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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Sonntag, 18. November 2012

Freundschaft mit dem Tod

Macario
MEX 1960
R.: Roberto Gavaldón


Worum geht's?: Der arme mexikanische Holzfäller Macario (Ignazio López Tarso) kann mit Müh und Not seine Familie ernähren und hungert sich von Tag zu Tag.
Eines Tages schwört er erzürnt über seine Armut und den Reichtum Anderer, solange nichts mehr zu essen, bis er einen ganzen, gebratenen Truthahn für sich allein hätte.
Seine ihn liebende Frau (Pina Pellicer) erfüllt ihm schließlich den Wunsch und stielt ein Tier bei ihren reichen Arbeitgebern.
Erfreut stürmt Macario mit dem Festschmaus in den Wald, wo er sonst seinem beschwerlichen Tagwerk nachgeht.
Hier trifft er zunächst auf den Teufel persönlich (José Gálvez), dann auf den lieben Gott (José Luis Jiménez), welche beide ein Stück Truthahn von ihm fordern, wobei der Teufel Macario sogar seine Silbersporen und Goldknöpfe im Tausch anbietet.
Doch der Holzfäller bleibt hart, erst die magere, traurige Gestalt des Tods (Enrique Lucero) bewegt ihn dazu, doch noch sein Mahl zu teilen.
Zum Dank lässt der Tod Macario seine Flasche mit einer wundertätigen Flüssigkeit füllen, mit der er von nun an jeden Totkranken auf dem Sterbebett heilen kann - solange der Knochenmann am Fußende steht und nicht am Kopfende, denn dann ist der Sterbende unausweichlich zum Tode bestimmt.
Als Macario daraufhin tatsächlich seinen eigenen, in einen Brunnen gefallenen, Sohn vor dem schnellen Ableben rettet, verbreitet sich die Kunde vom wundertätigen Hexendoktor schlagartig im nahen Städtchen und der ehemalige Holzfäller wird schnell zum reichen Mann.
Doch Erfolg zieht Neider an, und die schrecken auch nicht davor zurück, die Heilige Inquisition auf den Plan zu rufen...


Wie fand ich's?: Roberto Galvadóns Adaption von B. Travens preisgekrönter Novelle The Healer, war der erste mexikanische Film, der für den Oscar nominiert wurde.
Traven, dessen wahre Identität der Literaturwissenschaft seit langer Zeit Rätsel aufgibt, bediente sich großzügig beim Grundgerüst des bekannten Märchens Der Gevatter Tod der Gebrüder Grimm, reicherte jedoch das Märchen um den für ihn üblichen sozialkritischen Subtext an, und schuf so ein flammendes Plädoyer für die verarmten, mexikanischen Bauern und Tagelöhner, die der nach Mexiko ausgewanderte Traven selbst kennenlernte.
So beginnt auch Galvadóns Verfilmung des Stoffes wie ein Sozial- und Milieudrama, bevor sie nach etwa 25 Minuten urplötzlich eine unerwartete Wendung ins Reich der Phantasie nimmt und von da an tatsächlich stark an ein deutsches Volksmärchen vor lateinamerikanischer Kulisse erinnert.
Ignacio López Tarso, der für Macario den Golden Gate Award des San Francisco International Film Festival als bester Schauspieler 1960 gewann, wandelt mit scheinbarer Leichtigkeit durch den Film und wirkt selbst ständig erstaunt über die Ereignisse, welche ab einem bestimmten Zeitpunkt unumgänglich ihren Lauf nehmen.
Gegenüber Travens Novelle veränderte Galvadón das Ende vom Happy End zur bösen Lektion über das menschliche Schicksal und gewinnt dadurch noch zusätzlich an erwachsenem Subtext.
Für Pina Pellicer, die hier als sorgenvolle Ehefrau des Titelhelden brillierte, nahm das Leben ebenfalls ein trauriges Ende. Sie nahm sich aufgrund von Depressionen im Alter von nur 30 Jahren das Leben.


Fazit: Einer der besten mexikanischen Filme bis dato... Wundervolles, warmherziges Kino mit Anspruch und Botschaft!

Punktewertung: 9 von 10 Punkten