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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Samstag, 22. September 2012

Rote Lippen soll man küssen...

Rote Lippen, Sadisterotica (El Caso de Las Dos Bellezas)
BRD/E 1969
R.: Jess Franco (eigentl.: Jesús Franco Manera)


Worum geht's?: Diana (Janine Reynaud) und Regina (Rosanna Yani) sind die berüchtigten "Roten Lippen" ein Zwei-Mann (oder besser Zwei-Frau...) Detektivbüro, welches international agiert und den zwei jungen Dingern erlaubt, ihre unbändige Lebenslust leicht bekleidet mitunter in den feinsten Hotels auszuleben.
Ihr neuster Auftrag: sie sollen für den galanten Mr. Radek (Adrian Hoven - der Produzent in persona) dessen verschwundene Geliebte, das Model Lida (Maria Antonia Redondo), aufspüren.
Doch die junge Frau ist nur eine unter vielen, die in letzter Zeit verschwunden sind und die einzige Spur führt zum Künstler Klaus Tiller, dessen Bilder und Skulpturen die toten Mädchen in Qual und Todespein darstellen.
Als Diana und Regina Tiller folgen, geraten sie schnell in Gefahr, denn des Künstlers ebenso behaarter wie wahnsinniger Gehilfe Morpho (Michel Lemoine) macht wie sein Meister vor nichts halt.
Nur gut, dass Interpols bester Mann, Francis McClune (ausgerechnet: Chris Howland), ein Auge auf die beiden geworfen hat...


Wie fand ich's?: Dies ist der Mittelteil der sogenannten Aquila-Trilogie, benannt nach der Produktionsfirma des Produzenten Adrian Hoven, der dem Usain Bolt des Eurotrash (keiner drehte so viel, so schnell...), Jess Franco, einige Peseten in die Hand drückte, um sein Werk gleich dreimal in Folge zu verrichten.
Dass ausgerechnet Hoven, der zur Zeit der 50er noch so etwas wie der Rudolfo Valentino des Heimatfilms war, sich ab Ende der 60er auf die Produktion harscher Bahnhofskinostreifen (z. B. Michael Armstrongs Hexen bis aufs Blut gequält von 1970) verlegte, konnte wohl zuvor keiner ahnen, der den schönen Adrian noch aus Filmen wie Ich hab' mein Herz in Heidelberg verloren (BRD 1952 R.: Ernst Neubach) kannte. 
Entlockte der, ebenfalls mit Janine Reynaud in der Hauptrolle besetzte, surreale S/M-Trip Necronomicon - Geträumte Sünden (BRD 1968) selbst Fritz Lang noch lobende Worte, so gerieten die nachfolgenden beiden schlüpfrig angehauchten Krimikomödien Rote Lippen, Sadisterotica und Bésame Monstruo (BRD/E 1969 dt.: Küss mich, Monster) doch noch weit mehr in die Richtung der klassischen Euro-Exploitation.
Etwas nackte Haut trifft auf Sonne, Sand und Frauenmord; gespickt wird dies mit frivolen Witzchen und trotteligem Humor (hier kommt Chris Howland ins Spiel...) - zack - fertig ist der freche Kinoerfolg der Saison.
Ausgerichtet auf möglichst hohen Einsatz an den Kinokassen, sollten diese beiden Filme vor allem ein kurzweiliger Spaß sein - Trivialfilm in seiner Essenz, wenn man so will - und tatsächlich ist der durchaus vorhandene Unterhaltungswert noch fast das Einzige, was die beiden Filme heute sehenswert erscheinen lässt. Wenn man von Rossana Yanis kaum verhülltem Körper mal absieht...
Logik, Suspense oder auch nur so etwas wie eine gut durchdachte Story darf man von Franco mal wieder kaum erwarten; vielmehr erfreut sich der Trashfreund am grellen Swinging-Sixties-Ambiente oder dem nach Minimaljazz klingendem Easy-Listening-Score.
Sicher, man hat vom guten Jess schon des Öfteren weit Unansehnlicheres delektiert und als schwüler Zeitvertreib taugt dieser Streifen alle mal.
Das Sequel Bésame Monstruo setzt, nebenbeibemerkt, dem knuffigen Wahnsinn noch die Krone auf und kommt mit Lendenschurz tragenden Übermenschen und geheimnisvollen Windmühlen daher!
Na dann: Prost!


Fazit: Grell, bunt, sleazy und aufgekratzt wie Micky Krause auf Speed! Der Vergleich gilt allerdings leider auch für die Substanz und das Niveau des Filmes...

Punktewertung: 5,25 von 10 Punkten