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Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 17. August 2012

Operation "Schnell Absahnen"

Operation "Kleiner Bruder" (OK Connery)
I 1967
R.: Alberto de Martino

Worum geht's?: Die internationale Verbrecherorganisation THANATOS unter der Leitung des teuflischen "Alpha" (Anthony Dawson) greift nach der Weltherrschaft.
Sie haben eine Maschine entwickelt, die durch einen elektromagnetischen Impuls alle Technik sofort lahmlegt.
Ein weiteres Detail dieser Operation bedarf der Herstellung von Teppichen aus radioaktiven Material, die der mondäne Bösewicht Mr. Thai (Adolfo Celi), oder einfach "Beta", von einer Horde Blinder in Marokko fertigen lässt.
Da der Top-Spion Ihrer Majestät mit der Doppelnull im Moment nicht zur Verfügung steht und soeben ein Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes bei einem von "Beta" herbeigeführten Flugzeugunglück ums Leben gekommen ist, ergreifen Commander Cunningham (Bernard Lee) und seine Assistentin Miss Maxwell (Lois Maxwell) eine ungewöhnliche Maßnahme: sie engagieren einfach den Zwillingsbruder ihres besten Mannes - Dr. Neil Connery (Neil Connery)!
Dieser ist Chirurg, Hypnotiseur, Karatekämpfer, geübter Lippenleser und Hobby-Bogenschütze und damit ja wohl mehr als offensichtlich geeignet für den Job.
Der Kampf gegen THANATOS führt den guten Doktor von Monaco nach Malaga, von dort nach Marokko und zum Finale direkt ins schöne Bayern.
Doch die Verbrecherorganisation hat noch ein As im Ärmel: die schöne Maya (Daniela Bianchi). Und ein Connery kann einfach einer schönen Frau nicht widerstehen...

Wie fand ich's?: Neil Connery spielt Neil Connery, den Bruder des besten Agenten seiner Zeit, dessen Name offensichtlich Sean Connery lautet und nicht, wie manche angenommen haben, James Bond...
Man umgeht die Nennung des urheberrechtlich geschützten Namens äußerst geflissentlich, was nicht heißt, dass man ansonsten nicht alle Möglichkeiten ausnutzt, um dem Zuschauer klar zu machen, worum es sich hier handelt.
Dazu verpflichtet man neben Connerys kleinem Bruder eben erst mal so viele Darsteller aus Bond-Filmen, wie man bekommen kann.
Man kann wohl mit Recht davon ausgehen, dass die Gagen von Bernard Lee (der in der offiziellen Reihe elfmal Bonds Chef "M" spielte) und Lois Maxwell (Miss Moneypenny in nicht weniger als vierzehn Bond-Filmen) genug der Verlockung waren, um beide für dieses Projekt zu gewinnen; zumal Sean Connery wenig angetan davon gewesen sein soll, die beiden beim "Mitausbeuten" seines Bruders zu sehen.
Weiterhin konnte man Daniela Bianchi (Tatiana Romanova aus From Russia with Love [UK 1963 R.: Terence Young dt.: Liebesgrüße aus Moskau]) und Adolfo Celi gewinnen, wobei Letzterer in Thunderball (UK 1965 dt.: Terence Young dt.: Feuerball) einen eher blassen Bond-Bösewicht gab und dem es in OK Connery tatsächlich gelingt, seine ursprüngliche Performance durch verstärktes Overacting noch zu verbessern und neben der Präsenz eines Anthony Dawson, der auch schon im Ur-Bond Dr. No (UK 1962 R.: Terence Young) und dessen Nachfolger From Russia with Love dabei war, behaupten kann.
Auch Lois Maxwell sieht man teilweise eine gewisse Spielfreude an, darf sie doch hier ordentlich Sperrfeuer aus einer Maschinenpistole geben, während Soldaten mit Flammenwerfern um sie herum fröhlich Palmen abfackeln.
Der Score an dem Ennio Morricone mit seinem Kollegen und Stammdirigigenten Bruno Nicolai zusammenarbeitete, erinnert zeitweise so stark an John Barrys Kompositionen, dass der Geruch des Plagiats auch auf musikalischer Ebene geradezu schwer durch den Film weht.
Auch Regisseur Alberto de Martino (s. a. http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/06/kein-schwein-ruft-mich.html) gelingt es überraschend gut den Stil eines Terence Young nachzuempfinden und das ihm anvertraute Budget sinnvoll einzusetzen. Die Sets wirken nur wenig preiswerter als bei einer regulären Bondproduktion dieser Zeit und die Locations in Monaco, Spanien und Nordafrika sind gut ausgewählt worden.
Was hingegen dem Film nicht nur bei der seriösen Filmkritik den Gnadenschuss gibt, ist das unglaublich dahingeschusterte Drehbuch, welches zwar fast alle Bond-Klischees schön abklappert, aber diese fast stetig zu toppen versucht, dabei selbst die ungezügelte Erfindungskunst der Autoren der Originalreihe in den Schatten stellt und damit in ihrer Wirkung schon eher mit der im gleichen Jahr entstandenen, ebenfalls inhaltlich viel zu überfrachteter Bond-Parodie Casino Royale (UK/USA 1967 R.: Val Guest u.a.) zu vergleichen ist.
Eine Idee wie die der radioaktiven Bettvorleger, würde halt in jedem Film etwas strange wirken...
Neil Connery hingegen macht seine Sache besser als erwartet - soll heißen: er stört nicht. Als direkt von der Straße weg unter Vertrag genommener Ex-Stuckateur ohne jegliche Schauspielerfahrung (vielleicht war er allerdings ja der zweite Baum von rechts in der Weihnachtsaufführung seines Kindergartens in Edinburgh...), konnte man auch nicht allzu viel von dem Guten verlangen; mit seinem Bart und seinen hypnotischen Kräften erinnerte er mich aber stark an einen jungen Vincent Price...

Fazit: Für echte Bond-Fans unentbehrlich - allen anderen Freunden italienischer (Trash-)Feinkost sei an dieser Stelle aber auch eine klare Sehempfehlung gegeben.

Punktewertung: 6,75 von 10 Punkten