Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Dienstag, 25. Juni 2019

Blutbrüder in Preiselbeersauce

Blood Rage
USA 1987
R.: John Grissmer


Worum geht's?: Als Kind hat Terry (Keith Hall) in einem Autokino einen Besucher während des Liebesakts mit dem Beil massakriert, und sofort danach seinem traumatisierten Bruder Todd (der Bruder des Erstgenannten: Russell Hall) die grausige Tat in die Schuhe geschoben.
Zehn Jahre später, flüchtet der unschuldige Todd (nun: Mark Soper in einer Doppelrolle) aus der Anstalt, in der er ein Jahrzehnt verbracht hat, um, wie Michael Myers, verfolgt von der ihn in der Psychiatrie behandelnden Person (Marianne Kanter - Produzentin des Films), nach Hause zurückzukehren, wo sein Bruder bislang ein ruhiges, normales Leben bei seiner Mutter (Louise Lasser) verbracht hat.
Als diese jedoch bei einer Festlichkeit das Vorhaben äußert, ihre neue Liebe zu ehelichen, erwacht im bösen Zwilling gleichzeitig wieder der Drang zu morden.
So trifft Todd genau zu dem Zeitpunkt daheim ein, als die ersten Leichen bereits zerteilt die pittoreske Gegend verschandeln, und die sympathische Karen (Julie Gordon) mit perfektem Timing gedenkt, ihrem geheimen Schwarm Terry endlich ihre Liebe gestehen zu wohlen; natürlich nicht ahnend, dass dieser mehr Interesse an seiner bluttriefenden Machete, als an ihr hat.

***

Wie fand ich's?: Als man Blood Rage 1987 veröffentlichte, hatte das Slashergenre bereits seinen Zenit seit etwa drei Jahren überschritten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Film allerdings bereits vier Jahre im Regal gelegen, und erst jetzt gedachte man, mit dem Streifen noch eine schnelle Mark machen zu wollen.
Es muss also den Produzenten des Films durchaus klar gewesen sein, dass man es hier mit einem leicht devianten Vertreter seiner Art zu tun hat.
Blood Rage ist nämlich ein sich scheinbar vollkommen seines Genres und seiner Schublade bewusster Film, der absolut weiß, was sein junges Publikum fordert: blutige Gewalt und schwüle Sexualität. Auf beides greift Regisseur Grissmer in aller Regelmäßigkeit im Minutentakt zurück, sprenkelt eine ordentlich Portion Alkohol darüber - die Rotweingläser sind hier gern bis zum Rand gefüllt - und wirft noch nebenher Videogames, Swimmingpools und Babysitting mit in den Topf - eben alles, was die Boys und Girls so umtreibt.
Dazu drehte man die Gore-Regler auch noch kurz auf zwölf (zumindest in den späteren Uncutfassungen, die ersten Veröffentlichungen waren noch stark zensiert), liefert dem Publikum in der Mitte durchtrennte Köpfe und Leiber und jede Menge Kunstblut, welches nun wirklich keine Preiselbeersauce ist, wie es der Hauptdarsteller auch mehrfach während des Films wiederholt.
Hier zeigt sich auch schon der höchst sonderbare Hang zu einem bizarren, obskuren Humor, bei dem nie sicher ist, ob er es nun freiwillig oder tatsächlich unfreiwillig ins Drehbuch geschafft hat. In einer besonders bemerkenswerten Szene, fordert Mutti ihren noch unverdächtigten Killersohn so zum Beispiel auf, dort draußen nicht nur vorsichtig zu sein, sondern sich auch wegen der Kälte einen Pulli anzuziehen, am besten den blauen!
Persönlich tendiere ich dazu, dass man hier sehr wohl wusste, was man tat, und der Streifen von einem wunderbar unterschwelligen Tongue-in-cheek-Witz durchdrungen ist, der zeigt, dass man das Genre bereits nicht mehr ernst nehmen wollte und konnte. Es kommt also bereits ein Gefühl einer latenten Parodie auf, was sich auch im Overacting einer so erfahrenen Schauspielerin wie Louise Lasser zeigt.
Natürlich hatte es auf diesem Gebiet bereits 1981 und 1982 erste eindeutige Versuche mit Student Bodies (USA 1981 R.: M. Rose / M. Ritchie dt.: Was macht der Tote auf der Wäscheleine?) und Wacko (USA 1982 R.: Greydon Clark) gegeben, welche jedoch ihre Hauptbetonung auf wenig feinsinnigen Brechstangenhumor setzten und qualitativ eher im unteren Bereich der Liga anzusiedeln sind (es sei hier noch angemerkt, dass der 1981 ebenfalls erschienene Saturday the 14th [USA 1981 R.: Howard R. Cohen dt.: Samstag, der 14.] zwar vom Titel her eine Slasherparodie vorgaukelt, es sich hier allerdings um ein Haunted-House-Movie mit Vampirfilmmotiven handelt).
So nimmt Blood Rage eine kleine Sonderstellung innerhalb seiner Gattung ein und sollte einem größeren Publikum bekannt gemacht werden - denn der Slasher ist ebenso wenig tot zu bekommen wie seine ewig populären Antagonisten Jason, Michael, Chucky und Freddy - um nur die Größten von ihnen zu nennen ...

***

Fazit: Sicher kein echter Klassiker seines Genres, aber durchaus eine kleine Perle in einem Meer an Mittelmäßigkeiten. Wer sein Adoleszentengemetzel nicht nur ernst und humorlos mag, findet hier eine süffisante Alternative.

Punktewertung: 7/10 Punkten