Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Sonntag, 30. September 2012

Fenster zum Schweinestall

The Glass Ceiling (El techo de cristal)
E 1971
R.: Eloy de la Iglesia

Worum geht's?: Da sich ihr Mann auf Geschäftsreise befindet, hat Marta (Carmen Sevilla) des Abends nichts Besseres zu tun, als mit ihrem Kater Pedro im Bett zu liegen und den Schritten aus der Wohnung ihrer Nachbarin Julia (Patty Shepard) zu lauschen.
Diese stammen, der Schwere nach zu urteilen, von einem Mann, und als Marta Julia fragt, ob es ihrem Gatten Victor gut ginge, entgegnet Julia, dass Victor sich ebenfalls auf Geschäftsreise befinde.
Doch auch am nächsten Abend vernimmt Marta wieder Schritte aus dem Appartment über ihr und erfährt, dass Victor sich nicht mit dem Bus den Ort verlassen haben kann, da dieser an jenem Tag gar nicht fuhr.
Dann nimmt Martas Vermieter, der ungemein männliche Skulpteur Ricardo (Dean Selmier) in seinem Hinterhofatelier den Geruch von Verwesung aus einem Reisighaufen war.
Tatsächlich erkennt Marta in dem zum Befeuern des Brennofens genutztem Holz einen einzelnen Männerschuh, und als dann noch Ricardos Hunde das Essen verweigern und friedlich im Zwinger neben dem Schweinestall herumsitzen, verdichtet sich ein Verdacht für Marta zur Gewissheit.
Hat Julia tatsächlich ihren Mann umgebracht?
Warum gibt sie vor, dass ihr Kühlschrank nicht mehr funktioniere und sie deshalb ihr Fleisch in Martas deponieren müsse?
All diese Fragen werden vom ständigen Klicken eines Kameraverschlusses begleitet. Denn jemand macht heimlich Aufnahmen von den attraktiven Damen...

Wie fand ich's?: Die Fußschritte von der Zimmerdecke aus The Lodger: A Story of the London Fog (GB 1927 dt.: Der Mieter), der Verdacht und die Kamera aus Rear Window (USA 1954 dt.: Das Fenster zum Hof), ein Glas Saft wird inszeniert wie das berühmte Glas Milch in Suspicion (USA 1941 dt.: Verdacht) -  ja, hier hat jemand seine Hitchcockklassiker gut studiert!
Laaaangsam, gaaanz laaangsam entwickelt sich die Geschichte in El techo de cristal, was sicher ganz im Sinne des Altmeisters Sir Alfred war, um sich dann in einem fulminanten Finale mit Knalleffekt plötzlich aufzulösen.
Das Budget war sicherlich äußerst gering, doch macht Regisseur de Inglesia das Beste aus seinen begrenzten finanziellen Mitteln. So sehen die Wohnungen der Protagonisten zwar nach sozialem Wohnungsbau aus und Schweinestall und Hundezwinger im dreckigen Hinterhof geben dem Film ebenfalls kein Hochglanzambiente, aber gerade das macht die Handlung umso authentischer.
Gerade hier zeigt sich mal wieder, dass man auch mit einem äußerst geringen finanziellen Einsatz einen tollen Genrefilm zaubern kann, dies aber (besonders in Hinsicht auf einheimische TV-Produktionen) fast niemand mehr versteht.
In Zeiten von CGI und digitaler Videoästhetik ist dies hier noch herrlich Old School und daher umso reizvoller!

Fazit: Spanischer Giallo mit Charme und Flair - Spannung in Zeitlupe, dann aber richtig!

Punktewertung: 8,25 von 10 Punkten