit Cet homme est dangereux (F 1953 R.: Jean Sacha dt.: Dieser Mann ist gefährlich) eine Fortsetzung folgen. Eine Dekade später erschien À toi de faire... mignonne (F/I 1963 R.: Bernard Borderie dt.: Zum Nachtisch: Blaue Bohnen), der Film, der die auf den Kriminalromanen des Briten Peter Cheney basierende Serie, nach insgesamt sechs vorangehenden Teilen abschließen sollte, da am Horizont bereits in der Figur des James Bond ein übermächtiger Gegner an den Kinokassen erschienen war.
Doch bereits zwei Jahre später holte Jean-Luc Godard, das Enfant terrible der Nouvelle Vague, die Figur des Lemmy Caution für seine lakonische Sci-Fi-Satire Alphaville, une étrange aventure de Lemmy Caution (F/I 1965 dt.: Lemmy Caution gegen Alpha 60) zurück. Abgeklärt, depressiv und gelangweilt stapft Lemmy Caution durch diesen Abgesang auf seine Person, doch ließ sich Constantine auch noch in folgenden Jahrzehnten überreden, in Filmen wie Udo Lindenbergs chaotischer Komödie Panische Zeiten (BRD 1980 R.: Lindenberg/Peter Fratzscher) die Figur in einer Gastrolle erneut auferstehen zu lassen.
Doch kommen wir nun endlich zu SOS Pacific, welcher auf dem Höhepunkt der Popularität Constantines bzw. Lemmy Cautions gedreht wurde, und dies nicht von einem Franzosen, sondern vom Briten Guy Green (*1913; †2005), der sich vor seiner Karriere als Regisseur als Kameramann betätigt hatte und dies immerhin für Größen wie David Lean und Carol Reed. 1948 gewann er sogar einen Oscar für seine Kameraführung bei Leans Dickensverfilmung Great Expectations (GB 1946 dt.: Geheimnisvolle Erbschaft).
Sein handwerkliches Können zeigt sich auch bei SOS Pacific, der für einen reinen Abenteuerfilm dieser Ära äußerst solide inszeniert wurde und sich an jeder Stelle sehen lassen kann.
Noch interessanter als die Darstellung sind aber vermutlich die Darsteller. Da haben wir neben dem bereits genug in den Vordergrund gerückten Eddie Constantine auf dem Zenit seiner Laufbahn, einen jungen Richard Attenborough (*1923) mitten in seinen Dreißigern. Attenborough (mittlerweile nach mehrfacher Adelung in den Rang eines britischen Lords erhoben) sollte im selben Jahr auch für Green im Kriegsfilm Sea of Sand (GB 1958 dt.: Die schwarzen Teufel von El Alamein) vor der Kamera stehen und hatte sich im Filmgeschäft bereits seit Jahren einen Ruf und Namen gemacht.
Daneben kann man die viel zu früh verstorbene Pier Angeli in der Rolle der süßen Stewardess Teresa bewundern (Angeli starb bereits 1971 im Alter von 39 Jahren an einer Überdosis Schlafmittel) und Eva Bartok als kesse Hure mit Herz bestaunen. Bartok (*1927; †1998) war von 1955 bis 1956 in bereits vierter Ehe mit dem normannischen Kleiderschrank Curd Jürgens verheiratet und lebte bereits Anfang der 50er Jahre ein skandalumwittertes Jetsetleben. Ihr letzter großer Erfolg war 1964 Mario Bavas stilbildender Giallo Sei donne per l'assassino (I/F/MCO 1964 dt.: Blutige Seide), bevor sie sich Mitte der 60er in einen frühen Ruhestand begab und in den nachfolgenden Jahrzehnten immer mehr in Vergessenheit geriet.
Doch die aufsehenerregende Besetzung wäre nichts, würde die vor Klischeefiguren (das sympathische Raubein, der reumütige, trinkende Pilot, die Hure mit einem Herz aus Gold, der feige Denunziant, der nützliche, deutsche Eierkopf...) nur so strotzende Geschichte von Green nicht so rasant und atemlos erzählt werden, sodass Hänger oder Längen gar nicht erst entstehen können.
SOS Pacific ist also Abenteuerkino, wie man es sich immer wieder ansehen kann - praktisch ein fast zeitlos schöner Trivialfilm für die Ewigkeit.
Die deutsche DVD vom Label Filmjuwelen kommt leider (wie bei diesem Label üblich) ohne die Originaltonspur daher, bietet aber ein ansehnliches Bild und die gelungene, deutsche Synchro. Die britische DVD ist im Netz tatsächlich noch preiswerter zu bekommen, bietet allerdings keine Extras.



Fazit: Eddie langt zu unser aller Unterhaltung vor schönen Kulissen mal wieder so richtig zu. So sah feine Action in den Fünfzigern aus.



Punktewertung: 7,75 von 10 Punkten