Raising Cain - Re-cut bzw. Director's Cut (Mein Bruder Kain)
USA 1992
R.: Brian De Palma
In aller Kürze: Im Gesamtwerk des Brian De Palma nimmt Raising Cain so etwas wie eine Sonderstellung ein. Die meisten (Fans) hassen den Film, und sehen in ihm einen vergeblichen Versuch, an frühere Großtaten wie Sisters, Dressed to Kill oder Blow Out anzuknüpfen, welche De Palma zuvor den Ruf einbrachten, ein entweder großartiger oder aber eben vergessenswerter Hitchcock-Epigone zu sein, welcher das Thriller-Lebenswerk des großen (dicken) Briten zerrupft und daraus eigene Werke strickt.
Bei Ansicht der nun endlich auch hierzulande auf der (Achtung: Werbung!), wieder einmal nur als famos zu bezeichnenden, Mediabook-Veröffentlichung aus dem Hause Turbine erschienenen Re-Cut-Fassung von Raising Cain musste ich feststellen, dass ein mir tatsächlich seit Jahrzehnten bekannter Film nun eine vollkommen neue Ebene dazugewonnen hat, welche ihn vielleicht nun auch früheren Verschmähern des Stoffes bekömmlich machen könnte.
Angefertigt von einem niederländischen De-Palma-Enthusiasten namens Peet Gelderblom und mittlerweile sogar von De Palma offiziell als Director's Cut bezeichnet, setzt diese Schnittfassung mehrere Szenen zu Beginn des Filmes in eine neue, nicht mehr chronologische Reihenfolge und wirkt so verstörender und fordernder auf den Zuschauer, welcher nun zusätzlich erkennen muss, wann es sich bei dem Gesehenen um Rückblicke, Träume oder gar Halluzinationen handelt.
Konnte man in Raising Cain ohnehin schon immer eine ganze Reihe an Eigenzitaten erkennen - der geistig derangierte Zwilling (Sisters), der als Frau verkleidete Mann im Aufzug (Dressed to Kill) etc. - so erinnert der Beginn des Films nun stark in seiner Struktur ebenfalls an Dressed to Kill, beginnt nun auch Raising Cain mit einer zur Untreue in Versuchung geführten Ehefrau, welche abenteuerliche Mittel und Wege findet, ihre romantische Affäre vor ihrem spießigen geheimzuhalten.
Damit bekommt die plötzlich (man könnte böse sagen: im Schlafe) einsetzende Thrillerhandlung einen neuen Überraschungsmoment - eben, wie auch schon zuvor Angie Dickinson und ihr Publikum in Dressed to Kill eiskalt überrascht wurden.
Ich gebe also hiermit eine akute Sehempfehlung an alle jene Leser, die bislang Cain als minderwertigen Output des einzig wahren Meisters des US-Giallos angesehen haben, und bitte um eine längst überfällige Neubewertung des aus dem Pantheon verstoßenen Sohnes.
*: In dieser neu geschaffenen Rubrik, werde ich in Zukunft kurze Notizen zu Filmen posten, welche ich auch außerhalb meines Letterboxd-Diarys einer breiteren Leserschaft zugänglich machen möchte.